Nahost

»Der härteste Deal der Welt«

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu zu Gast bei US-Präsident Donald Trump am 15. Februar in Washington Foto: Reuters

Wenn ihr wollt, ist es kein Traum, sagte Theodor Herzl, Begründer des Zionismus, einst zu seiner Vision eines jüdischen Staates.

Fast 70 Jahre, nachdem dieser Traum mit der Gründung des Staates Israel Wirklichkeit geworden ist, machte US-Präsident Donald Trump deutlich, dass für ihn statt eines jüdischen Staates auch ein binationaler jüdisch-arabischer Staat vorstellbar wäre. Ob einer oder zwei Staaten, er könne mit beiden Lösungen leben, sagte Trump bei seinem Treffen mit Israels Premier Benjamin Netanjahu Mitte Februar in Washington.

zweistaatenlösung Beobachter werteten dies zwar nicht als endgültige Absage an eine Zweistaatenlösung, wohl aber als Abkehr von der bisher von Barack Obama favorisierten Option. Während Trumps Präsidentschaft ist bislang noch nicht die Rede davon gewesen, dass man das Streben der Palästinenser nach einem eigenen Staat unterstützen will. Auch benutzte er noch nicht die Formel »Zwei Staaten für zwei Völker«. Doch mit welcher Strategie will Trump Israelis und Palästinenser wieder an einen Tisch bringen?

Das versuchte auch der bekannte Anwalt Alan Dershowitz zu erkunden, der sich im März mit dem Präsidenten in einem Restaurant in Florida traf, um Fragen des Nahostkonflikts zu diskutieren. Dershowitz, erklärter Anhänger der Demokraten, sagte anschließend, er sei über die Detailkenntnisse Trumps in den relevanten Fragen – Jerusalem, Flüchtlinge, Sicherheit – erstaunt gewesen. Und der Präsident habe ihm gegenüber auch unmissverständlich ausgedrückt, dass er unbedingt eine Friedenslösung erreichen will.

Dazu entsendet Trump nun seinen Sonderbeauftragten Jason Greenblatt in die Region. Er ist derzeit ständig unterwegs, um – wie jüngst beim Arabischen Gipfel in Jordanien – die Chancen für eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche auszuloten.
Unterdessen empfängt der US-Präsident Gäste aus dem Nahen Osten im Weißen Haus, Anfang des Monats zum Beispiel den ägyptischen Präsidenten Abdel-Fattah al-Sisi.

Dabei erörterten die beiden die Idee eines internationalen Friedensgipfels, der im Spätsommer in Washington abgehalten werden könnte. »Sie, Mr. President, können eine Lösung finden«, schmeichelte der Gast aus Kairo und erläuterte dann die Pläne einer ägyptisch-jordanischen Initiative.

verhandlungen Einige Tage nach Sisi traf Trump den jordanischen König Abdullah. Auch mit ihm besprach er die Optionen direkter Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien. Sie sollen von Israel mit einer Reihe vertrauensbildender Maßnahmen eingeleitet werden, etwa einer lange verschobenen Freilassung palästinensischer Gefangener aus israelischer Haft und einem kompletten Moratorium für den Siedlungsbau, hieß es danach.

Gesten sind das eine, klare Strategien das andere. Letztere sind bei Trumps Nahostpolitik nur zu erahnen. Da sind der neue US-Botschafter in Israel, David Friedman, sowie Nikki Haley, US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, schon deutlicher. Sie sagen, dass sie Befürworter der Zweistaatenlösung sind, aber auch über andere kreative Lösungen nachdenken.

Netanjahu spricht übrigens von neuen Wegen und Ideen, den Friedensprozess voranzubringen. Er glaubt, dabei arabische Partner mit einbinden zu können, und denkt an sunnitische Staaten, die mit Israel einen gemeinsamen Feind haben: den Iran. Kairo und Riad könnten Ramallah zu Konzessionen bewegen und die Palästinenser wieder zu direkten Friedensverhandlungen bringen, so hofft der Premier. Allerdings hat die arabische Welt mehrmals klargestellt, dass es keine Normalisierung der Beziehungen mit Israel geben kann, solange die Palästinenser keinen eigenen Staat erhalten.

