Bundesregierung

13.000 gewaltbereite Rechtsextreme

Polizisten nach einem SEK-Einsatz gegen bayerische »Reichsbürger« im Februar 2017 (Archivfoto) Foto: dpa

Der Verfassungsschutz warnt vor einer weiterhin hohen Gewaltbereitschaft in der rechtsextremen Szene. Zwar ist die Zahl der verübten Gewalttaten 2017 um ein gutes Drittel (34 Prozent) zurückgegangen, wie aus dem am Dienstag in Berlin vorgestellten Verfassungsschutzbericht des vergangenen Jahres hervorgeht.

Das Personenpotenzial der rechtsextremen Szene hat demnach aber leicht auf 24.000 Sympathisanten zugenommen (2016: 23.000). Mehr als die Hälfte von ihnen – fast 13.000 Menschen – gelten als gewaltbereit.

Angriffe 2017 wurden dem Bericht zufolge rund 1.050 rechtsextrem motivierte Gewalttaten verübt (2016: 1600). Insbesondere bei der Zahl der Brandstiftungen und Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte registrierten die Sicherheitsbehörden einen Rückgang. Der Verfassungsschutzbericht gibt aber keine Entwarnung.

»Das Gefährdungspotenzial durch schwere Gewalttaten gegen Asylbewerberunterkünfte, bei denen rechtsextremistische Täter die Verletzung von Personen bis hin zu deren Tod in Kauf nehmen, ist nach wie vor vorhanden«, heißt es in dem Bericht.

Zunehmend im Fokus des Verfassungsschutzes stehen die sogenannten Reichsbürger, die die Bundesrepublik in ihrer heutigen Verfasstheit ablehnen. 16.500 Menschen wurden der Szene 2017 zugerechnet. 2016 waren es 10.000.

Waffen Der Verfassungsschutz erklärt den Anstieg vor allem mit der stärkeren Beobachtung der Gruppe. Sorge bereitet dem Verfassungsschutz die hohe Waffenaffinität der Szene. 2017 hätten rund 1100 »Reichsbürger« und »Selbstverwalter« über einen Waffenschein verfügt.

Die »Reichsbürger« leugnen die Existenz der Bundesregierung und erkennen vielfach Behörden und deren Entscheidungen nicht an. Sie behaupten, dass das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 noch existiert. »Selbstverwalter« nehmen für sich in Anspruch, aus der Bundesrepublik austreten zu können und reklamieren für sich rechtliche Autonomie.

Die Grenze zwischen »Reichsbürgern« und »Selbstverwaltern« ist fließend. Beide Gruppierungen zeichnen sich zudem durch den Glauben an Verschwörungstheorien aus, die oft zutiefst antisemitisch sind.

Zentralrat Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, findet besonders den Zulauf besorgniserregend, den die sogenannten Reichsbürger haben: »Sie sind laut Verfassungsschutz stark antisemitisch eingestellt. Das muss nicht nur die jüdische Gemeinschaft, sondern das ganze Land beunruhigen.« Die Entwicklung zeige, dass die Politik stärkere Maßnahmen gegen Rechtsextremismus ergreifen muss, sagte Schuster.

Gefährlich seien auch die Verbindungen von AfD-Politikern zu rechtsextremen Kreisen, insbesondere zur sogenannten Identitären Bewegung. Sie könne eine Brücke für rechtsextremes Gedankengut in die Parlamente bilden, betonte der Zentralratspräsident.

Schuster fordert, die Schnittmengen zwischen AfD und Rechtsextremisten künftig genauer zu erfassen: »Neben der Beobachtung einzelner AfD-Politiker sollte auch die Beobachtung einzelner Landesverbände der Partei durch den Verfassungsschutz erwogen werden.«

Salafisten Dem islamistischen Spektrum in Deutschland wurden 2017 knapp 26.000 Personen zugerechnet, 10.800 davon salafistischen Ausrichtungen. Insbesondere in diesem Bereich mahnte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen mehr Prävention bei der Arbeit mit Jugendlichen an. Es sei bekannt, dass Misserfolge in Schule und Beruf bei jungen Muslimen Radikalisierung beförderten, sagte Maaßen.

Linksextrem motivierte Gewalttaten stiegen 2017 laut Verfassungsschutzbericht vor allem durch die Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg an. Insgesamt wurden 1650 Gewalttaten registriert (2016: 1200).

Allein mit Bezug zum G20-Gipfel wurden dem Bericht zufolge etwa 1780 linksextremistisch motivierte Straftaten gemeldet, davon rund 1020 Gewalttaten. epd

Interview

»Wir hatten keine Verwandten«

Erst seit einigen Jahren spricht sie über ihre jüdischen Wurzeln: Bildungsministerin Karin Prien erzählt, warum ihre Mutter davon abriet und wann sie ihre eigene Familiengeschichte erst begriff

von Julia Kilian  02.11.2025 Aktualisiert

Meinung

Ich kann euch nicht hören

Während im Sudan die schwerste humanitäre Krise der Welt tobt, schweigen die selbst ernannten Menschenrechts-Demonstranten in Europa und auf der Welt

von Sophie Albers Ben Chamo  02.11.2025

Berlin/München

Nach Terror-Skandal beim ZDF: ARD überprüft Mitarbeiter in Gaza

Alle in Gaza tätigen Mitarbeiter hätten versichert, keinerlei Nähe zu Terrororganisationen zu haben, sagt der zuständige Bayerische Rundfunk

 02.11.2025 Aktualisiert

Jerusalem/Düsseldorf

Yad Vashem will beim Standort in Deutschland eine schnelle Entscheidung

In Nordrhein-Westfalen, Bayern oder Sachsen soll erstmals außerhalb Israels ein Bildungszentrum zum Holocaust entstehen. Die Entscheidung soll zügig fallen

 02.11.2025 Aktualisiert

Düsseldorf

Wolfgang Rolshoven mit Josef-Neuberger-Medaille geehrt

Mit der Auszeichnung würdigte die Jüdische Gemeinde Rolshovens jahrzehntelanges Engagement für jüdisches Leben und seinen entschlossenen Einsatz gegen Judenhass

 31.10.2025

Nürnberg

»Nie wieder darf Hass die Oberhand gewinnen«

Kongressabgeordnete aus Washington D.C., Touristen aus China und Geschichtsinteressierte aus Franken: Das Interesse an den Nürnberger Prozessen ist 80 Jahre nach dem Start des historischen Justizereignisses ungebrochen

von Michael Donhauser  31.10.2025

Ankara

Offene Konfrontation zwischen Erdogan und Merz über Israel und Gaza

Eigentlich wollte der Bundeskanzler bei seinem Antrittsbesuch neue Harmonie in die deutsch-türkischen Beziehungen bringen. Bei einer Pressekonferenz mit mit türkischen Präsidenten kommt es stattdessen zur offenen Konfrontation

von Anne Pollmann, Michael Fischer, Mirjam Schmitt  31.10.2025

Halle

»Hetze gegen Israel«: Rektorin der Uni Halle gibt Fehler zu 

Die Veranstaltung an der (MLU) fand unter dem Titel »Völkermord in Gaza« statt

 30.10.2025

Bayern

Jüdischer Landesverband kritisiert Dehler-Preis für Imam Idriz scharf

Kritisch äußert sich der Verbandspräsident Josef Schuster insbesondere zu Äußerungen des Imams in Zusammenhang mit dem Krieg in Gaza

 30.10.2025