Judenhass

Angriff: Käppi-Träger mit Kippa-Träger verwechselt

Der Ort der Tat, der Außenbereich einer Gaststätte, liegt direkt neben dem Münchner Liebfrauendom. Foto: imago images/Stefan M Prager

In München ist ein Mann aus Berlin Opfer eines mutmaßlich antisemitischen Angriffs geworden. Der Vorfall ereignete sich am vergangenen Samstag auf einer Außenterrasse des Wirtshauses »Bratwurst Glöckl am Dom«, direkt neben der Frauenkirche, gegen 20 Uhr.

ANGRIFF Die Polizei gab am Mittwoch bekannt, dass ein 44-jähriger Mann aus dem Landkreis Starnberg dem Berliner mit der Faust ins Gesicht geschlagen und ihn anschließend beleidigt habe. Das 33-jährige Opfer habe bei dem Schlag eine Platzwunde an der Lippe erlitten und sei zu Boden gegangen. Der Angreifer habe sich daraufhin auf das Opfer gesetzt und ihm die Finger in den Mund gesteckt.

Dabei habe er »laut und deutlich eine Beleidigung mit antisemitischem Inhalt« gerufen, so die Polizei weiter. Der Begleiter des Opfers habe den Angreifer daraufhin weggezerrt. Anschließend seien die Männer vom Wirt des Gasthauses des Platzes verwiesen und der Angreifer kurz darauf von der Polizei vorübergehend festgenommen worden.

Der 44-Jährige wurde von der Polizei wegen Volksverhetzung, Körperverletzung und Beleidigung angezeigt. Der Staatsschutz der Münchner Polizei hat die Ermittlungen übernommen. Es war offenbar nicht die erste Ausfälligkeit dieser Art: Schon im vergangenen Jahr sei der Mann mit ähnlichen Beleidigungen aufgefallen, berichtete die »Süddeutsche Zeitung«.

FESTNAHME In der »Bild«-Zeitung kam das Opfer des Angriffs zu Wort: »Mein Kollege hat den Mann von mir heruntergezogen, und er und sein Freund versuchten zu fliehen. Wir haben die beiden mit der Polizei am Telefon durch die Münchner Innenstadt verfolgt. Einen Fluchtversuch im Taxi haben wir unterbinden können, indem wir dem Taxifahrer das Handy mit dem 110-Anruf vor das Auto hielten«, schilderte der Berliner den Vorfall. Am Odeonsplatz sei es der Polizei dann gelungen, den Mann festzunehmen.

Das Opfer ist nicht jüdisch. Seine schwarze Baseballmütze sei vom Täter aber offenbar für eine Kippa gehalten worden. Nach »Bild«-Informationen besitzt der Angreifer neben der deutschen auch die mexikanische Staatsbürgerschaft. Der Staatsschutz der Münchner Polizei hat die Ermittlungen übernommen.

REAKTION Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, reagierte entsetzt auf den Vorfall. Der Jüdischen Allgemeinen teilte sie mit: »Der Vorfall zeigt den glühenden Hass, den jüdische Menschen immer wieder erleben. Eine Kopfbedeckung des nichtjüdischen Opfers, die entfernt einer Kippa ähnelt, war Anlass genug für einen brutalen körperlichen Angriff – mitten in der Münchner Innenstadt.«

Wenn solch eine Attacke passieren könne, unterstreiche das, »dass Judenhasser sich auch in München immer noch zu sicher fühlen. Der Israelhass vor dem Hintergrund der aktuellen Nachrichtenlage tut ein Übriges, damit jüdische Menschen jetzt noch stärker bedroht werden«. Die Justiz müsse dem Angreifer »und allen, die es ihm womöglich nachtun wollen, jetzt mit maximaler Härte die Grenzen aufzeigen«, erklärte Knobloch. mth

Brüssel

»Gegen EU-Grundwerte«: Kommission verurteilt Festival

Eine Sprecherin der Europäischen Kommission hat den Boykott der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani in die Nähe von Antisemitismus gerückt und scharf verurteilt

von Michael Thaidigsmann  12.09.2025

Belgien

»Ruf unseres Landes beschmutzt«: Premier rügt Gent-Festival

Premier Bart de Wever kritisiert die Leiter eines belgischen Festivals dafür, die Münchner Philharmoniker und ihren Dirigent Lahav Shani ausgeladen zu haben

 12.09.2025

Berlin

Humboldt-Universität will gegen Antisemitismus vorgehen

Präsidentin Julia von Blumenthal sieht ihre Hochschule für künftige Auseinandersetzungen rund um den Nahost-Konflikt gut vorbereitet

von Lukas Philippi  12.09.2025

Gaza

Die Genozid-Lüge

Wie die Hamas nach dem 7. Oktober vom Täter zum Opfer wurde – und Israel zur Verkörperung des Bösen schlechthin

von Stephan Lehnstaedt  12.09.2025

Nachkriegsjustiz

Verhandlung über Massenmord: Vor 80 Jahren begann der Belsen-Prozess

Fünf Monate nach der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen erhob ein britisches Militärgericht in Lüneburg Anklage gegen die Täter. In einer Turnhalle begann damit vor 80 Jahren der erste große NS-Kriegsverbrecherprozess in Deutschland

von Karen Miether  12.09.2025

Belgien

Deutsche Botschaft beendet Partnerschaft mit Gent-Festival

Die Deutsche Botschaft in Brüssel hat nach der Ausladung der Münchner Philharmoniker ihre Zusammenarbeit mit dem Flandern-Festival in Gent eingestellt

von Michael Thaidigsmann  11.09.2025

Debatte

Zentralrat nennt Ausladung Shanis »fatales Signal«

Wer einen Künstler aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder seiner jüdischen Religion ausgrenzt und diskreditiert, trete die Demokratie mit Füßen

 11.09.2025

Berlin

Soziale Medien: »TikTok-Intifada« und andere Probleme

Denkfabrik Schalom Aleikum beschäftigt sich auf einer Fachtagung mit Hass im Netz: »Digitale Brücken, digitale Brüche: Dialog in Krisenzeiten«

 11.09.2025

Urteil

Bundesgerichtshof bestätigt Geldstrafen gegen Höcke

Das Landgericht Halle habe in nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass der AfD-Politiker die verbotene SA-Parole »Alles für Deutschland« und »Alles für« gerufen hat

 11.09.2025