Deutschland

»Antisemitismus ist ein Alltagsphänomen«

Teilnehmer einer Demonstration in München Foto: imago images/ZUMA Wire

Allein in vier der 16 deutschen Bundesländer wurden im vergangenen Jahr 1253 antisemitische Vorfälle verzeichnet. Das hat eine Auswertung des Bundesverbands der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS) ergeben, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.

Der geschäftsführende Vorsitzende des Netzwerks, Benjamin Steinitz, sagte, von antisemitischen Vorfällen Betroffene würden sich oft nicht an Polizei und andere staatliche Stellen wenden, sondern lieber an zivilgesellschaftliche Einrichtungen wie RIAS.

WEBSEITE Judenfeindlichkeit sei in Deutschland ein Alltagsphänomen, das sich vor allem in Schulen, am Arbeitsplatz und im privaten Umfeld manifestiere. Für die Opfer judenfeindlicher Aussagen gebe es daher oft keine Rückzugsräume.

Die RIAS betreibt eine Webseite, auf der sich Betroffene judenfeindlicher Vorkommnisse melden können. Innerhalb von 72 Stunden, meist aber schneller, meldet sich dann ein RIAS-Mitarbeiter und informiert über die weiteren Schritte.

STRAFBARKEITSGRENZE In vier Bundesländern gibt es solche Meldestellen, in Bayern, Brandenburg und Schleswig-Holstein wurden sie erst vor Kurzem eingerichtet. Die RIAS-Stelle in Berlin besteht dagegen schon seit fünf Jahren. In die erstmals veröffentlichte gemeinsame Statistik flossen auch Vorfälle ein, die unterhalb der Strafbarkeitsgrenze liegen.

Felix Klein, der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, erklärte: »Es gibt keinen harmlosen Antisemitismus. Darum ist es so wichtig, die bundesweite Erfassung antisemitischer Vorfälle auch unterhalb der Strafbarkeitsgrenze voranzubringen.«

In den übrigen zwölf Bundesländern seien bislang keine vergleichbaren Daten vorhanden, so Geschäftsführer Benjamin Steinitz. Man arbeite allerdings auch dort am Aufbau ähnlicher Strukturen. Es sei besonders wichtig, als Anlaufpunkt der jüdischen Community akzeptiert zu werden. Das brauche Zeit, so Steinitz. »Nur die ständige Ansprache über Jahre hinweg stellt dieses Vertrauen her«, fügte er an.

BERLIN »Wir bekommen durch die Arbeit bessere Einblicke in das tatsächliche Ausmaß des Antisemitismus in der Gesellschaft«, sagte Alexander Rasumny von RIAS Berlin. In der Hauptstadt wurden vergangenes Jahr von RIAS 19 Prozent weniger judenfeindliche Vorfälle registriert als noch 2018. Allerdings sei die Zahl der Gewalttaten von 19 auf 25 angestiegen.

Während im Großstadtraum Berlin nach RIAS-Erkenntnissen viele judenfeindliche Vorfälle einen direkten Bezug zu Israel haben, ist dies im umliegenden Bundesland Brandenburg nicht der Fall. Auch sei die Mehrheit der dort von antisemitischen Aussagen oder Taten Betroffenen gar nicht als jüdisch erkennbar, erläuterte die brandenburgische RIAS-Verantwortliche Dorina Feldmann.

VERSCHWÖRUNGSFANATSIEN Mit Blick auf die aktuelle Covid-19-Pandemie warnte RIAS vor einer Zunahme von antisemitischen Verschwörungsfantasien und Stereotypen bei Demonstrationen, die sich gegen die Corona-Maßnahmen richteten.

So seien in Berlin und anderswo bei den sogenannten »Hygienedemos« mehrfach Schutzmasken mit gelbem Stern aufgetaucht, in dessen Mitte »Impfgegner« stand. Antisemitische Verschwörungsfantasien würden sich bei den Anti-Corona-Protesten zunehmend vom Internet auf die Straße verlagern, so die Vertreter des RIAS-Netzwerkes.

LOB Benjamin Steinitz hofft, dass bis Ende dieses Jahres in mehr als der Hälfte der deutschen Bundesländer Antisemitismus-Meldestellen eingerichtet oder zumindest auf den Weg gebracht werden.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, lobte die Arbeit der Organisation: »Die im Bundesverband RIAS zusammengeschlossenen Meldestellen leisten eine wichtige Arbeit, um Antisemitismus sichtbar zu machen.« epd/mth

Washington D.C.

Saudi-Arabien offen für besseres Verhältnis zu Israel

US-Präsident Trump will, dass die Saudis einem Abkommen zur Normalisierung der Beziehungen mit dem jüdischen Staat beitreten

 19.11.2025

Staatsbürgerschaft

Terrorunterstützer: Berlin entzieht Palästinenser den deutschen Pass

Kurz nach seiner Einbürgerung hatte der Mann Sympathiebekundungen für die Hamas verbreitet

 19.11.2025

Hamburg

Block-Prozess: Israelischer Firmenchef vernommen

Die Block-Kinder sollen an Silvester 2023/24 von einer israelischen Sicherheitsfirma aus der Obhut ihres Vaters entführt worden sein. Nun hat der Firmenchef bei der Staatsanwaltschaft ausgesagt

von Bernhard Sprengel, Sebastian Engel  18.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  18.11.2025

Berlin

Israelfeindliche Aktivisten beschmieren Kanzleramt

Die Täter, ein Mann und eine Frau, befinden sich bereits wieder auf freiem Fuß

 18.11.2025

Meinung

Die Schönwetterfreunde Israels sind zurück! 

Die Wiederaufnahme der Waffenexporte ist richtig und notwendig. Doch das ändert nichts daran, dass die Bundesregierung das Vertrauen Israels und vieler Juden vorerst verloren hat

von Sarah Cohen-Fantl  18.11.2025 Aktualisiert

Berlin

Mehr als 500 Rechtsextremisten mit Haftbefehl gesucht

Nach knapp 40 von ihnen wird wegen Gewaltstraftaten gefahndet

 18.11.2025

Berlin

Deutsch-Israelische Gesellschaft kritisiert geplante deutsche Millionenhilfen für UNRWA

Volker Beck: »Hilfe darf nicht über einen Kanal erfolgen, der in die terroristischen Aktivitäten der Hamas verstrickt war und ist«

 18.11.2025

Deutschland

»Das ist Verrat am Vaterland«

Unionsfraktionschef Jens Spahn äußert sich einmal mehr klar zur AfD

 18.11.2025