Berlin

Einreisestopp für jüdische Zuwanderer aufgehoben

Für jüdische Einwanderer gab es bei der Deutschen Botschaft in Moskau seit einiger Zeit keinen Termin – jetzt soll sich das ändern. Foto: imago/ITAR-TASS

Juden aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion dürfen ab sofort wieder nach Deutschland einreisen. Das entschied das zuständige Bundesinnenministerium am Freitag und hob damit einen seit einiger Zeit wegen der Corona-Krise bestehenden Einwanderungsstopp für diese Personengruppe auf.

Der Zentralrat der Juden begrüßte die Entscheidung der Bundesregierung, jüdischen Zuwanderern aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion wieder die Einreise nach Deutschland zu ermöglichen. »Wir sind sehr erleichtert, dass die Bundesregierung schnell reagiert hat und die jüdischen Einwanderer nicht vor verschlossener Tür stehen lässt«, erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster am Freitag.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

»Die betroffenen Menschen hatten sich in ihrer Not an uns gewandt, sodass wir die Bundesregierung unmittelbar auf ihre Lage aufmerksam machen konnten«, so der Zentralratspräsident weiter. Mitte August hatte er sich mit einem entsprechenden Schreiben an die Bundesregierung gewandt und diese aufgefordert, den Sachverhalt zu prüfen und »diesen unerträglichen Zustand so schnell wie möglich zu beenden«.

visa Die vorübergehende Aussetzung der Erteilung von Visa aufgrund der Corona-Pandemie hatte die Betroffenen nach Auskunft des Zentralrats der Juden in eine unhaltbare Lage gebracht. »Da ihnen bereits eine Aufnahmezusage seitens Deutschlands erteilt worden war, hatten sie alle notwendigen Schritte unternommen, um ein Visum zu beantragen. Dafür mussten sie sich zum Beispiel von ihrem Wohnort abmelden und ihren Arbeitsplatz kündigen. Die Kinder wurden von der Schule abgemeldet«, unterstrich Josef Schuster.

»Die betroffenen Menschen hatten sich in ihrer Not an uns gewandt, sodass wir die Bundesregierung unmittelbar auf ihre Lage aufmerksam machen konnten.«

Zentralratspräsident Josef Schuster

Bereits seit 1. Juli dürfen deutschstämmige Einwanderer wieder in die Bundesrepublik einreisen. Auch für andere Personengruppen hatte die Bundesregierung den wegen der Pandemie verhängten zeitweisen Aufnahmestopp wieder aufgehoben. Bislang war die jüdische Einwanderung aber nicht erlaubt.

Vor einer Woche hatte der Berliner »Tagesspiegel« berichtet, dass zahlreiche jüdischen Ausreisewilligen bei den deutschen Botschaften keinen Termin für einen Visumsantrag mehr bekämen. Das Auswärtige Amt hatte die restriktive Praxis bestätigt und als Grund den coronabedingten generellen Einreisestopp genannt.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

spätaussiedler Im Gegensatz zur Gruppe der Spätaussiedler könne jüdischen Einwanderern eine »Ausnahme vom Annahmestopp« für Visa-Anfragen momentan »nicht gewährt werden«, hatte es noch vergangene Woche geheißen.

Seit 1990 sind mehr als 100.000 Juden nach Deutschland gekommen, die meisten davon aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Die Mitgliederzahl der jüdischen Gemeinden in Deutschland stieg dadurch beträchtlich an. Zwar ist die Zahl der jüdischen Einwanderer in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Dennoch stellen immer noch Hunderte Personen jedes Jahr einen Einreiseantrag. 2018 siedelten dem neuesten Migrationsbericht der Bundesregierung zufolge 1038 jüdische Einwanderer aus der ehemaligen UdSSR nach Deutschland über.

Voraussetzung für die dauerhafte Einreise ist die Staatsangehörigkeit eines Nachfolgestaates der Sowjetunion (mit Ausnahme der baltischen Staaten) und die jüdische Nationalität beziehungsweise jüdische Abstammung eines Eltern- oder Großelternteils. Viele Betroffene saßen im wahrsten Sinne des Wortes auf gepackten Koffern und hatten in der alten Heimat Wohnung und Arbeitsplatz bereits aufgegeben. mth

Essay

Ausweg Palästina

Große Teile der Linken sind mit der Komplexität der Gegenwart überfordert. Orientierung suchen sie ausgerechnet im Hass auf den jüdischen Staat. Mit progressiver Politik hat das wenig zu tun

von Jessica Ramczik, Monty Ott  13.09.2025

Sachsenhausen

120 Minuten Holocaust

Angesichts des grassierenden Antisemitismus sollen Schüler zum Besuch einer NS-Gedenkstätte verpflichtet werden. Doch was kann eine Führung vor Ort tatsächlich bewirken?

von Mascha Malburg  13.09.2025

Brüssel

»Gegen EU-Grundwerte«: Kommission verurteilt Festival

Eine Sprecherin der Europäischen Kommission hat den Boykott der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani in die Nähe von Antisemitismus gerückt und scharf verurteilt

von Michael Thaidigsmann  12.09.2025

Belgien

»Ruf unseres Landes beschmutzt«: Premier rügt Gent-Festival

Premier Bart de Wever kritisiert die Leiter eines belgischen Festivals dafür, die Münchner Philharmoniker und ihren Dirigent Lahav Shani ausgeladen zu haben

 12.09.2025

Berlin

Humboldt-Universität will gegen Antisemitismus vorgehen

Präsidentin Julia von Blumenthal sieht ihre Hochschule für künftige Auseinandersetzungen rund um den Nahost-Konflikt gut vorbereitet

von Lukas Philippi  12.09.2025

Kommentar

Die Genozid-Lüge

Wie die Hamas nach dem 7. Oktober vom Täter zum Opfer wurde – und Israel zur Verkörperung des Bösen schlechthin

von Stephan Lehnstaedt  12.09.2025

Nachkriegsjustiz

Verhandlung über Massenmord: Vor 80 Jahren begann der Belsen-Prozess

Fünf Monate nach der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen erhob ein britisches Militärgericht in Lüneburg Anklage gegen die Täter. In einer Turnhalle begann damit vor 80 Jahren der erste große NS-Kriegsverbrecherprozess in Deutschland

von Karen Miether  12.09.2025

Belgien

Deutsche Botschaft beendet Partnerschaft mit Gent-Festival

Die Deutsche Botschaft in Brüssel hat nach der Ausladung der Münchner Philharmoniker ihre Zusammenarbeit mit dem Flandern-Festival in Gent eingestellt

von Michael Thaidigsmann  11.09.2025

Debatte

Zentralrat: Ausladung Shanis ist »fatales Signal«

Wer einen Künstler aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder seiner jüdischen Religion ausgrenzt und diskreditiert, trete die Demokratie mit Füßen

 11.09.2025