Meinung

Diskriminierung auf Preußisch

Julius H. Schoeps Foto: imago

Friedrich II. wäre am 24. Januar 300 Jahre alt geworden. Aus diesem Grund wird derzeit Preußen wieder einmal als Musterland religiöser Freiheit gefeiert, da es doch Arianer, Socinianer, Mennoniten, Hugenotten und Juden aufgenommen hatte. Da ist die Frage erlaubt, wie tolerant der Alte Fritz wirklich war.

Berühmt ist ja das Zitat: »Die Religionen müssen alle toleriret werden, und muß der Fiskal nur das Auge darauf haben, daß keine der anderen Abbruch tue; denn hier muß ein jeder nach seiner Fasson selig werden.« Auch gerne zitiert wird: »Alle Religionen sind gleich gut, wenn nur die Leute, wo sie professiren, ehrliche Leute sind.«

Schutz Das waren Sätze, die dem Aufklärungszeitgeist entsprachen. Nur: Mit der Realität des preußischen Staates im 18. Jahrhundert hatten sie wenig zu tun. Juden besaßen, im Unterschied zu anderen, die in das Land geholt wurden, mindere Rechte. Das kurfürstliche »Edikt wegen aufgenommenen 50 Familien Schutz-Juden« vom 21. März 1671 enthält etwa die Formulierung: »jedoch dass sie keine Synagogen halten«.

Die Duldung der Juden endete dort, wo das Christentum tangiert wurde. Die Nachfolger des Kurfürsten, der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. und der Philosoph von Sanssouci, Friedrich II., haben daran wenig geändert.

Toleranz war für Friedrich II. eine Frage der Zweckmäßigkeit und der Staatsräson. Typisch ist die Debatte um die Staatsbürgerrechte der Juden: Man war zwar im Prinzip bereit, sie ihnen zu gewähren, aber mit der Auflage, dass die Juden aufhörten, Juden zu sein. Mit Toleranz im heutigen Sinne hatte das alles nicht sehr viel zu tun.

Selbst viele aufgeklärte Zeitgenossen waren nur bedingt bereit, ihr Gegenüber so zu akzeptieren, wie sich dieses selbst verstand. Friedrich II., der heute als aufgeklärter Monarch gefeiert wird, orientierte seine Judenpolitik nicht an der Toleranzidee und dem Prinzip der christlichen Nächstenliebe, sondern an den steuer- und wirtschaftspolitischen Notwendigkeiten des sich herausbildenden merkantilistischen Industriestaates. Wer das nicht sehen will, verkennt die damaligen Umstände.

Der Autor ist Historiker und Direktor des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien an der Universität Potsdam.

Bulletin

Terrorangriff in Sydney: 20 Verletzte weiter im Krankenhaus

Fünf Patienten befinden sich nach Angaben der Gesundheitsbehörden in kritischem Zustand

 17.12.2025

Bondi Beach

Sydney-Attentäter wegen 15-fachen Mordes angeklagt

15-facher Mord, Terrorismus, Sprengstoffeinsatz - dem überlebenden Sydney-Attentäter werden 59 Tatbestände zur Last gelegt

 17.12.2025

Meinung

Die Empörung über Antisemitismus muss lauter werden

Der Anschlag von Sydney war in einem weltweiten Klima des Juden- und Israelhasses erwartbar. Nun ist es an der Zeit, endlich Haltung zu zeigen

von Claire Schaub-Moore  17.12.2025

Washington D.C.

Trump ruft zu Vorgehen gegen islamistischen Terror auf

Bei einer Chanukka-Feier im Weißen Haus spricht der Präsident den Hinterbliebenen der Opfer vom Anschlag in Sydney sei Beileid aus

 17.12.2025

Washington D.C.

USA verhängen Einreisestopp für Inhaber palästinensischer Dokumente

Zur Begründung heißt es, in den palästinensischen Gebieten seien mehrere von den USA als Terrororganisationen eingestufte Gruppen aktiv, die auch US-Bürger getötet hätten

 17.12.2025

Interview

»Die Genozid-Rhetorik hat eine unglaubliche Sprengkraft«

Der Terrorismusforscher Peter Neumann über die Bedrohungslage für Juden nach dem Massaker von Sydney und die potenziellen Auswirkungen extremer Israel-Kritik

von Michael Thaidigsmann  16.12.2025

Wirtschaft

Hightech-Land Israel: Reiche sieht Potenzial für Kooperation

Deutschland hat eine starke Industrie, Israel viele junge Start-ups. Wie lassen sich beide Seiten noch besser zusammenbringen? Darum geht es bei der Reise der Bundeswirtschaftsministerin

 16.12.2025

Meinung

Der Stolz der australischen Juden ist ungebrochen

Der Terroranschlag von Sydney hat die jüdische Gemeinschaft des Landes erschüttert, aber resigniert oder verbittert ist sie nicht. Es bleibt zu hoffen, dass die Regierung künftig mehr für ihren Schutz tut

von Daniel Botmann  16.12.2025

IS-Gruppen

Attentäter von Sydney sollen auf den Philippinen trainiert worden sein

Die Hintergründe

 16.12.2025