Meinung

Ein schöner Land

Landesrabbiner William Wolff Foto: Gregor Zielke

Meinung

Ein schöner Land

Man muss das Phänomen AfD ernst nehmen. Doch Parallelen zu 1933 zu ziehen, ist übertrieben

von Landesrabbiner William Wolff  12.09.2016 19:32 Uhr

Alle reden über die Wahlerfolge der AfD, aktuell nach den Wahlen Anfang des Monats in Mecklenburg-Vorpommern und vereinzelt am vergangenen Wochenende bei den Kommunalwahlen in Niedersachsen. Auch am kommenden Sonntag könnte uns das Thema bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin beschäftigen.

Aber gestatten Sie mir als Landesrabbiner von Mecklenburg-Vorpommern und jahrelangem politischen Korrespondenten in London noch ein paar Gedanken zur Schweriner Landtagswahl: Ich denke, dies war eine Protestwahl gegen die etablierten Parteien. Alle Parteien haben an Zuspruch verloren, besonders für CDU und SPD ist das eine negative Entwicklung.

Die großen, etablierten Parteien haben es nicht geschafft, die Menschen zu erreichen – besonders im Osten des Bundeslandes, wo die DDR gedanklich noch tief verwurzelt ist. Das hat der AfD über 20 Prozent an Stimmen eingebracht. Dabei identifizierten sich die Menschen wohl weniger mit dem teilweise fremdenfeindlichen und antisemitischen Gedankengut dieser Partei.

reisewarnungen Also sollte man nun auch nicht übertreiben: Wie ich hörte, gab es sogar schon Reisewarnungen. Nein, Mecklenburg-Vorpommern ist ein schönes Land, wo man gut behandelt wird. Es ist auch für einen Urlaub zu empfehlen, nach wie vor. Und auch Parallelen zu 1933 zu ziehen, wie es manche Kommentatoren tun, verbietet sich.

Ich bin 1927 in Berlin geboren und weiß, wovon ich rede. Ich war selbst zweimal Flüchtling, es ging von Berlin über Holland nach England. Und ich kann Ihnen sagen, man ist nur Flüchtling, wenn man es sein muss. Aus der Erfahrung heraus meine ich: Unsere Aufgabe als Gesellschaft ist es, die Flüchtlinge zu integrieren. Wir haben uns damals in Holland und England schnell integriert. Man sollte die Vorteile betrachten, die damit verbunden sind.

Doch darf man die derzeitige Entwicklung des vermehrten Zulaufs zu den Rechtspopulisten auch nicht kleinreden: Mitglieder der AfD treten antisemitisch auf, sie äußern sich fremdenfeindlich. Dessen muss man sich bewusst sein. Und wer ihnen seine Stimme gibt, auch nur, weil er den etablierten Parteien einmal einen Denkzettel verpassen will, muss wissen, wohin das damals führte und heute wieder führen kann. Man muss das Phänomen ernst nehmen und die AfD und andere Rechtspopulisten europaweit bekämpfen, damit sich das Vergangene nicht wiederholt.

Der Autor amtierte von 2002 bis 2015 als Rabbiner in Mecklenburg-Vorpommern.

Meinung

Das letzte Wort zum »Völkermord«

Wer für einen Genozid verantwortlich ist, versorgt dessen angebliche Opfer nicht. In Gaza tut Israel, was es tun muss

von Imanuel Marcus  18.09.2025

Nürnberg

Annäherung nach Streit um Menschenrechtspreis-Verleihung

Die Israelitische Kultusgemeinde hatte den diesjährigen Träger des Nürnberger Menschenrechtspreises nach Bekanntgabe des Juryvotums kritisiert. Nach Gesprächen gibt es nun offenbar eine Verständigung

 18.09.2025

Meinung

Vereinte Nationen: Alter Wein in neuen Schläuchen

Kommende Woche soll in New York eine Resolution zum Nahostkonflikt verabschiedet werden. Sie ist hochproblematisch. Deutschland sollte dagegen stimmen

von Jacques Abramowicz  18.09.2025

"Times"-Bericht

London vor Anerkennung eines Staates Palästina

Noch vor anderen Weltmächten könnte Großbritannien die formale Anerkennung eines palästinensischen Staates vollziehen. Die Berichte darüber kommen zu einem heiklen Zeitpunkt

 18.09.2025

München

Auschwitz Komitee: Shani-Ausladung ist »schändlich«

Ein Musikfestival in Gent hat die Münchner Philharmoniker ausgeladen, weil das Verhältnis des israelischen Dirigenten zu seiner Regierung nicht klar sei. Das Auschwitz Komitee kritisiert das

 18.09.2025

Berlin

Hardt: Keine Wirtschaftssanktionen gegen Israel

Der CDU-Außenpolitiker befürwortet Sanktionen gegen »radikale Minister«. Die Anerkennung eines Staates Palästina lehnt er ab

 18.09.2025

Flensburg

Antisemitisches Schild löst Empörung aus

»Juden haben hier Hausverbot!« steht im Schaufenster eines Geschäftes. Aus der Lokalpolitik kamen deutliche Reaktionen

 18.09.2025 Aktualisiert

Antrittsbesuch

Merz reist nach Madrid: Differenzen in Haltung zu Israel

Insgesamt läuft es gut in den Beziehungen zwischen Deutschland und Spanien. Bei einem Thema gibt es aktuell aber Streit

 18.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  18.09.2025 Aktualisiert