Berlin

Auftritt von verurteilter Terroristin untersagt

Solidritätskundgebung für die verurteilte arabische Terroristin Foto: RB

Das Wetter meinte es mit keiner Seite gut. Bei strömenden Regen hatten sich über 40 israelsolidarische Demonstranten vor der alevitischen Dersim-Kulturgemeinde in Berlin-Kreuzberg versammelt, um gegen den geplanten Auftritt von Rasmea Odeh zu protestieren. Das Thema der Araberin: »Palästinensische Frauen im Befreiungskampf«.

Doch war es nicht irgendeine politische Aktivistin, die dort reden sollte, sondern eine verurteilte Terroristin der »Volksfront zur Befreiung Palästinas« (PFLP). Für ihre Beteiligung an einem Sprengstoffanschlag in Jerusalem, bei dem 1969 zwei israelische Studenten ermordet wurden, wurde sie 1970 in Israel zu lebenslanger Haft verurteilt, kam aber 1980 im Rahmen eines Gefangenenaustauschs vorzeitig frei. Nach Berlin war die jordanische Staatsbürgerin auf Einladung des gleichfalls PFLP-nahen Vereins Samidoun sowie durch Unterstützung der israelfeindlichen Boykottbewegung BDS gereist.

FORDERUNG  Bereits im Vorfeld hatte es scharfe Kritik gegeben. »Ich bin entsetzt, dass eine verurteilte palästinensische Terroristin, die Israelis getötet und verletzt hat, in Berlin auftreten darf. In Zeiten eines wachsenden Antisemitismus sollten die Behörden alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um solche Auftritte zu unterbinden«, betonte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster.

Sogar US‐Botschafter Richard Grenell meldete sich zu Wort: »Einer palästinensischen Terroristin, die wegen Mordes, Terrorismus und Einwanderungsbetrugs verurteilt wurde, eine öffentliche Rolle zuzuweisen, legitimiert den Antisemitismus zu einer Zeit, in der wir ihn verurteilen sollten.«

Doch unmittelbar vor Beginn der Veranstaltung sorgten zwei Meldungen für Überraschung: Die Dersim-Kulturgemeinde kündigte den Mietvertrag, sodass die PFLP-Sympathisanten plötzlich ohne Räumlichkeiten waren. Das hinderte sie jedoch nicht daran, gleichfalls mit rund 30 Personen und Transparenten vor Ort zu erscheinen und israelfeindliche Parolen zu skandieren. Dann sprach Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport gegenüber Odeh ein Verbot aus, öffentlich aufzutreten und sich politisch zu betätigen.

VISUM Laut der »Bild«-Zeitung sollen Augenzeugen sie aber nahe des Veranstaltungsorts in einem Polizeiauto gesehen haben. Offensichtlich gab es den Versuch, sie im Freien reden lassen, was dann aber nicht geschah. Außerdem wurde ihr Schengen-Visum aufgehoben und die 72-Jährige muss Deutschland baldmöglichst verlassen. Innensenator Andreas Geisel sagte dazu: »Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Wenn aber gegen den Staat Israel und gegen Jüdinnen und Juden gehetzt werden soll, ist die rote Linie überschritten.«

Für Henri Armke vom Jungen Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft bleibt aber der Skandal bestehen: »Judenmord wird hier als antiimperialistischer Widerstand verkauft und die Politik muss erst zum Jagen getragen werden, um darauf zu reagieren.«

Der gleichfalls vor Ort in Kreuzberg anwesende Grünen-Politiker Volker Beck bedankte sich bei der alevitischen und kurdischen Gemeinde für die Unterstützung, dass der Mietvertrag mit den PFLP-Sympathisanten aufgehoben wurde. »Das ist ein Sieg für die Zivilgesellschaft«, sagte Beck.

TERRORISTIN Zugleich kritisierte der Politiker die verantwortlichen Behörden: »Es kann nicht sein, dass eine verurteilte Terroristin einfach so nach Deutschland einreisen kann und die Politik erst wach wird, wenn eine israelfeindliche Veranstaltung beworben wird.«

All das spreche auch dafür, den Umgang mit der in der EU als Terrororganisation geltenden, aber hierzulande nicht verbotenen PFLP neu zu überdenken.

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Tobias Kühn

Wenn Versöhnung zur Heuchelei wird

Jenaer Professoren wollen die Zusammenarbeit ihrer Universität mit israelischen Partnern prüfen lassen. Unter ihnen ist ausgerechnet ein evangelischer Theologe, der zum Thema Versöhnung lehrt

von Tobias Kühn  21.11.2025

Kommentar

Martin Hikel, Neukölln und die Kapitulation der Berliner SPD vor dem antisemitischen Zeitgeist

Der bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Güner Balci gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert