Meinung

Distanzierte Küsschen

Innovation, Bildung, Nachhaltigkeit» war der Titel der jüngsten Regierungskonsultationen zwischen Deutschland und Israel. Bei einem so konstruktiv-pragmatischen Blick in die Zukunft kann eigentlich nichts mehr schieflaufen. Oder doch? Auf politischer Ebene lautet die gute Nachricht, dass es einen positiv-normalen bilateralen Alltag zwischen beiden Staaten gibt: ob Deutschland sich an die Seite Israels stellt – wie 2011 bei der unilateralen Unabhängigkeitserklärung von Mahmud Abbas vor dem UNO-Sicherheitsrat – oder ob es sich schweigend etwas ferner seitlich positioniert, wie bei der UNO-Generalversammlung letzte Woche.

Ob Israel 3000 Häuser hinter der grünen Linie baut oder davor; ob Ton und Timing der Ankündigung des Siedlungsbaus günstig sind oder nicht; oder ob Angela Merkel und Benjamin Netanjahu sich mit dicker Umarmung oder mit distanzierten Küsschen begrüßen – all diese Punkte zeigen: Es gibt ein buntes Spektrum an gemeinsamen Werten und auch an gemeinsamen strategischen Interessen. Die Vergangenheit bleibt ein dunkles, aber längst nicht mehr das einzige Bindeglied.

Ressentiments Ist also alles rosig, alles normal? Was die politische Beziehung an Wärme verspricht, trifft in der deutschen Gesellschaft immer mehr auf bitterkalte Ressentiments: Die Normalisierung im Verhältnis der Institutionen trifft auf eine gesellschaftspsychologische Anomalie. Während Sympathien der Israelis für Deutschland wachsen, wächst die Abneigung der Deutschen gegen Israel.

Zwei Drittel der Deutschen halten Israel für ein aggressives Land. Hinzu kommt der unappetitliche Cocktail an antisemitischen und antiisraelischen Ressentiments, der im Zuge des Günter-Grass-Gedichts und der Beschneidungsdebatte zum Vorschein kam. Je salonfähiger antisemitische Statements wie «Kein Wunder, dass man was gegen Juden hat ...» werden, versehen mit einem Israel-Tüpferchen, desto schlechter sieht es aus für die Nachhaltigkeit des in der Tat einzigartigen Verhältnisses zwischen Israel und Deutschland.

Diese Anomalie und die bedenkliche Rolle der Medien wird leider ignoriert. Es ist nicht die Politik der Netanjahu-Regierung, es ist diese Anomalie, die das Verhältnis von Israel und Deutschland bedroht und damit das gesellschaftliche Leben in Deutschland.

Die Autorin ist Kommunikations- und Strategieberaterin in Deutschland und Israel.

Berlin

Presseschau zum Israel-Besuch von Kanzler Friedrich Merz

Wie bewerten deutsche Leit- und Regionalmedien Merz‘ Antrittsbesuch bei Ministerpräsident Benjamin Netanjahu?

 08.12.2025

Toronto

Miriam Mattova aus Uber geworfen, weil sie Jüdin ist

»Was passiert ist, ist nicht nur ein unangenehmer Moment. Es ist eine Erinnerung daran, warum es wichtig ist, sich zu äußern«, sagt das Model

 08.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  08.12.2025

Israel

Ein zarter Neuanfang

Bei seinem Antrittsbesuch in Jerusalem wollte Bundeskanzler Friedrich Merz das zuletzt stark belastete Verhältnis zum jüdischen Staat kitten. Ist es ihm gelungen? Eine Analyse

von Philipp Peyman Engel  07.12.2025

Jerusalem

Netanjahu: »Stellen Sie sich vor, jemand würde Deutschland vernichten wollen«

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz lobte der Premierminister Bundeskanzler Merz als verständigen Gesprächspartner und rechtfertigte Israels hartes Vorgehen gegen die Hamas

 08.12.2025 Aktualisiert

Israel

Berichte: Netanjahu traf Blair heimlich zu Gaza-Zukunft

Bei einem Treffen zwischen Netanjahu und Blair soll es um Pläne für die Zukunft des Gazastreifens gegangen sein. Für Blair ist eine Rolle in Trumps »Friedensrat« vorgesehen

 07.12.2025

Justiz

Gericht bestätigt Verbot der Parole »From the river to the sea«

Ein von der Stadt Bremen erlassenes Verbot sei rechtmäßig, entschied nun das Verwaltungsgericht Bremen

 07.12.2025

Yad Vashem

Merz: »Wir werden die Erinnerung lebendig halten«

Es ist einer der wichtigsten Antrittsbesuche für Kanzler Merz. Der zweite Tag in Israel beginnt für ihn mit dem Besuch eines besonderen Ortes

 07.12.2025

Umfrage

KAS-Studie: Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat eine neue Studie zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft vorgelegt. Dabei wurden auch Einstellungen zu Juden abgefragt

 07.12.2025