Leipzig

»Gemeinsamkeiten unterstreichen«

Die Tagung zu Antisemitismus fand im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig statt. Foto: imago stock&people

Vertreter jüdischer Gemeinden in Mitteldeutschland haben zum entschiedenen Eintreten gegen Antisemitismus aufgerufen. Die Überwindung von Ressentiments, Hass und Vorurteilen könne nur gelingen, wenn alle demokratischen Kräfte zusammenständen, sagten die Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden, Nora Goldenbogen, und der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, Reinhard Schramm, am Donnerstag in Leipzig.

Beide äußerten sich bei einer Podiumsdiskussion auf einer Tagung zu Antisemitismus in Deutschland im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig. Goldenbogen erklärte zunächst in einem Einführungsvortrag, Antisemitismus sei viel zu lange unterschätzt worden, »in der Gesellschaft und der Politik, der Justiz und der Polizei«. Dies gelte insbesondere für judenfeindliche Einstellungen von rechts, betonte sie.

halle Die jüdische Gemeinschaft habe schon vor dem rechtsextrem und antijüdisch motivierten Anschlag in Halle am 9. Oktober eine Zunahme öffentlich geäußerter Klischees und Ressentiments gegen Juden registriert, sagte Goldenbogen weiter.

Jedoch sei es auch nach der Gewalttat »unsere Verpflichtung als jüdische Gemeinden, offen zu bleiben und nicht die Türen zu verschließen«. Zugleich forderte sie eine Verankerung des Themas in den Lehrplänen der Schulen, eine verstärkte Strafverfolgung bei judenfeindlichen Taten sowie ein Zusammenwirken aller gesellschaftlichen Kräfte.

Auch nach dem Anschlag in Halle sei es »unsere Verpflichtung als jüdische Gemeinden, offen zu bleiben und nicht die Türen zu verschließen«, sagte Nora Goldenbogen.

Auch Schramm betonte, die jüdische Gemeinschaft selbst müsse aktiv sein und enge Verbindungen mit allen demokratischen Kräften und der Politik pflegen. »Der Kampf gegen Antisemitismus sollte für Demokraten dazugehören«, bekräftigte Schramm und betonte die Notwendigkeit bei allen Akteuren, »Gemeinsamkeiten zu unterstreichen«.

nationalismus Zugleich warnte Schramm vor dem weltweit grassierenden Nationalismus. »Wenn Nationalismus gestärkt wird, dauert es nicht lange, dass Minderheiten in Gefahr sind«, warnte er und ergänzte, gerade Juden seien immer »geeignet als Sündenböcke«. Deshalb müsse man diese Themen sehr engagiert ansprechen und »sich gegen diese Bestrebungen ganz stark wenden«.

»Wir müssen weiterarbeiten«, erklärte Sachsens Landesrabbiner Zsolt Balla: »Wir müssen unser religiöses und kulturelles Leben verstärken. Wir haben keine andere Möglichkeit.« Für die jüdischen Gemeinden sei es wichtig, dass sie einen engagierten Kern haben, sagte Balla. Jüdisches Leben müsse im Stadtbild sichtbar sein.

Auch der Beauftragte der sächsischen Landesregierung für das jüdische Leben, Thomas Feist (CDU), sprach sich dafür aus, Antisemitismus in jedem Teil der Gesellschaft in den Blick zu nehmen. »Es gibt keinen Bereich, den wir auslassen können, so wie es keinen gesellschaftlichen Bereich gibt, wo Antisemitismus nicht vorkommt«, betonte Feist.

Viele Probleme hingen damit zusammen, »dass niemand überhaupt einen Juden kennt und niemand weiß, was jüdisches Leben ist« sagte Feist weiter. Dies gelte für Polizei und Behörden, Politik und Medien gleichermaßen. Wenn man bejahe, dass jüdisches Leben zu Sachsen gehöre, »müssen wir alle gesellschaftlichen Gruppen einbeziehen und sensibilisieren«, forderte der Politiker. Dies gelte von Schülern bis hin zu Senioren, fügte er hinzu.  epd

Judenhass

Berlin-Kreuzberg: Antisemitische Parolen in Schule - Lehrerin angespuckt

Die Hintergründe

 04.11.2025

Meinung

Wenn deutsche Linke jüdische Selbstbestimmung ablehnen

In einer Resolution delegitimiert die Linksjugend Israel als koloniales, rassistisches Projekt. Dabei ist der Staat der Juden nicht zuletzt eine Konsequenz aus den Verbrechen der Deutschen im Nationalsozialismus

von Frederik Schindler  04.11.2025

Auswärtiges Amt

Deutschland entschärft Reisehinweise für Israel

Nach Beginn des Gaza-Krieges hatte das Auswärtige Amt vor Reisen in Teile Israels gewarnt. Dies gilt so nicht mehr. Der Außenminister begründet das mit gewachsenem Vertrauen in den Friedensprozess

 04.11.2025

Würdigung

Margot Friedländer wird mit Sonderbriefmarke geehrt

Wie das Finanzministerium mitteilte, war die Sonderbriefmarke für Friedländer ein »besonderes Anliegen« von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil

 04.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  04.11.2025

Gedenkstätten

Gedenkzeichen für jüdische Ravensbrück-Häftlinge

Zur feierlichen Enthüllung werden unter anderem Zentralratspräsident Josef Schuster, die brandenburgische Kulturministerin Manja Schüle (SPD) und der Beauftragte für Erinnerungskultur beim Kulturstaatsminister, Robin Mishra, erwartet

 03.11.2025

Innere Sicherheit

Dschihadistisch motivierter Anschlag geplant: Spezialeinsatzkommando nimmt Syrer in Berlin-Neukölln fest 

Nach Informationen der »Bild« soll der Mann ein Ziel in Berlin im Blick gehabt haben

 02.11.2025 Aktualisiert

Interview

»Wir hatten keine Verwandten«

Erst seit einigen Jahren spricht sie über ihre jüdischen Wurzeln: Bildungsministerin Karin Prien erzählt, warum ihre Mutter davon abriet und wann sie ihre eigene Familiengeschichte erst begriff

von Julia Kilian  02.11.2025 Aktualisiert

Meinung

Ich kann euch nicht hören

Während im Sudan die schwerste humanitäre Krise der Welt tobt, schweigen die selbst ernannten Menschenrechts-Demonstranten in Europa und auf der Welt

von Sophie Albers Ben Chamo  02.11.2025