Interview

»Das ist plumpe Symbolpolitik«

Bijan Djir-Sarai über die UNESCO, die palästinensischen Interessen und die EU

von Martin Krauss  01.11.2011 18:19 Uhr

Bijan Djir-Sarai Foto: fdp-bundestagsfraktion

Bijan Djir-Sarai über die UNESCO, die palästinensischen Interessen und die EU

von Martin Krauss  01.11.2011 18:19 Uhr

Herr Djir-Sarai, die UNESCO führt Palästina als Vollmitglied. Begrüßen Sie den Beschluss der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur?
Nein, die deutsche Entscheidung, mit Nein zu stimmen, war völlig richtig. Der Beschluss, den die UNESCO gefällt hat, dient nicht dem Frieden. Das Ziel muss doch eine Zweistaatenlösung sein, und die kann man nur auf dem Verhandlungswege erreichen. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas wäre gut beraten, wenn er sich wieder auf wahre Verhandlungen mit Israel einließe und so Fortschritte erreichte.

Das Gegenargument lautet ja: Der Westen soll Abbas stärken, das schwächt dann die Hamas. Was halten Sie davon?
Ich kenne dieses Argument schon lange. Natürlich ist es von Bedeutung, dass bei den Verhandlungen starke Partner am Tisch sitzen. Aber der Nachweis der Richtigkeit dieses sehr alten Arguments, der fehlt mir. Das hat historisch noch nie zu etwas geführt.

Was bedeutet die Aufnahme denn für die UNESCO?
Sie hat sich damit geschadet: politisch und finanziell. Die USA stellten ja sofort die Zahlung an die Organisation ein. Und die USA bestreiten den größten Teil des Budgets.

Sollte Deutschland auch die Zahlungen einstellen?
In den USA ist die Rechtslage eindeutig. Die Gesetze schreiben vor, dass kein Geld mehr fließen darf, wenn die UNESCO Palästina vor einem Friedensvertrag anerkennt. Diese Rechtslage haben wir in Deutschland ja nicht.

In den USA ist es nicht nur die Rechtslage, auch der politische Wille geht dahin, kein Geld mehr zu zahlen. Wie sollte es mit dem deutschen politischen Willen aussehen?
Die UNESCO macht wirklich sinnvolle Dinge in aller Welt, was die Förderung der Kultur und der Bildung angeht. Deshalb wäre ein solcher Schritt aus deutscher Sicht falsch.

Die EU hat sich bei der UNESCO-Abstimmung sehr uneinheitlich präsentiert: Deutschland dagegen, Großbritannien und Italien enthielten sich, Frankreich stimmte sogar dafür.
Die EU bleibt dennoch ein wichtiger Akteur im Nahen Osten, unabhängig von diesen Dissonanzen. Schließlich gehört die EU zum Nahost-Quartett und hat da oft dafür gesorgt, dass Israelis und Palästinenser an einen Tisch kommen. Das halte ich auch für wesentlich zielführender, als – wie Abbas – auf plumpe Symbolpolitik zu setzen.

Dennoch: Bei der wichtigen Frage, ob Palästina anerkannt werden soll – jetzt von der UNESCO, später von der UN – hat sich die EU nicht einheitlich präsentiert.
Die jetzige Entscheidung hat gezeigt, dass das große Projekt einer gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik noch viel komplexer ist, als wir alle uns das bislang vorgestellt haben.

Mit dem FDP-Bundestagsabgeordneten sprach Martin Krauß.

Porträt

Wer ist der Mann, der Assad gestürzt hat?

Abu Mohammed al-Golani hat sich oft gewandelt. Der Anführer des Aufstandes, der der jahrzehntelangen Diktatur der Familie Assad in Syrien binnen Tagen ein Ende setzte, hat jahrelang an seinem Image gearbeitet

von Kareem Chehayeb  10.12.2024

Jubiläum

100 Jahre Wohlfahrtsverbände - Politik lobt unverzichtbare Arbeit

Bundespräsident Steinmeier betonte, mit ihrer Arbeit und ihrer Solidarität stärkten die Wohlfahrtsverbände wie die ZWST auch die Demokratie

von Birgit Wilke  10.12.2024

Brandenburg

Holocaust-Gedenken soll ohne AfD stattfinden

Führende AfD-Vertreter hätten die Verbrechen des Nationalsozialismus verharmlost und die Ausrichtung der gegenwärtigen Erinnerungskultur massiv infrage gestellt

 10.12.2024

Meinung

Der Papst und sein einseitiges Mitgefühl für Judenfeinde

Das Jesus-Kind in ein Palästinensertuch einzuwickeln zeigt, dass der Vatikan seine Tradition verleugnet, um im Nahostkonflikt Partei zu ergreifen

von Maria Ossowski  10.12.2024

Meinung

Amnesty, Israel und die »Untermenschen«

Die Verleumdung Israels durch die Menschenrechtsorganisation ist einmal mehr beispiellos. Ein Kommentar von Wolf J. Reuter

von Wolf J. Reuter  10.12.2024

Stuttgart

Drei mutmaßliche Islamisten wegen Terrorplänen festgenommen

Zwei Brüder und ein junger Mittäter sollen sich ein Sturmgewehr besorgt und einen islamistischen Anschlag geplant haben. Einer ist gerade mal 15 Jahre alt

 10.12.2024

Universität

Unter Druck

An der FU Berlin wurde eine Ausstellung über antisemitische Pogrome abgesagt, weil man »emotionale Reaktionen« befürchtete. Es ist ein Fall, der sich in ein Muster fügt

von Chris Schinke  10.12.2024

Wuppertal

Haldenwang will Judenhass als Politiker bekämpfen

Dass der frühere Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz nun für den Bundestag kandidiert, hat auch mit dem Rechtsextremismus zu tun

 10.12.2024

Hannover

Nach Protesten jüdischer Gemeinden: Haus der Religionen sagt Veranstaltung mit Amnesty International ab

Die Organisation geriere sich derzeit als israelfeindlich – und dies mit einem antisemitischen Hintergrund

 10.12.2024