Herr Knigge, Sie haben jüngst in der Gedenkstätte Buchenwald den AfD-Politiker Stephan Brandner getroffen. Warum haben Sie das Gespräch gesucht?
Wir haben das Gespräch nicht initiiert. Er hat sich als Bundestagsabgeordneter aus Thüringen an uns gewandt und bat um ein Gespräch.
Nun fand das Gespräch statt. Welche Bilanz ziehen Sie?
Es war instruktiv, man konnte viel über die AfD lernen. Herr Brandner hat sich einerseits eindeutig hinter Björn Höckes völkisch-nationalistische Positionen gestellt. Andererseits hat er bestritten, dass in der AfD geschichtsrevisionistische Positionen zu finden sind. Was es an nachweisbaren völkischen, rassistischen und auch antisemitischen Positionen gibt, das hat er als Einzelphänomene abgetan.
Haben Sie denn eine Distanzierung erwartet? Gehört Brandner nicht eher selbst in den Fokus der Kritik?
Ja, das hat sich bestätigt. Wer sagt, dass zwischen ihn und Herrn Höcke kein Blatt Papier passt, gehört genau in diese Richtung. Herr Höcke ist ja die zentrale Figur derer, die die Vergangenheitspolitik um 180 Grad drehen möchten. Und Herr Brandner selbst pflegt ja eine sehr abfällige Sprache, wenn es um politische Gegner oder Landesprogramme gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus geht.
Viele Schoa-Überlebende haben schon frühzeitig ihre Befürchtungen geäußert, dass die AfD die Ausrichtung der Gedenkstättenarbeit beschädigen könnte. Erweisen sich die Ängste als berechtigt?
Die Befürchtungen muss man mehr als ernst nehmen. Es wäre ja widersinnig, Positionen ein Forum zu bieten, die mindestens zur Vorgeschichte des Nationalsozialismus gehören.
Was tun?
Beispielgebend war die Gedenkstätte Bergen-Belsen in Niedersachsen. Dort haben die demokratischen Parteien im Landtag einen Konsens gefunden, dass das Stiftungsgesetz so geändert wird, dass die AfD außen vor bleibt. Wer sollte auch sonst eine Gedenkstätte noch für glaubwürdig halten? Wir haben uns auch sehr gefreut, dass wir mit unserer Kritik große Zustimmung der Überlebendenverbände, etwa des Internationalen Buchenwald-Komitees, erhalten haben.
Halten Sie die AfD für Teil einer Schlussstrich-Bewegung, die mit den NS-Verbrechen nichts mehr zu tun haben möchte?
Es ist extremer. Die braunen Flecken auf dem Hemd der AfD sind ja nicht zu übersehen. Die Partei steht für mehr als nur für den Schlussstrich, sie will eine andere politische Ordnung, sie steht außerhalb des Verfassungskonsenses. Sie betreibt eine völkisch-nationalistische Politik, wie sie ähnlich in der Zwischenkriegszeit betrieben wurde und die schon einmal in die Katastrophe geführt hat.
Mit dem Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora sprach Martin Krauß.