Rechtsextremismus

»Es gibt keine Entwarnung«

Heike Kleffner Foto: Christian Ditsch / version

Frau Kleffner, die NPD hat es nicht in den Landtag von Sachsen-Anhalt geschafft. Ist das ein Grund zur Entwarnung?
Leider nein, und zwar aus mehreren Gründen. Zum einen gibt es Regionen in Sachsen-Anhalt, vor allem im südlichen Teil, wo die NPD deutlich über fünf Prozent der Stimmen erhielt. Das sind dann auch keine Protestwähler mehr, sondern die NPD ist da seit Jahren stabil über fünf Prozent. Das sind Überzeugungswähler. Hinzu kommt, dass die NPD bei der Wählergruppe der 18- bis 24-Jährigen 18 Prozent der Stimmen erhielt. Zudem existiert in Sachsen-Anhalt ein hohes Maß an rechter Gewalt. Alle drei bis vier Tage ereignet sich eine politisch motivierte Gewalttat.

Wie wichtig ist denn für extreme Rechte eine Partei?
Durch ihre Teilnahme an Wahlen, örtliche Erfolge und bundesweit inzwischen 330 Kommunalmandate versucht sich die NPD, als Teil des Parteienspektrums zu präsentieren – und wird auch vielerorts so wahrgenommen. Durch die Wahlkampfkostenrückerstattung finanziert sich ja nicht nur die NPD – zum Beispiel ihre Mitarbeiterstäbe der Landtagsfraktionen in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen –, sondern sie stellt auch die Infrastruktur und politische Rückendeckung für »Autonome Nationalisten« und »Kameradschaften« zur Verfügung.

Die Wahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg stehen an, doch hier spielt der Rechtsextremismus keine große Rolle. Ist er ein Ost-Problem?
Nein, auch in Rheinland-Pfalz gibt es ein starkes Netzwerk der freien Kameradschaften. Gerade in ländlichen Regionen prägt das die Jugendkulturen stark. Man muss da nur mal Feuerwehrfeste besuchen. Auch T-Shirts mit rechtsextremen Aufdrucken sieht man ständig. Nicht zu vergessen der Brandanschlag auf die Synagoge in Worms und die Schändungen in Speyer und Mainz.

Was sind die Themen der Rechten?
In Sachsen-Anhalt hat sich die NPD vor allem als Saubermann-Partei präsentiert, die aufräumen will.

Welche Rolle spielt der Antisemitismus?
Ihm kommt eine Schlüsselrolle zu, nach wie vor. Wenn man sich etwa die NPD-internen Mails anschaut, die jüngst gehackt wurden, fallen zwei Topoi immer wieder auf: Judenhass und der Bezug auf den Nationalsozialismus. Das merkt man auch beim Auftreten der Rechtsextremen gegenüber sogenannten politischen Gegnern: »Scheißjuden« oder »Ihr werdet alle vergast«. Das gehört, wie auch die Schändung von jüdischen Friedhöfen, bundesweit zum Alltag.

Mit dem Beiratsmitglied der Mobilen Beratung für Opfer rechter Gewalt in Sachsen-Anhalt sprach Martin Krauß.

Projekte gegen Antisemitismus

Berliner Kultursenatorin räumt Defizite bei Fördermittel-Vergabe ein

In Berlin sollen Mittel für Projekte gegen Antisemitismus nach unklaren Kriterien und auf Druck und Wunsch aus der CDU-Fraktion vergeben worden sein. Kultursenatorin Wedl-Wilson will nun »aufräumen«

 11.11.2025

Initiative

Knesset stimmt über Gesetz zu Todesstrafe ab

Wer in Israel tötet, um dem Staat und »der Wiedergeburt des jüdischen Volkes« zu schaden, soll künftig die Todesstrafe erhalten können. Das sieht zumindest ein umstrittener Gesetzentwurf vor

 11.11.2025

Berlin

Ein streitbarer Intellektueller

Der Erziehungswissenschaftler, Philosoph und Publizist Micha Brumlik ist im Alter von 78 Jahren gestorben. Ein persönlicher Nachruf

von Julius H. Schoeps  11.11.2025

Terror

Netanjahu: Israels Kampf gegen Feinde noch nicht vorbei

Laut Ministerpräsident Netanjahu beabsichtigen die Hamas und die Hisbollah weiterhin, Israel zu vernichten. Die Waffenruhe-Abkommen mit beiden will Israel demnach durchsetzen - solange diese gelten

 11.11.2025

Diplomatie

Al-Schaara schließt normale Beziehungen zu Israel aus

Der syrische Staatschef wurde von US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus empfangen. Bei dem historischen Treffen ging es auch um die Abraham-Abkommen

 11.11.2025

Meinung

Wahlen in Ostdeutschland: Es gibt keine Zeit zu verlieren

In Mecklenburg-Vorpommer und Sachsen-Anhalt wird im September gewählt. Es steht viel auf dem Spiel: Eine AfD-Regierung könnte großen Schaden anrichten. Leidtragende wären nicht zuletzt die jüdischen Gemeinden

von Joshua Schultheis  10.11.2025

Medien

So erzeugt man einen gefährlichen Spin

Wie das Medienunternehmen »Correctiv« den Versuch unternimmt, die Arbeit des israelischen Psychologen Ahmad Mansour fragwürdig erscheinen zu lassen

von Susanne Schröter  10.11.2025 Aktualisiert

Würzburg

Zentralrat der Juden fordert mehr Zivilcourage gegen Hass

Beim Gedenken an die Novemberpogrome in Würzburg hat Juden Schuster die grassierende Gleichgültigkeit gegen Judenhass kritisiert

 10.11.2025

Gedenken

Bundespräsident Steinmeier fordert Widerstand gegen Rechtsextreme

Die Demokratie sieht der Bundespräsident so bedroht wie nie seit der Wiedervereinigung. Das Staatsoberhaupt erklärt, was nun aus seiner Sicht passieren muss

von Martina Herzog  10.11.2025