Internationaler Strafgerichtshof

»Er benutzte nie ein Kondom«

Karim Khan bei einem Besuch in der Ukraine im September 2024 Foto: IMAGO/Ukrinform

Karim Khan, der Chefankläger am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, steht unter Druck. Khan, der im Mai 2024 Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und seinen damaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant wegen angeblicher schwerer Verbrechen im Gazakrieg beantragt hatte, sieht sich ebenfalls seit rund einem Jahr schweren Vorwürfen einer ehemaligen Mitarbeiterin ausgesetzt.

Die Malaysierin wirft dem 55-jährigen britischen Juristen mehrfache sexuelle Übergriffe bis hin zur Vergewaltigung vor. So habe Khan sie bei einer Dienstreise nach Venezuela und Kolumbien mitten in der Nacht in ihrem Hotelzimmer zum Geschlechtsverkehr genötigt, berichtete am Wochenende die amerikanische Tageszeitung »Wall Street Journal« (WSJ) in einem ausführlichen Beitrag über den Fall.

Die Frau sagte, Khan habe auch auf anderen Auslandsreisen versucht, sie zu berühren, und zum Geschlechtsverkehr gezwungen. Er habe dabei nie ein Kondom benutzt.  Die Frau ist laut WSJ verheiratet und Mutter eines Kindes. Sie behauptet, dass der Chefankläger nicht nur auf fünf Dienstreisen, sondern auch in seiner Wohnung in Den Haag gegen ihren Willen sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen hat.

Zeitgleich habe Khan auch energisch das umstrittene Verfahren gegen Israel vorangetrieben, berichtet das Blatt. Und das, obwohl Israel nicht Signatarstaat des Römischen Statuts für einen Strafgerichtshof ist und die Zuständigkeit des Haager Gerichts bestreitet.

Karim Khan, Chefankläger des Internationalen GerichtshofsFoto: picture alliance / Anadolu
Ankläger streitet Vorwürfe ab

Khan bestreitet den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs einer Mitarbeiterin »kategorisch«. Auch stehe sein Vorgehen gegen Israel in keinem Zusammenhang mit den Vorwürfen der Frau. Die Entscheidung, Haftbefehle gegen Netanjahu und Gallant zu beantragen, habe damit nichts zu tun, ließ Khan dem WSJ über seine Anwälte mitteilen. Allerdings hatte Khan am Tag vor der Bekanntgabe des Antrags auf Haftbefehl eine geplante Reise nach Israel und Gaza abgesagt, die er zuvor als zentral für die Entscheidungsfindung bezeichnet hatte.

Laut namentlich nicht genannten IStGH-Mitarbeitern genießt das Vorgehen gegen israelische Offizielle große Unterstützung bei zahlreichen Mitgliedsstaaten des Gerichtshofs und hilft damit dem Chefankläger. Der Haftbefehl, so das WSJ, habe auch Khans Mitarbeiterin vorübergehend davon abgehalten, ihre Vorwürfe gegen ihn weiterzuverfolgen, da sie die Ermittlungen gegen israelische Politiker nachdrücklich unterstütze.

Karim Khan amtiert seit 2021 in Den Haag. Die Malaysierin, die Khan sexuellen Missbrauch vorwirft, ist seit 2017 am Gericht beschäftigt und kam 2023 in das Team des Chefanklägers. Sie sagte, seine Annäherungsversuche hätten kurz danach begonnen, auf einer Dienstreise nach London im März 2023, wo er versucht habe, ihre Hand zu halten, wie sie gegenüber UN-Ermittlern aussagte.

Unterdessen berichtet die »Jerusalem Post« unter Verweis auf die Aussagen eines »hochrangigen westlichen Diplomaten«, der mit den IStGH-Ermittlungen gegen Netanjahu und Gallant vertraut sein soll, dass Karim Khan ihm 2024 in einem Gespräch gesagt habe: »Warten Sie nur ab. Wenn ich Haftbefehle gegen Netanjahu beantrage, würde dies Ländern wie Deutschland und Kanada den Vorwand liefern, sich gegen die israelische Regierung zu wenden.«

Der Diplomat, der anonym bleiben wollte, sagte der israelischen Zeitung, Khans Entscheidung, die Haftbefehle gegen israelische Politiker zu erlassen, habe auf dem Wunsch beruht, Stimmung gegen Israel zu machen. mth

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