Dennoch: Trump scheint von Netanjahus Ideen angetan. Einen Besuch Israels könnte der Präsident mit der Teilnahme an einem Friedensgipfel verbinden – in Jordanien oder anderswo in der Region. Alternativ könnte er auch Abbas und Netanjahu zur Wiederaufnahme direkter Gespräche ins Weiße Haus einladen.

kooperation Mit Mahmud Abbas will Trump seine Idee schon einmal besprechen, wenn der voraussichtlich am 3. Mai zu Gast in Washington sein wird. Nach einem ersten Telefonat Mitte Februar erklärte der Palästinenserpräsident seine volle Kooperation auf dem Weg zu einem gerechten Frieden, der Sicherheit und Stabilität garantiere. Solche Rhetorik kennt man vom ihm. Mal sehen, wie er auf konkrete Forderungen reagiert.

Alles in allem keine leichte Aufgabe. Aber zumindest darüber scheint sich Trump im Klaren zu sein, der mit Blick auf eine Friedenslösung vom »toughest deal in the world« gesprochen hat. Er will ihn schaffen, dieser Deal soll kein Traum bleiben. Doch ist und bleibt der US-Präsident dabei für Überraschungen gut, wie er unlängst mit der Kehrtwende in der Syrienpolitik oder seinem klaren Bekenntnis zum Militärbündnis der NATO unter Beweis stellte.

Israel sollte sich auf alle Eventualitäten einstellen, auch wenn Trump dem jüdischen Staat seine volle und uneingeschränkte Unterstützung zugesichert hat. Abschließend daher noch ein Zitat von Theodor Herzl: »Nichts ist so schlimm, wie wir fürchten, nichts so gut, wie wir hoffen.«

Der Autor ist Redakteur der Online-Zeitung »The Times of Israel«.

Kommentar

Wer Glaubenssymbole angreift, will Gläubige angreifen

Egal ob abgerissene Mesusot, beschmierte Moscheen oder verwüstete Kirchen: Politik und Religion werden zurzeit wieder zu einem hochexplosiven Gemisch. Dabei sollte man beides streng trennen

 29.12.2025

Großbritannien

Freigelassener Demokratie-Aktivist rief zum Mord an »Zionisten« auf

Der Brite Alaa Abdel Fattah galt als Held der ägyptischen Demokratiebewegung. Doch nach seiner Freilassung und Ankunft in London kamen judenfeindliche Tweets ans Licht. Jetzt wird seine Abschiebung gefordert

von Christoph Meyer, Johannes Sadek  29.12.2025

Teheran

Iran schießt mit russischer Hilfe drei Satelliten ins All

Im Mullah-Staat machen Gerüchte über einen möglichen neuen Militärkonflikt mit Israel die Runde. Mit Raumfahrtprojekten will das Land Stärke demonstrieren

 28.12.2025

Berlin

Mehr Demonstrationen mit Nahost-Bezug

Auf den Straßen der Hauptstadt ist 2025 weniger demonstriert worden, die Kundgebungen mit Bezug zum Nahen Osten haben jedoch zugenommen

 28.12.2025

Berlin

»Jeder sollte sich überlegen, ob er mit dem Teufel ins Bett geht«

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, hält Koalitionen mit der AfD auf Länderebene für gefährlich

 27.12.2025

Genua

Italien geht gegen mutmaßliches Hamas-Netzwerk vor

Die Ermittler decken ein Netzwerk zur Unterstützung der islamistischen Terrororganisation auf

 27.12.2025

Berlin

Wadephul: Keine deutsche Beteiligung an Gaza-Stabilisierungstruppe

Er sei dafür, »dass Deutschland eine vermittelnde Rolle einnimmt, um der Sicherheit Israels Rechnung zu tragen«, so der Außenminister

 26.12.2025

Istanbul

Türkei nimmt 115 mutmaßliche IS-Mitglieder fest

Die Verdächtigen sollen Anschläge während der Weihnachts- und Neujahrszeit geplant haben

 25.12.2025

Australien

Mann solidarisiert sich mit Sydney-Attentätern – Festnahme

Bei dem Verdächtigen wurden Einkaufslisten für den Bau einer Bombe und Munition gefunden. Es erging bereits Anklage

 24.12.2025