Hisbollah

Bomben und Pillen

Von der libanesischen Polizei beschlagnahmte Pharmaprodukte der Hisbollah Foto: dpa

Das Terrornetzwerk Hisbollah produziert und vertreibt auch gefälschte Medikamente. Das haben Forscher des Institute for Counter-Terrorism (ICT) im israelischen Herzliya herausgefunden. Die Islamisten nutzen ihr internationales Vertriebsnetz, das sie für ihre anderen »Geschäftsfelder«, beispielsweise Zigarettenschmuggel, Geldwäsche und Kreditkartenbetrug, aufgebaut haben, um die selbst hergestellten Tabletten auf den internationalen Arzneimittelmarkt zu bringen.

Das Geschäft mit den gefälschten Medikamenten ist relativ neu, heißt es in einer aktuellen Studie des ICT. Im Jahr 2006 hat die Hisbollah – teilweise mithilfe des Iran – die nötige Ausstattung bekommen, um Captagon-Tabletten herzustellen. Captagon ist der frühere Markenname eines Amphetamins, das im Sport als aufputschende Dopingsubstanz bekannt ist und einige Jahre lang bei der medikamentösen Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung ADHS eingesetzt wurde.

Schwarzmarkt Nach dem internationalen Verbot von Captagon entstand ein großer Schwarzmarkt. Gerade im Nahen Osten sind die Pillen weit verbreitet. Viele Dschihadisten, die gerade in Syrien kämpfen, nutzen Captagon als Aufputschmittel.

Die Tabletten der Hisbollah werden hauptsächlich in Fabriken in der libanesischen Bekaa-Ebene und in Baalbek hergestellt. Im August dieses Jahres konnte die libanesische Polizei rund vier Millionen Captagon-Tabletten sicherstellen, die für den syrischen Markt bestimmt waren. Das UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung spricht für das Jahr 2009 von fast 24 Tonnen konfiszierten Captagon-Pillen im Nahen Osten.

Der enorm hohe Profit ist dabei nur eine Motivation für das Engagement der Hisbollah im Pharmamarkt: Die Bestrafung für die Herstellung und den Handel gefälschter Medikamente ist deutlich geringer als bei Heroin oder Kokain. Und vor allem lassen sich gefälschte Medikamente eher in Einklang mit den eigenen religiösen Werten bringen. Laut Boaz Ganor, dem Direktor des ICT und Leiter der Studie, ist »Drogenhandel für eine islamische Organisation problematisch, denn der Handel mit Rauschgift widerspricht der islamischen Lehre«.

»Ungläubige« Für Captagon hingegen gibt es ein eigens darauf ausgerichtetes Urteil eines hohen schiitischen Geistlichen. Diese Fatwa gibt grünes Licht für die Herstellung und den Vertrieb der Pharmaka, solange darauf geachtet wird, dass diese nicht in Länder gelangen, in denen es eine schiitische Bevölkerungsmehrheit gibt. Captagon ist also nur für »Ungläubige« bestimmt.

Gleichwohl ist die Schiiten-Miliz nach wie vor auch am Schmuggel mit Heroin und Kokain beteiligt. Dabei profitiert die Hisbollah von erfolgreichen Verbindungen zur organisierten Kriminalität, beispielsweise zu dem berüchtigten Los-Zetas-Kartell in Mexiko. Von dort aus können Drogen und Medikamente über den gesamten amerikanischen Kontinent verteilt werden.

Die ausgefeilten Handelsrouten und die tatsächliche Herstellung von verkaufsfähigen Medikamenten sind »besorgniserregend«, meint Boaz Ganor. Getrickst wird bei den Wirkstoffen, den Zusatzstoffen, der Verpackung und dem Beipackzettel. Eine gesundheitliche Gefahr geht hauptsächlich von unzuverlässigen Inhaltsangaben der angebotenen Medikamente aus. Dies umso mehr, so die Forscher aus Herzliya, wenn die Herstellung in den Händen eines Terrornetzwerkes liegt.

syrien Die Hisbollah-Miliz, deren »militärischer Arm« erst seit Kurzem auf der EU-Terrorliste steht, wird zu einem großen Teil aus dem Iran finanziert. Laut Matthew Levitt, Wissenschaftler am Washington Institute for Near East Policy, überweisen die Mullahs aus Teheran jährlich um die 200 Million US-Dollar. Aber die Hisbollah gilt mit ihren »Geschäften« auch selbst als erfolgreich: Schmuggel, Vertrieb verbotener Waren und auch das Sammeln von Spenden, insbesondere in Europa und den USA.

Die Hisbollah sei, sagt Levitt, derzeit sehr auf Einnahmen angewiesen, denn sie stecke in einer politischen Krise. Es gebe interne Kritik wegen des Einsatzes an der Seite des syrischen Diktators Baschar al-Assad. »Die Hisbollah ist am Tiefpunkt seit ihrer Gründung angekommen«, so Levitt, und der Rückhalt unter den Anhängern schwinde.

Bayern

Josef Schuster: Jüdische Museen sichern Juden Platz in Deutschland

Das Jüdische Museum in Augsburg war bundesweit das erste seiner Art. Nun hat es seinen 40. Geburtstag gefeiert - mit hochrangigen Gästen

von Christopher Beschnitt  29.10.2025

Kritik

Karin Prien: Das kann Israel nicht hinnehmen

Statt der Leiche einer vermissten Geisel übergibt die Hamas sterbliche Überreste einer anderen Person. Bundesfamilienministerin Prien findet bei ihrer Israel-Reise klare Worte

 29.10.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Einspruch

Geraldine Rauch: Rücktritt reicht nicht

Erneut hat die Präsidentin der Technischen Universität Berlin bewiesen, dass sie die Interessen ihrer jüdischen Studierenden ignoriert. Doch das Problem geht über die Hochschulleitung hinaus

von Joel Ben-Joseph  29.10.2025

Auswanderung

Mehr Israelis wollen einen anderen Pass

Eine wachsende Zahl von Israelis kehrt dem jüdischen Staat den Rücken. Der aktuelle Konflikt verstärkt den Exodus. Zugleich sehen sich Auswanderer vor höheren Hürden auf dem Weg zum Zweitpass

von Burkhard Jürgens  29.10.2025

Berlin

Wadephul an Hamas und Israel: Gaza-Friedensplan einhalten

Der Außenminister reist erstmals nach Jordanien, Libanon und Bahrain. Im Mittelpunkt steht die weitere Umsetzung des Gaza-Friedensplans

 29.10.2025

Nordrhein-Westfalen

Projekt gibt Holocaust-Überlebenden »Stimme für Ewigkeit«

Es soll ein Erinnerungs- und Lernort gegen das Vergessen werden: Mit Hilfe von KI und moderner Technik werden in Essen persönliche Geschichten von Holocaust-Überlebenden für die Nachwelt gesichert

 29.10.2025

Vatikan

Papst bedauert Krise im Dialog mit Juden - verurteilt Antisemitismus

Seit Jahren ist der Dialog des Vatikans mit dem Judentum belastet. Nun hat Leo XIV. versucht, die Dinge klarzustellen - mit einem Bekenntnis zum Dialog und gegen den Antisemitismus

von Ludwig Ring-Eifel  29.10.2025

Kopenhagen

Terror-Anklage nach Explosionen nahe israelischer Botschaft

Vor etwa einem Jahr hallen nachts von Handgranaten ausgelöste Explosionen durch den Norden der dänischen Hauptstadt. Mehrere junge Schweden werden festgenommen. Sie müssen sich nun wegen Terrorismus verantworten

 29.10.2025