Frau Kleffner, die NPD hat es nicht in den Landtag von Sachsen-Anhalt geschafft. Ist das ein Grund zur Entwarnung?
Leider nein, und zwar aus mehreren Gründen. Zum einen gibt es Regionen in Sachsen-Anhalt, vor allem im südlichen Teil, wo die NPD deutlich über fünf Prozent der Stimmen erhielt. Das sind dann auch keine Protestwähler mehr, sondern die NPD ist da seit Jahren stabil über fünf Prozent. Das sind Überzeugungswähler. Hinzu kommt, dass die NPD bei der Wählergruppe der 18- bis 24-Jährigen 18 Prozent der Stimmen erhielt. Zudem existiert in Sachsen-Anhalt ein hohes Maß an rechter Gewalt. Alle drei bis vier Tage ereignet sich eine politisch motivierte Gewalttat.
Wie wichtig ist denn für extreme Rechte eine Partei?
Durch ihre Teilnahme an Wahlen, örtliche Erfolge und bundesweit inzwischen 330 Kommunalmandate versucht sich die NPD, als Teil des Parteienspektrums zu präsentieren – und wird auch vielerorts so wahrgenommen. Durch die Wahlkampfkostenrückerstattung finanziert sich ja nicht nur die NPD – zum Beispiel ihre Mitarbeiterstäbe der Landtagsfraktionen in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen –, sondern sie stellt auch die Infrastruktur und politische Rückendeckung für »Autonome Nationalisten« und »Kameradschaften« zur Verfügung.
Die Wahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg stehen an, doch hier spielt der Rechtsextremismus keine große Rolle. Ist er ein Ost-Problem?
Nein, auch in Rheinland-Pfalz gibt es ein starkes Netzwerk der freien Kameradschaften. Gerade in ländlichen Regionen prägt das die Jugendkulturen stark. Man muss da nur mal Feuerwehrfeste besuchen. Auch T-Shirts mit rechtsextremen Aufdrucken sieht man ständig. Nicht zu vergessen der Brandanschlag auf die Synagoge in Worms und die Schändungen in Speyer und Mainz.
Was sind die Themen der Rechten?
In Sachsen-Anhalt hat sich die NPD vor allem als Saubermann-Partei präsentiert, die aufräumen will.
Welche Rolle spielt der Antisemitismus?
Ihm kommt eine Schlüsselrolle zu, nach wie vor. Wenn man sich etwa die NPD-internen Mails anschaut, die jüngst gehackt wurden, fallen zwei Topoi immer wieder auf: Judenhass und der Bezug auf den Nationalsozialismus. Das merkt man auch beim Auftreten der Rechtsextremen gegenüber sogenannten politischen Gegnern: »Scheißjuden« oder »Ihr werdet alle vergast«. Das gehört, wie auch die Schändung von jüdischen Friedhöfen, bundesweit zum Alltag.
Mit dem Beiratsmitglied der Mobilen Beratung für Opfer rechter Gewalt in Sachsen-Anhalt sprach Martin Krauß.