Meinung

Wieder ein Milliarden-Blankoscheck für Palästina?

Ursula von der Leyen bei einem Treffen mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Mohammed Schtajjeh in Ramallah (2022) Foto: IMAGO/Anadolu Agency

Der Friedensplan von Donald Trump für Gaza hat die ersten Hürden überstanden. Alle noch lebenden israelischen Geiseln sind frei, die Waffenruhe hält größtenteils. Auch wenn es viele Politiker hierzulande nicht wahrhaben wollen: All das geht in erster Linie auf das Konto der Amerikaner. Die Europäer waren wieder einmal nur Zaungast.

Aber sie haben offenbar wenig von Donald Trump gelernt. Denn schon bevor es zur Einigung auf den 20-Punkte-Plan kam, hatten sowohl EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen als auch Bundesaußenminister Johan Wadephul bereits verkündet, man wolle sich mit Milliardensummen am Wiederaufbau in Gaza beteiligen.

Das setzt die Tradition der Scheckbuchdiplomatie fort. Die EU und führende europäische Staaten zählen seit Langem zu den größten Geldgebern der Palästinensischen Autonomiebehörde – erst recht, seit die USA ihre Zuwendungen zurückgefahren haben und seit Beginn des Gaza-Krieges. Europa versucht sich am »Nation Building« durch Finanzspritzen; das Versuchskaninchen sind die Palästinenser.

Exakte Daten gibt es natürlich nicht, sondern nur Schätzungen der Vereinten Nationen. Der Blick auf die vergangenen 25 Jahre zeigt, dass die Zahlungsverpflichtungen aus Europa im Zeitraum 2000 bis 2025 rund 12 bis 14 Milliarden US-Dollar betrugen. Das waren rund zwei Milliarden Dollar mehr, als von den Staaten der Arabischen Liga, einschließlich Katars, an die Palästinenser flossen.

Seit 2020 sind die Zuflüsse aus den arabischen Staaten (auch aus Katar) aber massiv zurückgegangen. Hinzu kommt: Nicht alle Zuwendungen, zu denen sich Arabische Liga verpflichtet hat, sind tatsächlich ausgezahlt worden – anders, als das bei den Europäern der Fall war. Ein weiteres Problem: Vom Geld aus den arabischen Staaten gingen gut vier Milliarden Dollar an die Hamas. Die hat es fleißig zum Tunnelbau und zur Produktion von Waffen genutzt.

Pro Kopf bekommen die Palästinenser viel mehr als ärmere Staaten

Während Deutschland Aussagen vieler Politiker zufolge nicht genug Geld für seine eigene Infrastruktur hat, und das trotz riesiger Sondervermögen, ist die Bundesregierung sehr spendabel, was die Hilfe für die Palästinenser anbelangt. Dass die pro Kopf mehr als zehnmal so viel Hilfe bekommen wie Afghanen, Jemeniten, Kongolesen oder Sudanesen, scheint aber im politischen Berlin kaum jemand zu interessieren.

Nun könnte man argumentieren, wer den Palästinensern hilft, der hilft auch dem Frieden in Nahost. Doch dieses Argument ist nicht empirisch belegt. Im Gegenteil: Weder der EU noch den anderen westlichen Geberstaaten ist es bislang gelungen, den Palästinensern nachhaltig zu helfen, auf eigenen Füßen zu stehen. Gerne wird Israel, das keine westliche Entwicklungshilfe bekommt, die Schuld dafür zugewiesen. Aber seit dem 7. Oktober 2023 sollte man eigentlich klüger sein.

Man sollte sich in Brüssel und Berlin nichts vormachen: Die Verantwortlichen auf Seiten der Palästinensischen Autonomiebehörde haben die ihnen zugebilligten Mittel einfach nicht sachgemäß eingesetzt. Wie sonst ist es zu erklären, dass UNRWA und Palästinensische Autonomiebehörde weiter den Hass auf Israel befördern, sei es durch antisemitische Aussagen und Schaubilder in Schulbüchern, durch Kooperation mit radikalen Kräften oder durch den sogenannten »Märtyrerfonds«, der inhaftierten Gewalttätern und ihren Familien zugutekommt?

Einer Studie der Organisation »Palestinian Media Watch« zufolge sind unter den jüngst aus israelischen Gefängnissen freigelassenen Palästinensern auch 160 Millionäre. Wie konnte es während der Haft dazu kommen? Der Einfluss der westlichen Geldgeber kann jedenfalls nicht sehr groß sein, denn diese Probleme sind seit Jahren bekannt und werden schon lange angeprangert.

Fragwürdige Rolle der arabischen Staaten

Warum, so fragt man sich, muss das Geld für Palästina ausgerechnet aus Europa kommen? Warum müssen deutsche, französische und italienische Steuerzahler einen nach wie nicht funktionsunfähigen palästinensischen Staatsapparat subventionieren?

Viele Länder in der Region sind reich. Doch sie spielen immer wieder Spielchen, päppeln Kräfte wie die Hamas und im Falle des Irans die Hisbollah. Auch die Türkei hat eine unrühmliche Rolle gespielt.

Diese Länder und die Rhetorik ihrer Führungen haben den 7. Oktober 2023 erst möglich gemacht. Sie und nicht die Europäer sind mitverantwortlich für den Krieg und sie sollten deshalb dafür in erster Linie in Regress genommen werden.

Auch Israel hatte seit dem 7. Oktober 2023 hohe Kosten. Ja, es hat auch Unterstützung bekommen. Doch die kam in erster Linie aus den USA und weniger aus Europa. Und man liest dieser Tage nirgendwo, dass Deutschland oder gar die EU Israel finanziell zusätzlich unter die Arme greifen wollen. Auch wenn der jüdische Staat sicher diese Hilfe nicht so braucht wie Gaza: Der Fairness halber hätte ja mal jemand fragen können…

Zuckerbrot für Palästina, Peitsche für Israel?

Stattdessen liegen immer noch die Sanktionsvorschläge der EU-Kommission auf dem Tisch. Ursula von der Leyen hat sie bislang nicht zurückgezogen. Während sie das Zuckerbrot für die Palästinenser streicht, droht sie Israel mit der Peitsche. Einfluss hat die EU so weder auf die eine noch auf die andere Seite.

Glaubt man in Brüssel und den anderen Hauptstädten der EU wirklich, dass sich durch Scheckbuchdiplomatie ohne klare Bedingungen etwas zum Besseren verändert? Warum macht von der Leyen den Palästinensern keine klaren Vorgaben? Wann endlich lernt sie aus den Fehlern der Vergangenheit?

Es gäbe so einiges zu fordern. Aber dann müsste man auch bereit sein, im Zweifel die Zahlungen an Ramallah und die UNRWA zu stoppen. Ein solche Bereitschaft hat die EU den Palästinensern gegenüber bislang nie gezeigt. Deswegen ist sie im Nahen Osten zu Recht kein relevanter Player.

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