Meinung

Der beleidigte Professor

Professor Holm Putzke, der geistige Vater des Kölner Beschneidungsurteils, ist wahrlich ein fleißiger Mann. Wenn er nicht gerade Strafrecht an der Uni Passau lehrt, kämpft er für die Vorhaut der anderen. Um sie zu schützen, widmet er ihr nicht nur unzählige Vorträge, Aufsätze und Rezensionen. Auch Gelegenheiten, der Beschneidung etwas breitenwirksamer – mal in Talkrunden, mal in Interviews – entgegenzutreten, lässt er sich nur selten entgehen.

Erstaunlich genug also, dass er bei alledem noch Zeit dafür findet, Strafanzeige gegen Personen zu erstatten, von denen er sich in der Beschneidungsdebatte beleidigt fühlt. Als ihn etwa im Juli 2012 ein anonymer Facebook-Nutzer in einer privaten Nachricht als »kleines dreckiges Vorhautschwänzchen« bezeichnete, sah Putzke wohl rot. Er erstattete Anzeige gegen Unbekannt, die Justizbehörden begannen zu ermitteln. Schließlich stießen sie auf einen 15-jährigen jüdischen Jugendlichen aus München, der diese Zeilen verschickt und sich so der Beleidigung gemäß §185 StGB verdächtig gemacht haben soll.

Staatsschutz Eine Lappalie, könnte man meinen – nicht jedoch in den Augen der Münchner Justizbehörden, die aufgrund dessen um sechs Uhr morgens das Zimmer des Teenagers in der elterlichen Wohnung durch Staatsschutzbeamte durchsuchen ließen. Staatsschützer, wohlgemerkt, die sich normalerweise rechtsextremen Straftaten widmen. Die schockierte Familie des Jungen wehrte sich gegen die polizeilichen Maßnahmen – und bekam recht: Das Münchner Landgericht entschied, dass die Aktion rechtswidrig war.

Nun ist der passionierte Beschneidungsgegner Putzke nicht für das Verhalten der Behörden, sondern nur für seine eigene Strafanzeige verantwortlich. Natürlich steht es ihm frei, sich so gegen Beleidigungen zu wehren. Von Souveränität zeugt das allerdings nicht. Mag sein, dass er nicht wusste, welche Risiken sein selbst gewähltes Dasein als Person des öffentlichen Lebens, Talkshowgast und Kreuzritter im Namen der Kinderrechte bergen kann.

Doch wer die Beschneidung laufend als Körperverletzung, gar als Akt »religiöser Gewalt« tituliert und damit jüdische ebenso wie muslimische Eltern zu Kinderschändern stempelt, sollte vielleicht auch dementsprechend einstecken können. Vor allem, wenn Beleidigungen im nicht öffentlichen Rahmen privater Nachrichten fallen; allerdings auch mit Blick darauf, dass nicht nur Juristen, sondern auch Juden und Muslime sich beleidigt fühlen könnten.

Die Autorin ist Politikwissenschaftlerin und freie Journalistin.

Regierung

Mit Davidstern ins Kabinett

Karin Prien wird Deutschlands erste Bundesministerin mit jüdischen Wurzeln. Erst seit wenigen Jahren spricht die CDU-Politikerin öffentlich über ihre Familiengeschichte

von Michael Thaidigsmann  30.04.2025

Iran

Mullahs lassen angeblichen Mossad-Informanten hinrichten

Die Zahl der Hinrichtungen hat in den vergangenen Jahren drastisch zugelegt

 30.04.2025

Buenos Aires

Argentinien stellt Dokumente über geflohene Nazis online

Viele hochrangige Nationalsozialisten flohen nach dem Zweiten Weltkrieg vor Strafverfolgung – vor allem nach Südamerika. In Argentinien sind Dokumente zu den NS-Tätern nun digital zugänglich

 30.04.2025

Hanau

Antisemitisches Plakat an Schule: Staatsschutz ermittelt

In einem angrenzenden Park gab es eine Veranstaltung der Jüdischen Gemeinde. Besteht ein Zusammenhang?

 30.04.2025

Jom Hasikaron

Israel gedenkt der Terroropfer und Kriegstoten

Seit dem 7. Oktober 2023 sind 850 israelische Soldaten und 82 Sicherheitskräfte getötet worden

 30.04.2025

Josef Schuster

»Was bedeutet die Schoa heute noch für Deutschland?«

In seiner Rede zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Bergen-Belsen reflektiert der Zentralratspräsident die Herausforderungen und Gefahren, vor denen die Erinnerung an die Schoa heute steht. Eine Dokumentation

von Josef Schuster  29.04.2025

Mauthausen

Überlebenswunderkind Eva Clarke: Geburt im KZ vor 80 Jahren

Es war eines der größten und gefürchtetsten Konzentrationslager der Nazizeit. Im Mai 1945 wurde es von US-Soldaten befreit. Unter den Überlebenden waren eine Mutter und ihr Neugeborenes

von Albert Otti  29.04.2025

Umfrage

Mehrheit hält AfD wegen deutscher Geschichte für unwählbar

Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes fragt die »Memo«-Studie Menschen in Deutschland nach dem Blick zurück

 29.04.2025

Potsdam

Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert besseren Schutz für Synagoge

Vermutlich wurde in Halle ein zweiter Anschlag auf die Synagoge verhindert. Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert deshalb dazu auf, auch die Potsdamer Synagoge besser zu schützen

 29.04.2025