München

»Die AfD ist die stärkste Bedrohung für jüdische Menschen in Deutschland«

IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch Foto: Marina Maisel

Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, hat die »demokratischen Parteien der Mitte« im Bundestag kritisiert. Diese hätten sich bei der Debatte um den Entschließungsantrag der Union zur Migrationspolitik »selbst blockiert«.

»Da kann und will ich niemanden ausnehmen, denn eigentlich darf es zu solchen Abstimmungen gar nicht kommen«, sagte Knobloch gegenüber der Jüdischen Allgemeinen. Sie meinte das Votum am Mittwoch vorvergangener Woche, als die zumindest in Teilen rechtsextremistische AfD mit der Union und der FDP für eine Verschärfung des Asylrechts stimmte.

»Die Mitte steht untereinander im Wettbewerb, gerade jetzt im Wahlkampf, aber sie steht eben auch in der Pflicht, die Ränder klein zu halten«, so die 93-jährige Holocaust-Überlebende.

»Dysfunktionale Politik«

»In erster Linie aber kommt es auf die Wählerinnen und Wähler an«, erklärte sie. »Sie sind es, die den Rechtsextremisten Macht verschaffen – oder eben nicht. Wer Rechtsextreme wählt, der bekommt dysfunktionale Politik ohne Lösungen.«

Lesen Sie auch

Ängste und Sorgen, die von vielen anderen Vertretern der jüdischen Gemeinschaft in der Bundesrepublik geäußert wurden, könne sie gut nachvollziehen, sagte Charlotte Knobloch. »Denn die Gefahr ist längst konkret, und die letzte Woche war alles andere als Werbung für die Konfliktkompetenz unserer demokratischen Parteien.«

»Die AfD ist heute die stärkste Bedrohung für jüdische Menschen in Deutschland, weil sie in unseren Parlamenten sitzt und konkret Einfluss ausübt. Sie erhält staatliche Gelder und stärkt ihre antidemokratischen Strukturen. Schon jetzt sehen wir den Schaden, den sie anrichtet, etwa in der Erinnerungskultur, die die AfD seit Jahren gezielt attackiert. Darüber hinaus verbreitet sie einen zerstörerischen Antisemitismus«, sagte die frühere Präsidentin des Zentralrates der Juden dieser Zeitung.

»Besorgt und verunsichert«

Auf die aktuellen Umfragen reagierte Charlotte Knobloch »besorgt, verunsichert, verärgert, wütend – so wie schon seit zehn Jahren«.

»Am Ende bleibt es dabei: Die Verantwortung liegt beim Wähler. Für die eigene Stimme, aber auch für das eigene Umfeld. Wer Gefahren für die Demokratie sieht und nichts unternimmt, der handelt fahrlässig. Nichtstun ist ein Luxus, den sich die jüdische Gemeinschaft nie leisten konnte.«

Existenzrecht Israels

Objektive Strafbarkeitslücke

Nicht die Gerichte dafür schelten, dass der Gesetzgeber seine Hausaufgaben nicht macht. Ein Kommentar

von Volker Beck  23.11.2025

Dortmund

Ermittlungen gegen Wachmann von NS-Gefangenenlager 

Die Polizei ermittelt gegen einen Ex-Wachmann des früheren NS-Kriegsgefangenenlagers in Hemer. Er soll an Tötungen beteiligt gewesen sein - und ist laut »Bild« inzwischen 100 Jahre alt

 22.11.2025

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Kommentar

Wenn Versöhnung zur Heuchelei wird

Jenaer Professoren wollen die Zusammenarbeit ihrer Universität mit israelischen Partnern prüfen lassen. Unter ihnen ist ausgerechnet ein evangelischer Theologe, der zum Thema Versöhnung lehrt

von Tobias Kühn  21.11.2025

Kommentar

Martin Hikel, Neukölln und die Kapitulation der Berliner SPD vor dem antisemitischen Zeitgeist

Der bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025