Rückblende

1967: Günter Grass besucht Israel

Günter Grass (r.) beim Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Levi Eschkol Foto: dpa

Günter Grass ist in den letzten Jahren nicht als besonderer Freund Israels aufgefallen. Zunächst schlug das langjährige Verschweigen seiner Waffen-SS-Mitgliedschaft hohe Wogen, als er diese erst 60 Jahre nach Kriegsende öffentlich machte. In Reaktion auf sein im Frühjahr 2012 veröffentlichtes Gedicht »Was gesagt werden muss« sprach der Staat Israel dem streitbaren Literaturnobelpreisträger sogar ein Einreiseverbot aus.

Im jüdischen Staat hatten da wohl nur noch wenige in Erinnerung, dass es Grass war, der als erster deutscher Schriftsteller nach Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern 1965 auf Einladung der israelischen Regierung im März 1967 dem Judenstaat einen Besuch abstattete. Dass dies auch über zwei Jahrzehnte nach Kriegsende keine Selbstverständlichkeit war, machte seinerzeit der israelische Schriftstellerverband klar, der sich weigerte, den deutschen Kollegen zu empfangen.

Die israelische Regierung setzte dagegen deutliche Zeichen in andere Richtung. Sowohl Ministerpräsident Levi Eschkol als auch Staatspräsident Salman Schasar begrüßten den deutschen Gast; der Dekan der Hebräischen Universität führte den auf dem Campus umjubelten Autor der Blechtrommel demonstrativ in deutscher Sprache ein; und der staatliche israelische Radiosender brachte zum ersten Mal ein deutschsprachiges Interview.

zensurbehörde All dies in einem Land, in dem nach einem Beschluss der staatlichen Zensurbehörden von 1950 zumindest offiziell noch öffentliche Aufführungen in deutscher Sprache verboten waren. Grass war sich dieser speziellen Umstände bewusst, als er in seiner »Rede von der Gewöhnung« über sich als Israelreisenden sagte: »Und wenn er, wie ich heute, zu Ihnen in deutscher Sprache spricht, muss er gewiss sein, dass diese Sprache, was immer sie mitzuteilen vorhat, Ihrem Ohr Schmerzen bereitet.«

Die deutsche Botschaft in Tel Aviv reagierte auf Grass’ Auftritt in Israel enthusiastisch. In einem Bericht an das Auswärtige Amt wurde von dem enormen Erfolg seiner deutschsprachigen Reden in Tel Aviv und Jerusalem vor allem unter jüngeren Israelis berichtet. Es sei dem Schriftsteller gelungen, die israelische Jugend davon zu überzeugen, dass es das »andere Deutschland« gebe. Weiter hieß es: »Für die deutsch-israelischen Kulturbeziehungen und nicht nur für sie bedeutet der Besuch von Günter Grass einen großen Schritt nach vorn.«

Bei Grass scheint der Eindruck weniger nachhaltig gewesen zu sein. Er besuchte Israel nur noch einmal, im November 1971. Das im vorigen Jahr verhängte Einreiseverbot dürfte ihn daher nicht allzu schmerzlich getroffen haben.

Australien

Mann solidarisiert sich mit Sydney-Attentätern – Festnahme

Bei dem Verdächtigen wurden Einkaufslisten für den Bau einer Bombe und Munition gefunden. Es erging bereits Anklage

 24.12.2025

Washington

US-Regierung nimmt deutsche Organisation HateAid ins Visier

Die beiden Leiterinnen wurden wegen angeblicher Zensur amerikanischer Online-Plattformen mit Einreiseverboten belegt. Die Bundesregierung protestiert

 24.12.2025

Großbritannien

Israelfeindlicher Protest: Greta Thunberg festgenommen

In London treffen sich Mitglieder der verbotenen Gruppe Palestine Action zu einer Protestaktion. Auch die schwedische Aktivistin ist dabei. Die Polizei schreitet ein

 23.12.2025

Stockholm

Was bleibt von den Mahnungen der Überlebenden?

Der Schoa-Überlebende Leon Weintraub warnt vor der AfD und Fanatismus weltweit. Was für eine Zukunft hat die deutsche Erinnerungskultur?

von Michael Brandt  23.12.2025

Israel

Netanjahu warnt Türkei

Israel will die Zusammenarbeit mit Griechenland und Zypern stärken. Gleichzeitig richtet der Premier scharfe Worte an Ankara

 23.12.2025

New York

Mitglieder von Mamdanis Team haben Verbindungen zu »antizionistischen« Gruppen

Laut ADL haben mehr als 80 Nominierte entsprechende Kontakte oder eine dokumentierte Vorgeschichte mit israelfeindlichen Äußerungen

 23.12.2025

Düsseldorf

Reul: Bei einer Zusammenarbeit mit der AfD wäre ich weg aus der CDU

Die CDU hat jede koalitionsähnliche Zusammenarbeit mit der AfD strikt ausgeschlossen. Sollte sich daran jemals etwas ändern, will Nordrhein-Westfalens Innenminister persönliche Konsequenzen ziehen

 23.12.2025

Interview

»Diskrepanzen zwischen warmen Worten und konkreten Maßnahmen«

Nach dem Massaker von Sydney fragen sich nicht nur viele Juden: Wie kann es sein, dass es immer wieder zu Anschlägen kommt? Auch der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, sieht Defizite

von Leticia Witte  22.12.2025

Washington D.C.

Kritik an fehlenden Epstein-Dateien: Minister erklärt sich

Am Freitag begann das US-Justizministerium mit der Veröffentlichung von Epstein-Akten. Keine 24 Stunden später fehlen plötzlich mehrere Dateien - angeblich aus einem bestimmten Grund

von Khang Mischke  22.12.2025