Denkfabrik

»Gesellschaftlich relevante Themen«

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland Foto: picture alliance/dpa

Denkfabrik

»Gesellschaftlich relevante Themen«

Zentralratspräsident Josef Schuster über die Weiterentwicklung des Dialog-Projektes »Schalom Aleikum«

von Detlef David Kauschke  14.09.2022 12:25 Uhr

Herr Schuster, der Zentralrat hat in dieser Woche die »Denkfabrik Schalom Aleikum« eröffnet, eine Weiterentwicklung des jüdisch-muslimischen Dialogprojektes. Was konkret soll in dieser Denkfabrik geschehen?
Mit der Denkfabrik Schalom Aleikum wird der Zentralrat analytischer und verstärkt gleichzeitig den Dialog mit der Gesellschaft. Die Denkfabrik will relevante gesellschaftliche Themen aus jüdischer und muslimischer Perspektive beleuchten und die Erkenntnisse für den gesellschaftspolitischen Diskurs wissenschaftlich aufbereiten. Sie versteht sich zudem als Plattform für den fachbezogenen Austausch jüdischer und muslimischer Expertinnen und Experten, wissenschaftlicher Institutionen sowie von Zivilakteurinnen und -akteuren.

Wie sieht Ihre Bilanz des bisherigen Projektes aus: Ist die erklärte Absicht, den jüdisch-muslimischen Dialog auf eine neue Stufe zu heben, erreicht worden?
Innerhalb von drei Jahren hat Schalom Aleikum sein Ziel, jüdische und muslimische Akteurinnen und Akteure der Zivilgesellschaft jenseits politischer Funktionärsebenen in einem offenen Austausch zusammenzubringen, erfolgreich umgesetzt. Zahlreiche Begegnungs- und Bildungsveranstaltungen deutschlandweit zeugen davon. Auf diese Weise haben wir auch Antisemitismusprävention betrieben: Die Akteure des Dialogs bestärken ihre Communitys und tragen dazu bei, Vorurteile abzubauen. Die wissenschaftlich-gesellschaftliche Komponente des Projekts wird nun verstärkt: Sie wird Kern der Denkfabrik. Dabei greifen wir auch auf das Experten- und Multiplikatoren-Netzwerk zurück, das in den vergangenen drei Jahren entstanden ist.

Warum braucht es eine Auseinandersetzung mit dem jüdisch-muslimischen Dialog innerhalb einer Denkfabrik?
Juden und Muslime haben viel zum gesellschaftlichen Diskurs beizutragen. Mit der Denkfabrik wollen wir jüdische und muslimische Perspektiven analysieren und sie im Dialog zusammenführen. Damit sollen diese Stimmen und Positionen sichtbar gemacht werden. Gesellschaft und Politik können davon nur profitieren.

Die Denkfabrik will neue Denkanstöße geben und Einfluss auf öffentliche Debatten nehmen. Wie soll das geschehen?
Idealerweise sollen Gesellschaft und Politik die Denkfabrik Schalom Aleikum als Adresse für Empfehlungen und fundierte Meinungen schätzen und aufsuchen. Konkret will die Denkfabrik Handlungsempfehlungen erarbeiten, sowohl auf Basis ihrer Forschungsergebnisse als auch in Zusammenarbeit mit Partnern aus Wissenschaft und Gesellschaft. Wir wollen forschen, formulieren, veröffentlichen und nach wie vor zusammenbringen.

Welche Relevanz haben jüdisch-muslimische Perspektiven im gesellschaftlichen Diskurs in Deutschland?
Die deutsche Gesellschaft ist vielfältig. Diese Diversität sollte sich in der öffentlichen Debatte widerspiegeln, damit sich alle gehört und vertreten fühlen. Viele aktuelle Themen und Ereignisse sind für Juden und auch Muslime wichtig. Aus Sicht der jüdischen Gemeinschaft ist eine kontinuierliche Partnerschaft mit muslimischen Experten und zivilgesellschaftlichen Akteuren ein richtiger Weg zu einem besseren gegenseitigen Vertrauen. Es ist ein Ziel der Denkfabrik Schalom Aleikum, so zu einer Stärkung der Demokratie und des gesellschaftlichen Zusammenhalts beizutragen. Ich bin der Integrations- und Antirassismusbeauftragten der Bundesregierung, Staatsministerin Reem Alabali-Radovan, außerordentlich dankbar, dass sie dieses Vorhaben fördert und für neue Ideen offen ist.

Mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden sprach Detlef David Kauschke.

Arlington (Virginia)

USA genehmigen Milliardenauftrag: Neue F-15-Kampfjets für Israel

Der Vertrag umfasst die Entwicklung, Integration, Erprobung, Produktion und Lieferung von zunächst 25 neuen Maschinen

 30.12.2025

Terror

Warum?

Die nichtjüdische Deutsche Carolin Bohl wurde am 7. Oktober 2023 von der Hamas brutal ermordet. Hier nimmt ihre Mutter Abschied von der geliebten Tochter

von Sonja Bohl-Dencker  30.12.2025

Einspruch

Solidarität mit Somaliland

Sabine Brandes findet Israels Anerkennung der Demokratie am Horn von Afrika nicht nur verblüffend, sondern erfrischend

von Sabine Brandes  30.12.2025

Meinung

Für mich ist es Nowy God – und warum ich ihn feiere

Das Neujahrsfest hat mit dem Judentum eigentlich nichts zu tun. Trotzdem habe ich warme Erinnerungen an diesen Feiertag

von Jan Feldmann  30.12.2025

London

Vorwurf gegen Facebook: Beiträge feiern Mord an Juden und bleiben online

»Die Beiträge, die den Anschlag von Bondi feiern, sind schlicht widerwärtig«, sagt Dave Rich von der jüdischen Organisation CST in England

 30.12.2025

Berlin

Tagung »Digitale Horizonte«: Wie sich Erinnerungskultur im digitalen Zeitalter wandelt

Wie verändert die Digitalisierung das kollektive Erinnern? Welche Chancen eröffnen neue Technologien – und wo liegen ihre Grenzen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Konferenz

 30.12.2025

Deutschland

Shahak Shapira »superverbittert« über Antisemitismus

Shahak Shapira spricht offen über seinen Frust angesichts von Antisemitismus in Deutschland – und wie er mit politischer Comedy darauf reagiert

 29.12.2025

Analyse

Warum die Anerkennung Somalilands so viel Aufsehen erregt

Das kleine Land am Horn von Afrika hat plötzlich eine große geopolitische Bedeutung. Dafür gibt es gute Gründe

von Ralf Balke  29.12.2025

Kommentar

Wer Glaubenssymbole angreift, will Gläubige angreifen

Egal ob abgerissene Mesusot, beschmierte Moscheen oder verwüstete Kirchen: Politik und Religion werden zurzeit wieder zu einem hochexplosiven Gemisch. Dabei sollte man beides streng trennen

 29.12.2025