Meinung

Ein Pferd liegt auf dem Teller

Man sitzt vor einem saftigen Rindersteak und denkt: »Oh, wie lecker!« Doch plötzlich schießt einem der Gedanke durch den Kopf, vielleicht doch lieber eine modifizierte HaMozi-Bracha zu sagen, etwa den Segensspruch: »... der Nahrungsmittel aus dem Pferd hervorgebracht hat«.

Europa befindet sich in einer Lebensmittelkrise, weil keiner mehr versteht, woher das Essen kommt. Unsere Brachot sprechen von Nahrung als »Pri HaEtz« (»Frucht des Baumes«), sagen uns aber nicht, ob sich der Baum in Argentinien, Australien oder Bulgarien befindet. Wir sagen »Boreh Pri HaAdama« (»... der die Früchte der Erde erschafft«), aber hier wird »Erde« als die Erde unter unseren Füßen verstanden, nicht als die ganze Erde! Sonst müsste man »Boreh Pri HaOlam« sagen, weil Lebensmittel aus der ganzen Welt in unsere Supermärkte kommen. Und manchmal reisen sie sogar zweimal um die Erde, bevor sie im Regal landen.

skandal Der Skandal als solcher ist nicht neu. Man wusste schon vieles, wollte es aber nicht wahrhaben – verdrängte lieber das Wissen, nicht das Essen. Schon vor Jahren war uns klar, dass man Milch von Deutschland nach Griechenland transportiert, sie dort zu Joghurt verarbeitet und dann wieder nach Deutschland zurückbringt. Das Wort »Bio« (griechisch für »Leben«) bedeutet inzwischen nur noch, dass dieses Nahrungsmittel einmal gelebt hat – sei es als Apfel, Möhre oder Kartoffel.

Nur Löwen und Tiger in freier Wildbahn wissen genau, woher das frische Fleisch kommt, das sie zwischen die Zähne bekommen. Wir anderen sind von Menschen abhängig, die für uns Tiere schlachten, zerlegen, verarbeiten und etikettieren. Veganer, Diabetiker, Juden, Muslime oder Allergiker müssen denen, die ihre Produkte herstellen, vertrauen können. Die Kennzeichnung muss die Wahrheit über den Inhalt angeben. Viele Produkte beinhalten heute Verdickungsmittel, Farbstoffe und andere Chemikalien. Wirklich gut tun sie dem Käufer alle nicht. Wir können froh sein, dass der Körper das meiste davon relativ schnell wieder ausscheidet.

Manchmal ist das Fleisch zwar koscher, die Geschäftspraxis aber leider nicht. Ich kenne aus England den Skandal, als vor vielen Jahren eine Kuh sogar als Fünfbeiner zur Welt kam. Oj wej! In England sagt man: »I’m so hungry, I could eat a horse!« Nun ja, möchte man kommentieren, jeder, wie er mag. Doch man sollte schon wissen, dass es ein Pferd ist, das auf dem Teller liegt. Ich wünsche guten Appetit!

Der Autor ist Landesrabbiner von Schleswig-Holstein.

USA

Staatsanwaltschaft rollt den Fall Etan Patz neu auf

Der jüdische Junge Etan Patz verschwindet am 25. Mai 1979 auf dem Weg zur Schule. Jahre später wird er für tot erklärt

 26.11.2025

Urteil

Verbot des Berliner Palästina-Kongresses war rechtswidrig

Das Berliner Verwaltungsgericht hat das Verbot eines Palästina-Kongresses nachträglich für rechtswidrig erklärt

 26.11.2025

Hans-Jürgen Papier

»Es ist sehr viel Zeit verloren gegangen«

Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts zieht eine Bilanz seiner Arbeit an der Spitze der »Beratenden Kommission NS-Raubgut«, die jetzt abgewickelt und durch Schiedsgerichte ersetzt wird

von Michael Thaidigsmann  26.11.2025

Wehrpflicht

Freiheit gemeinsam verteidigen

Russlands Angriffskrieg unterstreicht die Notwendigkeit einer starken Bundeswehr. Wenn die Situation es erfordert, dann müssen auch wir Juden bereit sein, unseren Beitrag zu leisten

von Josef Schuster  26.11.2025

Verhandlung

Verbot israelfeindlicher Proteste: Berlin mit Klagen konfrontiert

Das Verwaltungsgericht prüft zwei unterschiedlich gelagerte Klagen von Veranstaltern einer Demonstration im Dezember 2023 und des sogenannten Palästina-Kongresses im April 2024

 26.11.2025

Potsdam

BSW vor Zerreißprobe: Dorst stellt Parteiverbleib infrage

Die jüngsten Ereignisse haben Implikationen für die Landesregierung. Bei nur zwei Stimmen Mehrheit im Landtag könnte jeder Bruch in der BSW-Fraktion ihr Ende bedeuten

 26.11.2025

Buenos Aires

Milei will 2026 Botschaft in Jerusalem eröffnen

Israels Außenminister Sa’ar erklärte in der argentinischen Hauptstadt, »im April oder Mai« werde die Eröffnung erfolgen

 26.11.2025

Montréal

Air Canada prüft Beschwerde über Palästina-Anstecker in der Form Israels

Der Passagier Israel Ellis beschwert sich über das israelfeindliche Symbol an der Jacke einer Stewardess. Sie habe ihn zudem angeschrien, als sie seine Davidstern-Kette gesehen habe

 26.11.2025

Berlin

Friedrich Merz besucht Israel

Als Kanzler ist es sein erster Aufenthalt im jüdischen Staat. Die Beziehungen hatten zuletzt unter Druck gestanden

 25.11.2025