Extremismus

Die Brandmauer bröckelt: Antisemitismusbeauftragter kritisiert Friedrich Merz

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein Foto: imago images/Metodi Popow

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat in deutlichen Worten Friedrich Merz‹ Äußerungen zur Zusammenarbeit der CDU mit der rechtsextremen AfD auf kommunaler Ebene kritisiert.

»Die AfD hat sich als Partei bis heute nicht klar von Äußerungen eines ihrer Spitzenpolitiker distanziert, der die deutsche Erinnerungskultur als ›lähmend‹ bezeichnete, eine Abkehr von ihr fordert und zugleich das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin als ›Denkmal der Schande‹ bezeichnete«, betont Felix Klein im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen.

»Ein anderer Spitzenpolitiker hat die Verbrechen des Nationalsozialismus in Deutschland relativiert, indem er diese Zeit als ›Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte‹ bezeichnete«, so der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus weiter.

ABGRENZUNG »Nach meinem Verständnis ist eine deutliche, unmissverständliche Abgrenzung zu den Verbrechen der NS-Zeit und die Übernahme der deutschen historischen Verantwortung die Grundlage für unsere heutige freiheitliche, demokratische Gesellschaft und jegliches verantwortungsvolles politisches Handeln auf allen Ebenen, auch in den Kommunen«, stellte Klein klar. »Insofern finde ich eine Zusammenarbeit problematisch und in vielen Bereichen nicht vorstellbar.«

Klein reagiert damit auf Äußerungen des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz, der am Sonntag im ZDF-Sommerinterview gesagt hat, Kommunalpolitik sei etwas anderes als Landes- und Bundespolitik. Wenn jetzt in Thüringen ein Landrat und in Sachsen-Anhalt ein Bürgermeister von der AfD gewählt worden sei, dann seien das demokratische Wahlen. »Das haben wir doch zu akzeptieren. Und natürlich muss in den Kommunalparlamenten dann auch nach Wegen gesucht werden, wie man gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet.«

Nach deutlicher Kritik - auch aus den eigenen Reihen - an seinen AfD-Äußerungen hat der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz eine Kooperation mit den Rechtspopulisten in den Kommunen klar abgelehnt. Er schrieb am Montag auf Twitter: »Um es noch einmal klarzustellen, und ich habe es nie anders gesagt: Die Beschlusslage der CDU gilt. Es wird auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD geben.«

Der Oppositionsführer im Bundestag teilte am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin zudem mit, die Union sage den Wählerinnen und Wählern ganz klar, dass jede Stimme für die AfD eine verlorene Stimme sei, weil sie am Ende Rot-Rot-Grün oder Ampel-Regierungen möglich mache. »Richtig ist aber auch: In den Kommunen fällt die Umsetzung nicht überall so leicht wie in den Landtagen, im Bundestag oder im Europaparlament.« Allein darauf habe er im Sommerinterview hingewiesen.

Für sein Sommerinterview zog sich Merz Kritik auch in den eigenen Reihen zu - etwa bei den Wahlkämpfern in Hessen und Bayern, wo im Oktober neue Landtage gewählt werden. »Für die CDU Hessen kann ich sehr klar sagen, dass die Brandmauer ganz klar steht. Das sind keine Partner von uns, mit denen arbeiten wir nicht zusammen«, sagte Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) im ZDF-»Morgenmagazin«.

Eine ähnliche Ansage kam von der CSU aus München: »Wir sind ganz klar gegen jede Form der Kooperation mit der AfD, egal ob auf europäischer, auf Bundes-, auf Landes- oder gar auf kommunaler Ebene«, sagte Parteichef Markus Söder nach einer Vorstandssitzung. Er betonte: »Ein Nein heißt ein Nein.« Da gebe es keine Relativierung.

In einem Beschluss des Parteivorstands von 2019 heißt es: »Jeder, der in der CDU für eine Annäherung oder gar Zusammenarbeit mit der AfD plädiert, muss wissen, dass er sich einer Partei annähert, die rechtsextremes Gedankengut, Antisemitismus und Rassismus in ihren Reihen bewusst duldet. (...). Die CDU lehnt jegliche Koalitionen oder ähnliche Formen der Zusammenarbeit mit der AfD ab.« ja

Jerusalem

Israel stuft diplomatische Beziehungen mit Brasilien herunter

Die Auseinandersetzung beider Länder über den Gazakrieg war bereits im vergangenen Jahr eskaliert. Der brasilianische Präsident hatte Israels Militäreinsatz in Gaza mit dem Holocaust verglichen

 26.08.2025

Antisemitismus

Europäische Unis sind Hotspots des Judenhasses

Ein neuer Bericht zeichnet ein dramatisches Bild der Lage an europäischen Hochschulen: Jüdische Studierende seien mit einem »Klima der Angst und Ausgrenzung« konfrontiert

von Michael Thaidigsmann  26.08.2025

Canberra

Australien weist iranischen Botschafter nach Angriffen aus

Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg weist Australien einen Botschafter aus: Der Iran soll antisemitische Attacken auf jüdische Einrichtungen im Land gesteuert haben

 26.08.2025

Washington

Donald Trump: Der Krieg in Gaza endet in zwei bis drei Wochen

Der US-Präsident spricht von einer ernsthaften »diplomatischen Initiative«, die derzeit laufe, um den fast zwei Jahre andauernden Konflikt zu beenden

 26.08.2025

Kundgebung

Botschaft warnt vor israelfeindlicher Großdemo in Frankfurt

Stadt, Polizei und Justiz müssten entschieden einschreiten, damit es »nicht erneut eine Judenjagd auf den Straßen Frankfurts« gibt

von Imanuel Marcus  26.08.2025

Brüssel

Kampagne gegen die Beauftragte

Linke Europaabgeordnete fordern die Entlassung der Antisemitismusbeauftragten der EU-Kommission. Aus den jüdischen Gemeinden kommt nun massiver Gegenwind

von Michael Thaidigsmann  25.08.2025

Oberammergau

»Judenfreund«: Regisseur Stückl beklagt Anfeindungen

Christian Stückl leitet die berühmten Passionsspiele in Oberbayern. Lange wurde er dafür gewürdigt, das Werk von judenfeindlichen Passagen befreit zu haben. Nun dreht sich der Wind

 25.08.2025

Osnabrück

Schriftsteller Leon de Winter irritiert über Ausladung von Festival

Die örtliche jüdische Gemeinde hatte seinen geplanten Auftritt kurzfristig gestrichen – Begründung: Der Autor habe in seiner Kolumne die AfD »verharmlost«

 26.08.2025 Aktualisiert

New York

Jüdische Krankenschwester verklagt Krankenhaus wegen Diskriminierung

Die Pflegerin wirft der Klinik vor, sie nach pro-israelischen Beiträgen in sozialen Medien schikaniert und finanziell bestraft zu haben

 25.08.2025