Schoa

Der erste Schritt zu den Gräueln des Holocaust

Eingangstor der KZ-Gedenkstätte Dachau Foto: dpa

Es gibt Orte, die sind im kollektiven Gedächtnis untrennbar mit historischen Ereignissen verbunden: So wie das oberbayerische Dachau, wenn auch aus einem denkbar schrecklichen Grund. Vor 90 Jahren, am 22. März 1933, wurde dort, auf dem Gelände einer ehemaligen Munitionsfabrik, das erste NS-Konzentrationslager eingerichtet.

Der damals noch wenig bekannte NSDAP-Funktionär Heinrich Himmler hatte zuvor von einer notwendigen Maßnahme gesprochen. In Dachau sollten »die gesamten kommunistischen - und soweit notwendig: Reichsbanner- und marxistischen - Funktionäre, die die Sicherheit des Staates gefährden, zusammengezogen« werden. Das Lager sollte zunächst etwa 5000 Menschen aufnehmen.

Was in Dachau mit 150 Häftlingen begann, gab den Auftakt zum wohl schlimmsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte. Millionen Menschen - vor allem Juden, Sinti und andere ethnische Minderheiten sowie politische Gegner des NS-Staates - wurden in den Lagern inhaftiert und systematisch ermordet. Alleine in Dachauwaren in den zwölf Jahren, die das KZ bestand, über 200.000 Menschen weggesperrt; mindestens 41.500 wurden ermordet oder starben an Infektionskrankheiten.

Bei den Inhaftierten handelte es sich vor allem um politische Häftlinge, Sozialdemokraten, Kommunisten, aber auch regimekritische Journalisten und Künstler. Zudem gab es auf dem Lagerkomplex einen eigenen Priesterblock, in dem etwa 2720 Geistliche aus allen Konfessionen und mehreren Nationen untergebracht waren, der überwiegende Teil davon katholische Polen.

Nach Kriegsende setzte die mühsame Aufarbeitungs- und Erinnerungsarbeit an den Völkermord ein. Anders als in Auschwitz, wo der polnische Staat schon 1947 auf eine Gedenkstätte hinarbeiten konnte, wurde Dachau zunächst weiter genutzt: von der US-Militärregierung als Internierungslager für NS-Täter, dann ab 1948 von der Bayerischen Staatsregierung als Flüchtlingslager für Heimatvertriebene.

Dass sich Auschwitz und Dachau nach dem Krieg derart unterschiedlich entwickeln konnten, liegt auch an den verschiedenen Ausgangssituationen: Während im polnischen Oswiecim die Opfer des NS-Staates selbst über die Erinnerungskultur bestimmten, waren es in Dachau eben die Täter, die sich der Aufarbeitung ihrer Verbrechen stellen mussten. Und die Deutschen wollten nach 1945 zunächst nichts mehr von der Nazi-Zeit wissen.

So ging auch die Einrichtung eines Erinnerungsortes in Dachau auf die Initiative von KZ-Überlebenden zurück, die sich 1955 offiziell zum Comite International de Dachau (CID) - die Vereinigung hatte zuvor schon im Geheimen existiert - zusammenfanden. Das Vorhaben stieß seinerzeit auf erheblichen Widerstand, insbesondere von Funktionären der CSU.

Erst ein damals fast undenkbares Bündnis, dem unter anderen der CSU-Politiker Alois Hundhammer, der Kommunist Otto Kohlhofer sowie der Münchner Weihbischof Johannes Neuhäuser angehörten, konnte für eine Einigung sorgen. Zehn Jahre nach CID-Gründung, im Mai 1965, wurde die Gedenkstätte mit der ersten Ausstellung geöffnet.

Aufgrund seines Vorbildcharakters für die anderen Lager sowie der Bestandsdauer von zwölf Jahren gehört Dachauwohl neben Auschwitz zu den namentlich bekanntesten Lagern der Nazi-Zeit. Davon konnte die Gedenkstätte zwar in gewisser Weise profitieren. Gleichzeitig bedauerte manch einer, dass sich mit deren Einrichtung der Blick auf die bayerische Mittelstadt Dachau verengte.

Zum 90. Jahrestag am 22. März wird in Dachau eine Ausstellung der Arbeitsgemeinschaft »Gedenkstätten an Orten früher Konzentrationslager« eröffnet. Diese startete bereits am 28. Februar in der Dauerausstellung »Topographie des Terrors« in Berlin.

»Heute kennen viele Menschen die Namen der großen Konzentrations- oder Vernichtungslager wie Buchenwald oder Auschwitz, aber nur wenige haben schon einmal von den sogenannten frühen Konzentrationslagern wie Ahrensbök oder Breitenau gehört«, heißt es im Ankündigungstext. Das Projekt soll die Geschichte weniger bekannter Lager beleuchten. Denn Gewalt, Terror und Tod reichten weit über Dachau und Auschwitz hinaus.

Berlin

Friedrich Merz besucht Israel

Als Kanzler ist es sein erster Aufenthalt im jüdischen Staat. Die Beziehungen hatten zuletzt unter Druck gestanden

 25.11.2025

TV-Tipp

Ein äußerst untypischer Oligarch: Arte-Doku zeigt Lebensweg des Telegram-Gründers Pawel Durow

Der Dokumentarfilm »Telegram - Das dunkle Imperium von Pawel Durow« erzählt auf Arte und in der ARD-Mediathek die Geschichte der schwer fassbaren Messengerdienst-Plattform-Mischung und ihres Gründers Pawel Durow

von Christian Bartels  25.11.2025

Israel

Antisemitismus-Beauftragter wirft Sophie von der Tann Verharmlosung der Hamas-Massaker vor

Die ARD-Journalistin soll in einem Hintergrundgespräch gesagt haben, dass die Massaker vom 7. Oktober eine »Vorgeschichte« habe, die bis zum Zerfall des Osmanischen Reiches zurückreiche

 25.11.2025

Interview

»Weder die Verwaltung noch die Politik stehen an meiner Seite«

Stefan Hensel hat seinen Rücktritt als Antisemitismusbeauftragter Hamburgs angekündigt. Ein Gespräch über die Folgen des 7. Oktober, den Kampf gegen Windmühlen und kleine Gesten der Solidarität

von Joshua Schultheis  25.11.2025

Ramallah

Nach Hammer-Angriff auf Israeli - mutmaßlicher Täter getötet

Vor mehr als einem Jahr kam ein israelischer Wachmann im Westjordanland bei einem Angriff ums Leben. Seitdem haben israelische Sicherheitskräfte nach dem flüchtigen Täter gesucht

 25.11.2025

Orange Day

Palina Rojinski spricht über Gewalt in früherer Beziehung

Wie viele Frauen hat auch die Moderatorin einst in einer Beziehung Gewalt durch ihren Partner erfahren. Darüber spricht sie nun auf Instagram. Sie will anderen Mut machen, sich Hilfe zu holen

 25.11.2025

Entscheidung

Berlin benennt Platz nach Margot Friedländer

Jahrzehntelang engagierte sich die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer für Aussöhnung. Nun erfährt die Berlinerin nach ihrem Tod eine besondere Ehrung

 25.11.2025

Hanau

Rabbiner antisemitisch beleidigt

Für die Gemeinde ist die Pöbel-Attacke kein Einzelfall

 25.11.2025

Berlin

RIAS: Polizei erfasst antisemitische Taten lückenhaft

Der Bundesverband sagt, es gebe strukturelle Probleme, Unsicherheiten im Umgang mit Betroffenen und ein insgesamt unzureichendes Bild antisemitischer Hasskriminalität in den offiziellen Statistiken

 25.11.2025