27. Januar

Gedenkstunde im Bundestag

Ruth Klüger (l.) hielt die Gedenkrede. Foto: dpa

Bei der Gedenkstunde zum 27. Januar hat die amerikanische Schriftstellerin und Holocaust-Überlebende Ruth Klüger am Mittwoch mit einem sehr persönlichen Lob für den Kurs von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Flüchtlingspolitik einen Lichtpunkt gesetzt.

Die 84-jährige Klüger sagte in ihrer Gedenkrede, Deutschland, das vor 80 Jahren für die schlimmsten Verbrechen des Jahrhunderts verantwortlich gewesen sei, habe heute »den Beifall der Welt gewonnen dank seiner geöffneten Grenzen und der Großzügigkeit, mit der Sie syrische und andere Flüchtlinge aufgenommen haben und noch aufnehmen«.

»Wir schaffen das« Dies sei der Hauptgrund, warum sie mit Freude die Einladung angenommen habe, im Rahmen des Holocaust-Gedenktags vor dem Bundestag zu sprechen. Trotz Hindernissen und Rückschlägen werde an diesem »gegensätzlichen Vorbild« zum Deutschland der Nazi-Zeit gearbeitet – »mit dem schlichten und dabei heroischen Slogan: Wir schaffen das«.

Klüger schilderte in ihrer Rede ihre Inhaftierung im KZ Groß-Rosen im heutigen Polen, in dessen Außenlager Christianstadt sie als 13-Jährige Zwangsarbeit im Forst und im Steinbruch leisten musste. Ihr eigenes Überleben, sagte sie, verdanke sie einem Zufall von wenigen Minuten und der Hilfe einer Frau, die sie nie wiedergesehen habe. Nach der Auflösung des Lagers gelang ihr mit ihrer Mutter und einer Freundin die Flucht vom »Todesmarsch«, auf dem sie nach Westen geschickt worden waren.

Klüger ging besonders auf die Leiden der Frauen in den Konzentrationslagern ein und kritisierte, dass die Zwangsprostituierten im KZ Mauthausen und anderen Lagern nie als Zwangsarbeiterinnen anerkannt worden seien. »Für sie galt der Respekt vor den Überlebenden nicht«, sagte sie: »Wir müssen sie einschließen, wenn wir der Zwangsarbeiter gedenken.«

Zwangsarbeiter Bundespräsident Norbert Lammert (CDU) hatte in seiner Ansprache das Gedenken an die Zwangsarbeiter ins Zentrum gestellt. Im Bundestag hatte er dazu am Morgen eine Ausstellung eröffnet. Er sagte, 13 Millionen Zwangsarbeiter im Deutschen Reich seien in einem perfiden System zur Sklavenarbeit verdammt gewesen. Es habe sich um »ein Massenphänomen« gehandelt, »ein vor aller Augen begangenes Verbrechen«.

Niemand habe es leugnen können. Zwangsarbeiter hätten bei Handwerkern und in Großkonzernen gearbeitet, in der Landwirtschaft, bei den Kirchen und in Privathaushalten. Die Entschädigungen, die Deutschland erst sehr spät gezahlt habe, könnten nicht mehr sein als eine Geste.

Mit Blick auf das Werk von Ruth Klüger, die sich zeitlebens mit den Schuldgefühlen der Überlebenden auseinandersetzte, erinnerte Lammert daran, dass Folter und Unrecht die Opfer niemals verließen.

Antisemitismus Ihre Leiden mahnten, dass Willkür und Unfreiheit nie wieder die Herrschaft übernehmen dürften. Lammert forderte ein Bekenntnis gegen Ausgrenzung, Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Das gelte für alle Menschen in Deutschland, egal wann und aus welchem Grund sie hierhergekommen seien, sagte er.

Der Holocaust-Gedenktag wird bundesweit am 27. Januar begangen, dem Datum, an dem im Jahr 1945 das Konzentrationslager Auschwitz von den Alliierten befreit worden war. An der Gedenkstunde des Bundestages nehmen neben den Staatsspitzen auch Zentralratspräsident Josef Schuster und der Vizepräsident des Zentralrats, Mark Dainow, teil.

Ruth Klüger wurde 1931 in Wien unter dem Namen Susanne Ruth als Tochter eines jüdischen Arztes und seiner Frau geboren. Die Familie wurde nach Theresienstadt und von dort ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Ihr Vater und ihr Halbbruder wurden ermordet. Die heute 84-Jährige zählt zu den bekanntesten Germanistinnen in den USA. Als Schriftstellerin machte sie sich mit ihrer Autobiografie weiter leben einen Namen.

Berlin

Der falsche Konsens

Der israelische Militärhistoriker Danny Orbach stellt im Bundestag eine Studie und aktuelle Erkenntnisse zum angeblichen Genozid im Gazastreifen vor – und beklagt eine einseitige Positionierung von UN-Organisationen, Wissenschaft und Medien

 27.11.2025

USA

Staatsanwaltschaft rollt den Fall Etan Patz neu auf

Der jüdische Junge Etan Patz verschwindet am 25. Mai 1979 auf dem Weg zur Schule. Jahre später wird er für tot erklärt

 27.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Düsseldorf

Breite Mehrheit im Landtag wirbt für Holocaust-Zentrum in NRW

Große Mehrheit im NRW-Landtag: Fast alle Fraktionen werben für NRW als Standort eines vom Bund geplanten Holocaust-Bildungszentrums. Bayern und Sachsen sind ebenfalls im Rennen

von Andreas Otto  27.11.2025

Terrorismus

Berlin: Waffenkurier der Hamas wohnte in unmittelbarer Nähe zu mehreren jüdischen Einrichtungen

Im Auftrag der Terrororganisation Hamas sollen mehrere Männer jüdische und proisraelische Ziele unter anderem in der Hauptstadt ausgespäht und Waffen eingeschmuggelt haben. Nun berichten »Zeit« und »Welt« über die Hintergründe

 27.11.2025

Bildung

Im Land der Täter

Bis März soll die Entscheidung fallen, wo die Dependance der Schoa-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland angesiedelt wird

von Michael Thaidigsmann  27.11.2025

München

Uschi Glas: Christen müssen jüdische Mitbürger schützen

Uschi Glas mahnt Christen zum Schutz von Juden. Sie warnt vor neuer Ausgrenzung und erinnert an eigene Erfahrungen nach dem Krieg. Was sie besonders bewegt und warum sie sich Charlotte Knobloch verbunden fühlt

von Hannah Krewer  27.11.2025

Entscheidung

Uni Jena lehnt Prüfung von Kontakten mit israelischen Hochschulen ab

Die Friedrich-Schiller-Universität Jena wird Kooperationen mit israelischen Hochschulen nicht auf mögliche Verbindungen zum Militär überprüfen. Der Senat lehnte einen entsprechenden Antrag von Teilen der Professorenschaft ab

 27.11.2025

Berlin

Prozess um Angriff am Holocaust-Mahnmal: »Tat zugegeben«

Polizisten berichten von der Begegnung mit dem Angeklagten wenige Stunden nach der Tat

 27.11.2025