Rassistischer Polizist bleibt im Dienst

Gericht »nicht auf rechtem Auge blind«

Foto: picture alliance / CHROMORANGE

Der Verwaltungsgerichtshof München (VGH) hat Kritik an seiner umstrittenen Entscheidung zu einem ehemaligen Personenschützer von Charlotte Knobloch zurückgewiesen. Man sei nicht »auf dem rechten Auge blind«, teilte ein Sprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag auf Anfrage mit. Solchen Mutmaßungen wolle er »mit Nachdruck entgegentreten«.

Die Kritik hatte sich daran entzündet, dass der ehemalige Personenschützer der Holocaust-Überlebenden Knobloch gemäß der Entscheidung trotz antisemitischer Hetze weiter Polizist sein darf. Eine Entfernung aus dem Beamtendienst wäre »nicht gerechtfertigt« gewesen, betonte der Gerichtssprecher.

Knobloch sagte der Tageszeitung »Die Welt« (Donnerstag), dass sie das Urteil »ratlos« mache. Die heute 92-Jährige erlebte als Kind die Verfolgung durch das NS-Regime, ist seit 40 Jahren Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und war zeitweise Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hatte die Gerichtsentscheidung laut Medienberichten als »schwer nachvollziehbar« bezeichnet. Die Äußerungen seien »in höchstem Maße menschenfeindlich und damit eindeutig gegen die Werte des Grundgesetzes gerichtet«.

Auch Holocaust-Überlebende hatten sich am Mittwoch zu Wort gemeldet und mit Knobloch solidarisiert: Die Präsidentin des Internationalen Auschwitz Komitees, Eva Umlauf, etwa sprach in einer Erklärung von »schäbigen und absurden Auslassungen der Richter am Münchner Verwaltungsgerichtshof«, die Knobloch »nicht verdient« habe.

Lesen Sie auch

Christoph Heubner, Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, sagte, dass Knobloch eines der Symbolgesichter der deutschen Demokratie sei.

Das Münchner Polizeipräsidium wollte einen Polizisten, der von 2014 bis 2020 in privaten Chats antisemitisch gegen Jüdinnen und Juden gehetzt hatte - unter anderem auch gegen Knobloch, für die er als Personenschützer eingesetzt war - aus dem Dienst entfernen. Die Polizei scheiterte in zwei Instanzen vor Gericht. In privaten Chats soll der Polizist die Abkürzungen »SH« für »Sieg Heil« und »HH« für »Heil Hitler« verwendet haben, zudem soll er angedeutet haben, dass eine Schutzperson vergast oder in ein Konzentrationslager gebracht werden solle.

Der VGH München begründete sein Urteil mit dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. epd

Hinweis: In einer ersten Version dieses Artikels hieß es, der Bayerische Verfassungsgerichtshof habe sich gegen die Kritik gewehrt. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.

Medien

Eurovision künftig ohne Israel?

Die Regierung droht mit der Schließung des öffentlich-rechtlichen Senders Kan. Das könnte das Aus für die Teilnahme am weltgrößten Gesangswettbewerb sein

von Sabine Brandes  04.07.2025

Berlin

Russland steuert Hetzkampagne gegen Nicholas Potter

Das Propaganda-Portal »Red« ist Treiber der Diffamierungskampagne gegen den Journalisten. Das Auswärtige Amt ist sich nun sicher, dass Russland hinter dem Portal steht

 04.07.2025

USA

Edan Alexander bedankt sich bei Donald Trump

Die freigelassene Geisel Edan Alexander trifft erstmals US-Präsident Trump. Um sich zu bedanken und auch, um darauf zu drängen, alle verbleibenden Geiseln so schnell wie möglich nach Hause zu holen

 04.07.2025

Österreich

Hitler-Geburtsort Braunau benennt Straßennamen mit NS-Bezug um

Ausgerechnet in Adolf Hitlers Geburtsort gibt es bis dato nach Nationalsozialisten benannte Straßen. Das soll sich ändern - und trifft bei einigen Politikern auf Widerstand

 03.07.2025

Hamburg

Hamas-Anhänger tritt bei staatlich gefördertem Verein auf

Das Bündnis Islamischer Gemeinden in Norddeutschland wird durch das Programm »Demokratie leben« gefördert und lud einen Mann ein, der Sinwar als »Märtyrer« bezeichnet hat

 03.07.2025

«Stimme der verstummten Millionen»

Anita Lasker-Wallfisch blickt ernüchtert auf die Welt

Sie gehörte dem Mädchen-Orchester von Auschwitz an, überlebte das Lager und später das KZ Bergen-Belsen. Am 17. Juli wird die Cellistin Anita Lasker-Wallfisch 100. Und ist verzweifelt angesichts von Antisemitismus, Rechtsruck und Krieg, sagt ihre Tochter

von Karen Miether  03.07.2025

Janusz-Korczak-Preis

»Eine laute Stimme für Frieden und Gerechtigkeit in dieser Welt«

Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann wurde mit dem Janusz-Korczak-Preis für Menschlichkeit ausgezeichnet. Die Laudatio hielt der Professor für Internationale Politik und Konfliktexperte Carlo Masala. Die Rede im Wortlaut

von Carlo Masala  03.07.2025

Ravensbrück

KZ-Gedenkstätte erhält 207 Interviews mit Überlebenden

Grimme-Preisträgerin Loretta Walz führte über 30 Jahre Gespräche mit den Überlebenden, nun übergab sie den letzten Teil der Sammlung

von Daniel Zander  03.07.2025

Geschichte

Rechts und links: Wie die AfD ein falsches Goebbels-Zitat verbreitet

Ein Faktencheck

 02.07.2025