Antisemitismus

»Ein Weltkrieg hat begonnen«

Das Capitol in Washington D.C. Foto: dpa

Schon der Ort des Hearings zeigte an, dass es um Drängendes geht: Das US-Repräsentantenhaus und sein Vorsitzender, der Republikaner Christopher Smith, hatten Vertreter des World Jewish Congress (WJC) eingeladen, um mehr über den Antisemitismus in Europa zu erfahren.

Neben WJC-Präsident Ronald S. Lauder sprachen auch Roger Cukierman und Dan Rosenberg Asmussen, die Vorsitzenden der jüdischen Dachorganisationen von Frankreich und Dänemark. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, war ebenfalls anwesend.

anschläge »Um die Flamme des radikalen islamischen Terrors zu besiegen, müssen die USA die Führung übernehmen«, rief Lauder aus. Er kritisierte, dass nach den Anschlägen von Paris auf Charlie Hebdo und den jüdischen Supermarkt kein Vertreter der US-Regierung bei der Trauerfeier anwesend war. Der WJC-Präsident präsentierte auch Zahlen, die das dramatische Anwachsen des Antisemitismus in Europa belegen.

Roger Cukierman sprach vor den US-Politikern davon, dass ein »Weltkrieg« stattfinde, begonnen von »barbarischen Fanatikern, die Köpfe abschlagen, Frauen steinigen und Kinder erschießen«. Auch Dan Asmussen, in dessen Land im Februar eine schockierende Mordtat geschehen war, sprach davon, dass es dringend länderübergreifender Gegenmaßnahmen bedürfe, um den Antisemitismus zu bekämpfen.

analyse Was die Analyse angeht, waren sich Lauder, Cukierman und Asmussen einig. »Es gibt große Bevölkerungsgruppen muslimischer Einwanderer«, sagte Lauder. »Die meisten sind friedlich, aber viel zu viele von ihnen haben einen radikalen Islam angenommen.« Zudem gebe es ein Anwachsen rechtsextremer Nazigruppen, die in Ungarn und Griechenland schon zu großer politischer Macht gekommen seien, die man aber auch in Ländern wie Deutschland und Frankreich nicht unterschätzen dürfe.

»Und es gibt eine dritte Kraft, die man für gutartig halten mag, die aber Öl in dieses Feuer gießt. Ich spreche von einer gebildeten, elitären Klasse, die einen pathologischen Hass auf Israel hat.« Diese würden sich nie als Antisemiten bezeichnen, gleichwohl seien diese Leute fest davon überzeugt, dass Israel die Ursache aller Probleme ist, zumindest im Nahen Osten.

Internet Besonders wurde die Rolle des Internets und der Sozialen Medien betont. Die Provider seien in der Verantwortung, die Verbreitung des Hasses zu unterbinden. Josef Schuster sagte: »Wenn es möglich ist, gegen Pädophilie vorzugehen, warum dann nicht auch gegen Antisemitismus?« Zur Rolle Deutschlands sagte Schuster, dass die gegenwärtige Bundesregierung, wie auch ihre Vorgänger das Thema »mit großer Sensibilität« behandelten.

Vor dem Hearing hatte sich auch US-Vizepräsident Joe Biden mit WJC-Vertretern getroffen. Er forderte, dass es immer nötig sei, sich zu Wort zu melden, »wenn der Antisemitismus sein hässliches Haupt erhebt«.

Geschichte

Rechts und links: Wie die AfD ein falsches Goebbels-Zitat verbreitet

Ein Faktencheck

 02.07.2025

Reaktionen

Massive Kritik an Urteil über Charlotte Knoblochs Ex-Leibwächter

Der Mann bewachte die Präsidentin der IKG München, obwohl er sich privat judenfeindlich und rassistisch äußerte. Für das Verwaltungsgericht nicht genug, um ihn aus dem Polizeidienst zu entlassen

 02.07.2025

Kommentar

Justiz: Im Zweifel für Antisemitismus?

Ein Verwaltungsgerichtsurteil lässt große Zweifel aufkommen, dass es alle mit der Bekämpfung von Antisemitismus unter Beamten ernst meinen

von Michael Thaidigsmann  02.07.2025

Australien

Zwei Krankenpfleger, die damit drohten, jüdische Patienten zu töten, haben Arbeitsverbot

Im Februar sorgte ein TikTok-Video für Abscheu und Empörung, in dem zwei Krankenpfleger ihrem blanken Judenhass freien Lauf ließen. Nun stehen sie vor Gericht

 02.07.2025

Nach Skandal-Konzert

Keine Bühne bieten: Bob-Vylan-Auftritt in Köln gestrichen

Die Punkband hatte beim Glastonbury-Festival israelischen Soldaten den Tod gewünscht

 02.07.2025

Statistik

Deutlich mehr antisemitische Vorfälle in Brandenburg

Der aktuelle Monitoringbericht der Fachstelle Antisemitismus für 2024 dokumentiere einen Anstieg um mehr als 28 Prozent auf insgesamt 484 Fälle

 02.07.2025

Pro & Contra

Sollte der Krieg in Gaza beendet werden?

Zwei Meinungen zur Debatte

von Dan Schueftan, Sabine Brandes  02.07.2025

Einspruch

Wir müssen gegen den Iran wehrhaft sein

Die deutsche Politik braucht eine entschlossene Haltung gegen die terroristische Bedrohung aus Teheran. Die jüdischen Gemeinden machen es vor: Sie investieren in Sicherheit und mentale Standhaftigkeit

von Josef Schuster  02.07.2025

Berlin

»BILD«: Hinweis auf Ausspähung von deutschen Juden durch den Iran kam vom Mossad

Die Hintergründe

 01.07.2025