Diaspora

Beck: »Israel droht, gemeinsame Wertebasis mit Deutschland zu verlassen« 

Volker Beck ist Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Foto: imago/IPON

Die geplante Justizreform in Israel greift nach Worten des Präsidenten der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, die Gewaltenteilung und Unabhängigkeit der Justiz an. Derzeit wären deutliche Worte durchaus nötig, betonte Beck im Interview von web.de News (Mittwoch). »Israel droht, die gemeinsame Wertebasis mit Deutschland zu verlassen.«

Der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete sagte: »Sollten die israelische Regierung all ihre Ideen umsetzen, wäre das schon sehr nahe an der Situation in Ungarn. Es gibt in Israel auch Pläne, den Medienbereich zum Vorteil der Regierung umzubauen.« Der große Unterschied zu Ungarn sei jedoch, dass in Israel jeden Samstagabend ein Zehntel der Bevölkerung auf den Straßen demonstriere. »Das ist unheimlich beeindruckend und zeugt von der Lebendigkeit der israelischen Demokratie.«

Besorgniserregend sei der Plan der Koalition um Premierminister Benjamin Netanjahu, Richter des Obersten Gerichts künftig mit einfacher Parlamentsmehrheit zu wählen. »Dann würden die Kontrollierten ihre eigenen Kontrolleure bestimmen«, so Beck. 

Mit Blick auf manche Forderungen an die deutsche Bundesregierung, sich klar gegenüber Israel zu positionieren, sagte Beck, er denke, dass Israel »bei den kritischen Pressemitteilung des Auswärtigen Amts relativ weit oben« rangiere. Insgesamt brauche es klare Prioritäten.

»Die Sicherheit und die Existenz Israels sind nicht verhandelbar. Das ist deutsche Staatsräson, wie es die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel ausdrückte. Dem entsprechend muss auch agiert werden, etwa in den Vereinten Nationen, oder wenn es um das deutsche Verhältnis zum palästinensischen Terror geht«, so Beck.

Da habe es in letzter Zeit »einiges Kritikwürdiges« gegeben, so Beck. »Zudem ist in der Vergangenheit Israel zu routiniert und kriterienlos kritisiert worden. Jeder Stein, der in einer Siedlung in der Westbank gebaut wurde, war dem Auswärtigen Amts eine Pressemitteilung wert.« Stattdessen solle man sich auf »wirklich wichtige« Punkte konzentrieren. »Dann kann man auch mal Tacheles reden, und dann wird man auch gehört.«

Mit Blick auf das verschwörungstheoretische Geraune, man dürfe in Deutschland Israel nicht kritisieren, sagte der DIG-Präsident: »Das ist Quatsch. Es wird andauernd getan. Wenn man die Spiegel-Ausgaben mit Israel auf der Titelseite übereinanderstapelt, würden sie bis zur Decke reichen.«

Und weiter: »Bei Israel kochen in Deutschland die Emotionen hoch, und das hat mit unserer Geschichte zu tun. In nicht wenigen Familien waren die Väter Nazis und die Kinder überzeugte Linke oder Liberale. Bei der ‚Israelkritik‘ kommt die Familie auf einmal wieder versöhnt zusammen. Natürlich wollte nach dem Holocaust niemand mehr ein Antisemit sein, die eigene Geschichte wurde aber nie richtig aufgearbeitet. Das zeigt sich auch heute noch an der Obsession mit dem jüdischen Staat.«

Auf die Frage, ob die DIG wegen Becks deutlicher Kritik an Israel gespalten sei, sagte der Grünen-Politiker: »Selbstverständlich gibt es bei uns auch Stimmen, die sagen, wir sollen da schweigen. Wir sollten nicht die notorischen Israelkritiker füttern. Und klar: Ich bin da auch zerrissen. Mit manchen Stimmen will ich mich nicht gemein machen. Ich denke aber, bei der Frage von Demokratie und Menschenrechten kann man als Demokrat nicht schweigen.« ja/kna

Düsseldorf

Wolfgang Rolshoven mit Josef-Neuberger-Medaille geehrt

Mit der Auszeichnung würdigte die Jüdische Gemeinde Rolshovens jahrzehntelanges Engagement für jüdisches Leben und seinen entschlossenen Einsatz gegen Judenhass

 31.10.2025

Berlin/München

Nach Terror-Skandal beim ZDF: ARD überprüft Mitarbeiter in Gaza

Alle in Gaza tätigen Mitarbeiter hätten versichert, keinerlei Nähe zu Terrororganisationen zu haben, sagt der zuständige Bayerische Rundfunk

 31.10.2025

Nürnberg

»Nie wieder darf Hass die Oberhand gewinnen«

Kongressabgeordnete aus Washington D.C., Touristen aus China und Geschichtsinteressierte aus Franken: Das Interesse an den Nürnberger Prozessen ist 80 Jahre nach dem Start des historischen Justizereignisses ungebrochen

von Michael Donhauser  31.10.2025

Ankara

Offene Konfrontation zwischen Erdogan und Merz über Israel und Gaza

Eigentlich wollte der Bundeskanzler bei seinem Antrittsbesuch neue Harmonie in die deutsch-türkischen Beziehungen bringen. Bei einer Pressekonferenz mit mit türkischen Präsidenten kommt es stattdessen zur offenen Konfrontation

von Anne Pollmann, Michael Fischer, Mirjam Schmitt  31.10.2025

Jerusalem/Düsseldorf

Yad Vashem will beim Standort in Deutschland eine schnelle Entscheidung

In Nordrhein-Westfalen, Bayern oder Sachsen soll erstmals außerhalb Israels ein Bildungszentrum zum Holocaust entstehen. Die Entscheidung soll zügig fallen

 31.10.2025

Meinung

Ich kann euch nicht hören

Während im Sudan die schwerste humanitäre Krise der Welt tobt, schweigen die selbst ernannten Menschenrechts-Demonstranten in Europa und auf der Welt

von Sophie Albers Ben Chamo  31.10.2025

Halle

»Hetze gegen Israel«: Rektorin der Uni Halle gibt Fehler zu 

Die Veranstaltung an der (MLU) fand unter dem Titel »Völkermord in Gaza« statt

 30.10.2025

Bayern

Jüdischer Landesverband kritisiert Dehler-Preis für Imam Idriz scharf

Kritisch äußert sich der Verbandspräsident Josef Schuster insbesondere zu Äußerungen des Imams in Zusammenhang mit dem Krieg in Gaza

 30.10.2025

Russland

Moskaus Kalkül

Warum der Kreml wenig Interesse daran hat, dass der US-Friedensplan für den Gazastreifen funktioniert

von Alexander Friedman  30.10.2025