Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat dem Zentralrat der Juden in Deutschland zu dessen 75-jährigem Bestehen gratuliert. In den Jahrzehnten seit seiner Gründung am 19. Juli 1950 sei der Zentralrat »zu einer der wichtigsten politischen und gesellschaftlichen Stimmen in unserem Land und zu einer Säule der Demokratie geworden«, unterstrich Steinmeier in einem am Samstag online veröffentlichten Auszug aus einer Publikation des Zentralrats selbst zum Jubiläum.
»Er schafft Räume für jüdisches Leben und Identität, stärkt die jüdische Gemeinschaft und setzt sich bundesweit und international für ihre Interessen ein«, nannte das Staatsoberhaupt. Die gelungene Integration der jüdischen Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion seit 1991 wäre nach Steinmeiers Darstellung »ohne den Zentralrat nicht möglich gewesen«.
Zudem rege der Zentralrat wichtige Debatten etwa über Antisemitismus und Erinnerungskultur an. Er sei auch »ein unverzichtbarer Partner für Politik, Kultur, Zivilgesellschaft sowie Kirchen und Religionsgemeinschaften«.
Steinmeier: Zentralrat als Kämpfer gegen Antisemitismus
Steinmeier erinnerte an den zunehmenden Antisemitismus seit dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. »Hass und Hetze breiten sich auch in Deutschland aus«, räumte der Bundespräsident ein. Doch »nur wenn sich Jüdinnen und Juden in Deutschland vollkommen sicher fühlen können, ist dieses Land ganz bei sich«, machte Steinmeier deutlich. Der Zentralrat sei »ein entschlossener Kämpfer gegen Hass und Ausgrenzung, gegen Antisemitismus. Wir stehen dabei fest an seiner Seite«, versicherte der Bundespräsident.
Merz: »Jüdisches Leben ist ein Teil von uns.«
Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) stellte sich hinter den Zentralrat der Juden. Der Zentralrat erinnere daran, »was selbstverständlich sein sollte: Deutschland muss ein Schutzraum sein für Jüdinnen und Juden. Sorgen wir dafür«, schrieb Merz am Samstag auf der Plattform X. »Jüdisches Leben ist ein Teil von uns. Dass es vielfältig, selbstbewusst und hörbar ist, verdanken wir seit 1950 auch dem Zentralrat der Juden«, hieß es in dem Tweet des Regierungschefs.
Am 19. Juli 1950 gegründet
Der Zentralrat der Juden in Deutschland wurde am 19. Juli 1950 in Frankfurt am Main gegründet, fünf Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Massenmord an sechs Millionen Jüdinnen und Juden in Europa. Heute ist der Zentralrat die politische, gesellschaftliche und religiöse Vertretung der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland.
Der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, wertete das Jubiläum des Zentralrats in einer Mitteilung seiner Diözese als »bedeutendes Zeichen der Hoffnung und der Freude, aber auch der bleibenden Verantwortung«. Er habe in einem Schreiben an Zentralratspräsident Josef Schuster auf die Bedeutung des Zentralrats angesichts des »erschreckenden Ausmaßes an juden- und israelfeindlichen Einstellungen, aus denen auch handfeste Gewalt entsteht«, hingewiesen. Die Stimme des Zentralrats sei umso wichtiger, denn sie »mahnt, klärt auf und lädt zum Dialog ein«. Die katholische Kirche stehe »an der Seite unserer jüdischen Schwestern und Brüder«, versicherte Marx.
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, würdigte den Zentralrat der Juden als »verlässliches Gegenüber im jüdisch-christlichen Dialog« und bescheinigte ihm, der Einsatz für Verständigung, Erinnerung und eine lebendige jüdische Kultur sei »von unschätzbarem Wert«. Die Ratsvorsitzende versicherte zudem, die Evangelische Kirche in Deutschland stehe »mit Respekt und Verbundenheit an seiner Seite und mit dem festen Willen, gemeinsam für das Gute in unserer Gesellschaft einzutreten« epd