Einspruch

Hass auf Juden ist keine Meinung

Philipp Peyman Engel Foto: Chris Hartung

Einspruch

Hass auf Juden ist keine Meinung

Philipp Peyman Engel ärgert sich über eine Entscheidung des Deutschen Presserates

von Philipp Peyman Engel  19.06.2018 00:05 Uhr

Hand aufs Herz: Journalisten sind zuweilen etwas anstrengende Menschen. Bei Verfehlungen anderer teilt unser Berufsstand gerne und großzügig aus. Bei eigenen Fehlern indes werden wir nicht selten dünnhäutig, rechthaberisch oder gar pampig. Selbstkritik und die Bereitschaft zur Entschuldigung gehören nicht gerade zu unseren Stärken.

Umso bemerkenswerter war es, als die »Süddeutsche Zeitung« (SZ) kürzlich bekannte, eine eindeutig antisemitische Karikatur veröffentlicht zu haben: Die Darstellung des israelischen Premiers Benjamin Netanjahu stecke voller antisemitischer Stereotype, räumte SZ-Chefredakteur Kurt Kister ein. Der zweite SZ-Chefredakteur, Wolfgang Krach, bat ebenfalls um Entschuldigung. Die Karikatur könne auch judenfeindlich aufgefasst werden, so Krach.

Riesennase So weit, so gut. Doch in der vergangenen Woche befasste sich der Deutsche Presserat mit der einhellig als antisemitisch kritisierten Karikatur. »Die Grenze zur Diskriminierung von Juden nach Ziffer 12 Pressekodex ist nicht überschritten«, teilte das Gremium der freiwilligen Selbstkontrolle der Presse mit.

Die Gesichtszüge Netanjahus mögen zwar überzeichnet sein, im Rahmen der Meinungsfreiheit sei dies aber zulässig. Im Übrigen sei die Einschätzung mehrheitlich gefällt worden. Auf die Frage, ob es auch jüdische Mitglieder gegeben habe, kam aus dem Presserat als Antwort nur ein verlegenes Hüsteln.

Nein, man muss nicht Jude sein, um Antisemitismus als solchen zu erkennen. Es schadet aber auch nicht, direkt Betroffene nach ihrer Sicht zu fragen. Denn jeder Jude in Deutschland hätte dem Presserat erklären können, warum die Zeichnung genau so auch im NS-Hetzblatt »Der Stürmer« hätte erscheinen können – angefangen von den übergroßen Ohren, den wulstigen Lippen, der grotesken Riesennase bis hin zur Darstellung Netanjahus als kriegslüsternen Staatschef mit Magen-David-Rakete in der Hand.

Meinungsfreiheit Antisemitismus beginnt eben nicht erst, wenn sechs Millionen Juden umgebracht werden, auch wenn sich eine solche Sichtweise immer mehr durchzusetzen scheint. Vergangene Woche entschied die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, dass Textzeilen wie »Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen« und »Mache Asche wie’n KZ-Ofen« des Rappers Kollegah von der Kunst- und Meinungsfreiheit gedeckt sind. Meinungsfreiheit für Judenhass – will unsere Gesellschaft das wirklich?

Zur Erinnerung: In Ziffer 12 des Pressekodex heißt es, »dass niemand wegen seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden darf«. Die SZ hat sich nach zuletzt drei (!) antisemitischen Karikaturen glaubhaft entschuldigt. Es zeigt: Auch Journalisten können aus Fehlern lernen.

Magdeburg

Jüdische Gemeinden kritisieren Kunsthochschule Halle

Das Relief eines Schweinekopfs neben einer Palästina-Flagge auf dem Campus der Hochschule habe tiefes Entsetzen, Besorgnis und Angst in der jüdischen Gemeinschaft ausgelöst

 21.07.2025

Rechtsextremismus

So denken die Deutschen über die AfD

Eine neue Umfrage liefert die Antwort

 21.07.2025

Buchenwald

KZ-Gedenkstätte muss Ausstellungen schließen

Für mindestens zwölf Monate können Besucher ab dem kommenden Jahr den zentralen Ausstellungsbereich nicht besuchen. Die Hintergründe

 21.07.2025

Cuxhaven

Wegner: Macklemore hat Deichbrand-Festival geschadet

Im Prinzip habe Macklemore die Politik der Hamas gerechtfertigt und relativiert, so der niedersächsische Antisemitismus-Beauftragte

von Michael Grau  21.07.2025

Bonn

Wolfram Weimer fordert Aufklärung von Deutscher Welle

Redaktionsintern gibt es massive Kritik daran, dass der Auslandssender einseitig über Israel berichten würde. Jetzt äußert sich der Kulturstaatsminister

 21.07.2025

Berlin

Antisemitismus: Situation ist eine anhaltend hohe Belastung für Juden

Jüdinnen und Juden erleben in Deutschland täglich Diskriminierung und Anfeindungen. Das war schon vor dem 7. Oktober 2023 so, aber der Terrorakt der Hamas auf Israel hat die Angriffe massiv verstärkt, wie eine unveröffentlichte Studie zeigt

von Franziska Hein  21.07.2025

Berlin

Israelische Botschaft wünscht sich Debatte über Hamas-Geiseln

Mehr Einsatz für die Befreiung der Geiseln - das fordert die israelische Botschaft von der Bundesregierung. Zugleich lobt sie deren Arbeit und auch die der Vorgängerregierung

 21.07.2025

Berlin

Bundesregierung kritisiert Hilfsgüter-Verteilung in Gaza

Immer wieder gibt es in der Nähe von Verteilstationen für humanitäre Hilfe im Gazastreifen Tote. Das Auswärtige Amt übt Kritik an der Arbeit der Stiftung, die die Verteilung organisiert

 21.07.2025

Los Angeles/Berlin/Jerusalem

Haim Saban schlägt Mathias Döpfner für höchste Auszeichnung Israels vor

Der amerikanisch-israelische Unternehmer will, dass der Chef von Axel Springer SE für sein Engagement gegen Antisemitismus geehrt wird. Döpfner sei heute »der einflussreichste nichtjüdische Verbündete des jüdischen Volkes«, schreibt Saban

 21.07.2025