Interview

»Die Grenzen nicht schließen«

Zentralratspräsident Josef Schuster Foto: Thomas Lohnes

Herr Schuster, Sie haben sich für eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen ausgesprochen. Warum?
So wichtig es ist, dass Deutschland seinen Beitrag in der Flüchtlingskrise leistet, dürfen wir nicht übersehen, dass unsere Möglichkeiten endlich sind. Wir müssen doch auch in der Lage sein, die Asylsuchenden angemessen zu versorgen und in unsere Gesellschaft zu integrieren. Gleichwohl: Der Zentralrat der Juden ist weiterhin der Überzeugung, dass Deutschland Flüchtlinge aufnehmen muss. Wer asylberechtigt ist, muss auch Asyl erhalten.

Steht die Begrenzung von Flüchtlingszahlen im Gegensatz zum grundgesetzlich verankerten Asylrecht?
Es ist in der Tat ein Spagat, den Deutschland jetzt schaffen muss. Das Grundrecht auf Asyl darf nicht weiter ausgehöhlt werden, gleichzeitig ist die Zahl der Asylsuchenden so groß geworden, dass wir an unsere Grenzen stoßen.

Wäre eine derzeit diskutierte europäische Kontingentregelung eine Lösung?
Ich denke, wir können das Problem nur über derartige Ansätze in den Griff bekommen. Alle EU-Staaten müssen feste Kontingente an Flüchtlingen aufnehmen. Hinzu sollten Maßnahmen kommen, um die Fluchtursachen in den Herkunftsländern zu bekämpfen und die Situation in den Flüchtlingslagern der Nachbarstaaten der Krisenregionen zu verbessern. Hier braucht sicherlich auch der UNHCR mehr internationale Unterstützung.

Noch vor wenigen Wochen haben Sie darauf hingewiesen, dass gerade Juden im 20. Jahrhundert oft an geschlossenen Grenzen standen. Ist Ihre Aussage – die beinhaltet, dass nach Überschreitung einer Obergrenze Flüchtlinge wohl zwangsläufig abgewiesen werden müssten – als Kehrtwende zu verstehen?
Ich möchte nicht missverstanden werden: Ich plädiere nicht dafür, die Grenzen zu schließen. Deutschland wird und muss weiterhin Flüchtlinge aufnehmen oder sich darum kümmern, dass sie woanders eine sichere Zufluchtsstätte finden. Da sehe ich dann doch einen erheblichen Unterschied zu den 30er- und 40er-Jahren des vorigen Jahrhunderts.

Sie verwiesen auf die Herausforderungen der Integration und darauf, dass viele Flüchtlinge einer Kultur entstammen, in der Hass auf Juden und Intoleranz ein fester Bestandteil sind. Sie sprachen von eher ethnischen als religiösen Problemen. Wie meinen Sie das?
Ich denke, dass wir nicht ausschließlich auf die religiöse Zugehörigkeit der Flüchtlinge schauen sollten. Dass die meisten von ihnen aus Ländern kommen, die mit Israel verfeindet sind und in denen Judenhass quasi zum Alltag gehört, ist viel entscheidender. Ebenso beobachten wir in Frankreich den aggressiven Antisemitismus von arabischstämmigen Menschen. Das war in Deutschland unter den eingewanderten Türken bisher so stark nicht zu finden. Insofern haben wir es nicht nur mit einer Frage der Religion zu tun.

Mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden sprach Detlef David Kauschke.

Interview

»Solange die Hamas nicht entwaffnet ist, sollte kein Cent deutsches Steuergeld nach Gaza fließen«

Der Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter (CDU) über die Entwaffnung der Hamas, den Rüstungsstop der Bundesregierung, einen Staat Palästina und die Zukunft der UNRWA

von Philipp Peyman Engel  15.10.2025

Friedens-Erklärung

»Trump-Erklärung für dauerhaften Frieden und Wohlstand« im Wortlaut

Die Staatschefs der USA, Katars, Ägyptens und der Türkei haben ein Dokument unterzeichnet, das die geltende Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas festigen soll. Die Erklärung im Wortlaut

 15.10.2025

Berlin

CDU/CSU will wieder unbeschränkte Rüstungsexporte nach Israel

CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann: Die Lieferbeschränkungen müssen fallen

von Michael Fischer  15.10.2025

Krieg

Trump: Die Hamas muss entwaffnet werden - notfalls mit Gewalt

Erst am Montag hatte US-Präsident Trump gesagt, dass viele Staaten im Nahen Osten die Hamas entwaffnet sehen möchten. Nun macht er klar: Gegebenenfalls auch durch US-Soldaten

 15.10.2025

Potsdam

Kein Parteiausschluss für Antisemitismusbeauftragten Büttner

Warum die Landesschiedskommission einen Ausschluss des Antisemitismusbeauftragten von Brandenburg einstimmig ablehnt – und was seine Israel-Solidarität mit dem Streit in der Linken zu tun hat

 15.10.2025

Terror

Hamas gibt die Leichen von Tamir Nimrodi, Uriel Baruch und Eitan Levy zurück

Die vierte Leiche ist ein Palästinenser

 15.10.2025 Aktualisiert

Kommentar

Europa ist im Nahen Osten bedeutungsloser denn je

Während die USA unter Präsident Donald Trump keinen Zweifel darüber haben aufkommen lassen, wo es steht, hat Europa komplett versagt

von Daniel Neumann  13.10.2025

Gaza

Hamas kündigt Fortsetzung des Terrors gegen Israel an

Die Hamas will Israel weiterhin zerstören und einen islamischen Staat errichten

 13.10.2025 Aktualisiert

Berlin

Merz: »Der Krieg in Gaza ist zu Ende«

Der Kanzler würdigt den 13. Oktober als historischen Tag. Er hofft nun, dass von der Waffenruhe im Gazastreifen auch ein Signal in ein anderes Kriegsgebiet ausgeht

 13.10.2025