Europa

Die Zeichen stehen auf Rechtsruck

Foto: dpa

Das neue Europaparlament wird voraussichtlich mehr Rechtspopulisten und EU-Skeptiker aufweisen als das scheidende. Parteien wie die italienische Lega Nord, Ungarns Fidesz, die Finnenpartei und die AfD sehen sich bei den am Donnerstag beginnenden Wahlen im Aufwind.

Eine Schätzung des Online-Magazins »Politico« sieht ein rundes Drittel der Sitze im neuen Parlament von »Euroskeptikern« besetzt. Eine Projektion des Europaparlaments selbst machte im April den größten Zuwachs am rechtsextremen Rand aus, wo die Fraktion »Europa der Nationen und der Freiheit« (ENF) von 37 auf 62 Mandate wachsen könnte.

»Insgesamt steigen die Werte der Rechten und Rechtspopulisten«, weiß die Politikprofessorin.

FRANKREICH In Deutschland lag die AfD laut Forschungsgruppe Wahlen rund eine Woche vor dem Urnengang bei zwölf Prozent. »Insgesamt steigen die Werte der Rechten und Rechtspopulisten, auch wenn ihre Anteile in manchen Ländern wie Dänemark, Frankreich und Griechenland sinken«, erklärt die Politikprofessorin Ariadna Ripoll von der Universität Bamberg.

Die Wahlkämpfe in den EU-Mitgliedsländern sind Ripoll zufolge vor allem national geprägt und daher sehr unterschiedlich. Generell gebe es viele Debatten über Migration, Klimawandel, Sicherheit und Wirtschaft.

Die Klimapolitik war in den vergangenen Monaten nicht zuletzt aufgrund der Schülerproteste »Fridays for Future« in aller Munde – auch bei den Rechten. Für sie eignet sich das Thema ideal, meint Stella Schaller vom Forschungs- und Beratungsinstitut adelphi. Denn rechte Themen und Denkmuster wie Elitenkritik, Wissenschaftsfeindlichkeit und Gegnerschaft zu Multilateralismus ließen sich mit Klimapolitik konkret befüllen. »Zudem erfordert der Klimawandel langfristige Strategien, und Rechtspopulisten haben eine starke Präferenz für einfach scheinende Lösungen«, macht Schaller geltend.

EU-GEGNER Auch das Thema Migration konnten die Rechtspopulisten weiter nutzen. Hier erkennt der Europa-Experte Christian Schweiger den Ansatz, Migration mit der Frage nach der Entscheidungsebene – EU oder Mitgliedstaat – zu verknüpfen. Genauso hätten die EU-Gegner in Großbritannien rund um das Brexit-Referendum argumentiert, erklärt der Forscher der Universität Chemnitz. Die Antwort laute dann: »Was wir brauchen, ist mehr nationale Kontrolle.«

Auch das Thema Migration konnten die Rechtspopulisten weiter nutzen.

Einen Dämpfer erhielten die Rechten in Österreich, wo der Skandal um FPÖ-Mann Heinz-Christian Strache die Regierungsbeteiligung kostete. Dass dies auf andere Länder ausstrahlen könnte, bezweifelt Schweiger allerdings. »Man sieht sich dann doch die Parteien auf der nationalen Ebene an.«

ITALIEN Wie weit erstarkende Rechtspopulisten und EU-Skeptiker im Europaparlament ihre Agenden durchsetzen können, dürfte stark davon abhängen, ob sie ihre Kraft in einer oder zwei Fraktionen bündeln können. Bislang ist das nicht der Fall. Die Lega Nord und der französische Rassemblement National etwa gehören der rechtsextremen ENF-Fraktion an, die AfD der EFDD und die polnische PiS der EKR. Noch in der EVP-Fraktion von Manfred Weber (CSU) findet sich Viktor Orbáns Fidesz.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Vor diesem Hintergrund schmiedet Lega-Chef Matteo Salvini eine Koalition. Bei einer Kundgebung in Mailand am Wochenende waren verschiedenste rechte Parteien Europas vertreten, darunter die AfD.

Deren Chef Jörg Meuthen beschreibt die Linie des Bündnisses als »ganz klaren politischen Gegenentwurf« zum »Mainstream« im Parlament, welcher die anderen Parteien »herrlich nervös« mache.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland warnt vor Rechtspopulisten und Nationalisten – und fordert eine Stärkung der EU.

Dabei beschäftigen Rechte und Populisten nicht nur die politische Konkurrenz. Trotz aller Kritik an einzelnen EU-Politiken warnt beispielsweise der Zentralrat der Juden in Deutschland vor Rechtspopulisten und Nationalisten – und fordert eine Stärkung der EU. Ein anderes Beispiel: Das gesellschaftliche Bündnis »Allianz für Weltoffenheit« wendet sich gemeinsam gegen Extremismus und übersteigertes Nationalgefühl und bekennt sich zu einem geeinten Europa. Und am Sonntag gingen in ganz Deutschland Zehntausende für ein soziales Europa und gegen Rechtspopulismus auf die Straße.

Politikprofessorin Ripoll prognostiziert für die nächste Legislaturperiode »ein polarisierteres und fragmentierteres Parlament«. Auswirken könne sich dies zum Beispiel durch weniger Entscheidungen und mehr Blockaden in der Volksvertretung.  (mit ja)

Berlin

»BILD«: Hinweis auf Ausspähung von deutschen Juden durch den Iran kam vom Mossad

Die Hintergründe

 01.07.2025

Bayern

Als Rassist und Antisemit im Polizeidienst? Möglich ist es …

Der Verwaltungsgerichtshof München hat geurteilt, dass Beamte sich im privaten Rahmen verfassungsfeindlich äußern dürfen, ohne deswegen mit Konsequenzen rechnen zu müssen

von Michael Thaidigsmann  01.07.2025

Frankfurt

Unibibliothek besitzt rund 7.500 mutmaßlich geraubte Bücher

Die Goethe-Universität hatte die Herkunft von insgesamt rund 79.000 Bänden geprüft, die zwischen 1942 und 1945 in den Bestand aufgenommen worden waren

 01.07.2025

Spionage-Skandal

Außenminister Wadephul bestellt iranischen Botschafter ein

Der CDU-Politiker rief außerdem zum Schutz von Juden in Deutschland auf

 01.07.2025 Aktualisiert

Berlin

Ausstellung »Die Nazis waren ja nicht einfach weg« startet

Die Aufarbeitung der NS-Zeit hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Wendungen genommen. Eine neue Ausstellung in Berlin schaut mit dem Blick junger Menschen darauf zurück

von Lukas Philippi  01.07.2025

Kirchen

Theologe Staffa kritisiert Apartheidsbeschluss des Weltkirchenrates

Der Apartheidsvorwurf sei einfach falsch, sagte der christliche Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christen und Juden beim Deutschen Evangelischen Kirchentag

von Stephan Cezanne  01.07.2025

Berlin

Schuster: Vernichtungsfantasien des Mullah-Regimes gegen Israel und Juden nicht mehr kleinreden

In Dänemark wurde ein Spion festgenommen, der für den Iran jüdische und pro-israelische Ziele ausspioniert haben soll - darunter auch den Zentralrat der Juden

 01.07.2025

Festnahme

Spion soll für Iran jüdische Einrichtungen in Deutschland ausgespäht haben

Der Tatverdächtige wurde in Dänemark festgenommen

von Nils Kottmann  01.07.2025 Aktualisiert

USA

82-Jährige stirbt nach Angriff von Boulder

Die Frau erlag ihren schweren Verletzungen. Die Anklage gegen den Täter soll nun erweitert werden

 01.07.2025