»Pegida«-Demo am 9. November

»Bestürzung, Wut und Unverständnis«

Kundgebung der »Pegida«-Bewegung am 9. November, dem Jahrestag der Pogromnacht, in Dresden Foto: picture alliance/dpa

Die Zulassung einer »Pegida«-Demonstration am 9. November in Dresden stößt weiter auf massive Kritik. Der Gründer des Jüdischen Studentenzentrums Berlin, Mike Samuel Delberg (31), kritisierte das Vorgehen der Stadtverwaltung in einem am Donnerstag in Berlin veröffentlichten »Offenen Brief« an Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) scharf.

Delberg bringt darin »Bestürzung, Wut und Unverständnis« zum Ausdruck. Er fragt, wie es sein könne, dass »Rechtsradikale der Gegenwart ungestört inmitten der Stadt auflaufen und ihre menschenhassende Propaganda verbreiten können«.

versammlungsfreiheit Jährlich am 9. November wird bundesweit an die Pogromnacht von 1938 erinnert. Die Stadt Dresden hatte eine offizielle Gedenkveranstaltung coronabedingt abgesagt. Nur in einem kleinen Kreis wurden Kränze niedergelegt. Eine Kundgebung der asylfeindlichen »Pegida«-Bewegung wurde hingegen auf dem Altmarkt zugelassen. Die Ordnungsbehörde begründete dies mit der Versammlungsfreiheit.

»Statt still zu werden, wäre es an der Zeit gewesen, laut zu sein«, schreibt Mike Delberg.

 »Statt still zu werden, wäre es an der Zeit gewesen, laut zu sein«, schreibt Delberg. Die Dresdner Stadtverwaltung habe sich »nicht einmal die Mühe gegeben, diesen wichtigen Gedenktag mit mehr als nur einer Kranzniederlegung mit der Jüdischen Gemeinde und den üblichen Phrasen der Solidarität abzuspeisen«.

Dabei hatte sie ihm zufolge frühzeitig »Kenntnis über die geplante rechtsradikale ‚Pegida‘-Demonstration« und zugleich gewusst, »dass eine der bedeutsamsten Gedenkveranstaltungen zur Zerstörung jüdischen Lebens in Deutschland aufgrund von Corona in einem kleinen, unscheinbaren Rahmen stattfinden muss«.

gemeinde Auch der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Dresden, Michael Hurshell, zeigte sich am Dienstagvormittag enttäuscht darüber, dass eine »Pegida«-Demonstration am Abend des 9. November in Dresden stattfinden konnte. »Das ist schwer nachzuvollziehen«, sagte Hurshell im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen.

Der Beauftragte der sächsischen Staatsregierung für jüdisches Leben, Thomas Feist (CDU), schloss sich der Kritik an der Genehmigung der »Pegida«-Demonstration an. Dass ausgerechnet am Gedenktag für die Opfer der antijüdischen Pogrome von 1938 ein Rechtsextremist wie Ex-AfD-Politiker Andreas Kalbitz eine Bühne bekomme, sei »absolut inakzeptabel«, erklärte Feist in der Nacht zu Dienstag in Dresden.

Das von Dresden ausgehende Signal sei weit über die sächsische Landeshauptstadt hinaus verheerend, sagte Thomas Feist, der Beauftragte der sächsischen Staatsregierung für jüdisches Leben.

»Die Fassungslosigkeit und Empörung der Jüdischen Gemeinde Dresden ist für mich absolut nachvollziehbar«, sagte Feist. Es habe der Stadtverwaltung an Sensibilität gefehlt und an dem Anspruch, über Möglichkeiten zu sprechen, die fremdenfeindliche Veranstaltung »beispielsweise durch ein städtisch organisiertes Gedenken am geplanten Versammlungsort von ›Pegida‹« zu verhindern.

Das von Dresden ausgehende Signal sei weit über die sächsische Landeshauptstadt hinaus verheerend, sagte er weiter. »Wenn man sich heute nicht dazu bekennt, dass jüdisches Leben zur Stadt gehörte und gehört, dieses wertschätzt und gegen seine Feinde verteidigt, schädigt man das bisherige Vertrauensverhältnis nachhaltig«, betonte Feist. epd/ja

Essay

All die potenziellen Schüsse

In diesem Herbst liest man fast täglich von vereitelten Anschlägen auf Juden. Was die ständige Bedrohung mit uns macht

von Mascha Malburg  20.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  19.11.2025

Stuttgart

Polizei plant Großeinsatz bei Maccabi-Spiel

Vor den Europa-League-Auftritten gegen Maccabi Tel Aviv sind der VfB Stuttgart und der SC Freiburg alarmiert. Ein Fan-Ausschluss wie zuletzt in Birmingham ist momentan nicht geplant

 19.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  19.11.2025

Kommentar

Danke, Berlin!

Die Entscheidung der Behörden, einem Hamas-Fanboy die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sendet ein unmissverständliches und notwendiges Signal an alle Israelhasser. Mit Mahnwachen allein können wir die Demokratie nicht verteidigen

von Imanuel Marcus  19.11.2025

München

LMU sagt Veranstaltung zu palästinensischer Wissenschaft ab

Die Universität verwies in ihrer Stellungnahme darauf, dass es erhebliche Zweifel gegeben habe, »ob es sich um eine wissenschaftliche Veranstaltung auf dem erforderlichen Niveau gehandelt hätte«

 19.11.2025

Internet

Expertin: Islamisten ködern Jugendliche über Lifestyle

Durch weibliche Stimmen werden auch Mädchen von Islamistinnen verstärkt angesprochen. Worauf Eltern achten sollten

 19.11.2025

Portrait

Die Frau, die das Grauen dokumentieren will

Kurz nach dem 7. Oktober 2023 gründete die israelische Juristin Cochav Elkayam-Levy eine Organisation, die die Verbrechen der Hamas an Frauen und Familien dokumentiert. Unser Redakteur sprach mit ihr über ihre Arbeit und ihren Frust über die Vereinten Nationen

von Michael Thaidigsmann  19.11.2025

Religion

Rabbiner: Macht keinen Unterschied, ob Ministerin Prien jüdisch ist

Karin Priens jüdische Wurzeln sind für Rabbiner Julian-Chaim Soussan nicht entscheidend. Warum er sich wünscht, dass Religionszugehörigkeit in der Politik bedeutungslos werden sollte

von Karin Wollschläger  19.11.2025