Standpunkt

Tel Aviv und Berlin: Schwestern im Geiste

Katharina Höftmann Ciobotar lebt seit 2010 in Tel Aviv. Foto: picture alliance / Frank May

Standpunkt

Tel Aviv und Berlin: Schwestern im Geiste

Die deutsche Hauptstadt und die israelische Mittelmeermetropole sind nun endlich Partnerstädte. Das war längst überfällig

von Katharina Höftmann Ciobotaru  10.04.2025 11:26 Uhr

Tel Aviv erinnerte mich immer schon an Berlin. Es ist genauso unfertig, aufregend, schön und hässlich zugleich. Als ich 2010 nach Tel Aviv zog, kamen zur selben Zeit Tausende Israelis nach Berlin, und ihr Tel Aviver Vibe passte in die deutsche Hauptstadt wie die Currywurst. Diese beiden Städte waren schon immer Schwestern im Geiste. Hätte man mich gefragt, hätte ich gedacht, Berlin und Tel Aviv sind längst Partnerstädte. Doch obwohl schon 2023, vor dem 7. Oktober, angekündigt, ist die Partnerschaft erst jetzt offiziell geworden.

Tel Aviv ist, anders als manche außerhalb von Israel denken, nicht die Hauptstadt Israels. Das ist Jerusalem. Tel Aviv ist das Antidot zu Jerusalem. Die Stadt ist überhaupt all das, was der Rest von Israel sich nicht zu sein traut. Ähnlich wie Berlin in Deutschland.

Die Verbindung zwischen beiden Städten haben die Menschen ohnehin schon immer gespürt.

Lange war Tel Aviv als Bubble verschrien, als Epizentrum des Hedonismus, in dem Leute die Augen vor den harten Realitäten um sich herum verschließen. Aber spätestens seit den Protesten gegen die Justizreform, die mit voller Wucht in Tel Aviv begannen und dann übers ganze Land schwappten, spätestens, seitdem halb Tel Aviv Samstag für Samstag gegen eine extremistische Regierung auf die Straße ging, war klar: Tel Aviv ist nicht nur Zentrum der Freiheit, der Kultur, des fantastischen Essens und der wilden Nächte – Tel Aviv ist das Gewissen Israels.

Die Stadt ist bis heute die bedeutendste Hochburg der israelischen Friedensbewegung. Wenn einer irgendwo im Land für Palästinenser auf die Straße geht, dann hier in Tel Aviv.

Das alles sind gute Gründe für Berlin, seine Verbindung zu Tel Aviv, die Menschen wie ich ohnehin schon immer gespürt haben, nun endlich auch offiziell zu machen. Und nein, dabei geht es nicht nur um Solidarität, die Israel gerade jetzt so dringend braucht, und ja, auch verdient. Tel Aviv ist einfach das Coolste, was Berlin passieren kann. Diese Städtepartnerschaft war längst überfällig!

Die Autorin ist Journalistin. 2011 erschien ihr Buch »Guten Morgen, Tel Aviv! Geschichten aus dem Holy Land«.

Meinung

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025

Lasse Schauder

Wer den Begriff »Islamismus« bannen will, ist politisch unmündig

Die Berliner Jusos haben beschlossen, aus Gründen der Sprachsensibilität künftig nicht mehr von »Islamismus« sprechen zu wollen. Das ist ein fatales Signal an Betroffene extremistischer Gewalt

von Lasse Schauder  16.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  16.04.2025

Eren Güvercin

Wo sind die Gelehrten, die der Fatwa gegen Israel widersprechen?

Ein ranghoher Geistlicher erklärt den Kampf gegen Israel zur Pflicht eines jeden Muslims. Kritik an diesem offenen Terroraufruf sucht man bei deutschen Islamverbänden vergeblich

von Eren Güvercin  16.04.2025

Essay

Warum ich stolz auf Israel bin

Das Land ist trotz der Massaker vom 7. Oktober 2023 nicht zusammengebrochen, sondern widerstandsfähig, hoffnungsvoll und vereint geblieben

von Alon David  15.04.2025 Aktualisiert

Joshua Schultheis

Im Krieg braucht es ein Korrektiv

Das israelische Militär will den verheerenden Angriff auf Krankenwagen in Gaza untersuchen. Es geht um viel: die Glaubwürdigkeit der Armee, Gerechtigkeit für die Toten und darum, sinnloses Leid künftig besser zu verhindern

von Joshua Schultheis  15.04.2025

Ernst-Wilhelm Gohl ist Landesbischof der evanglischen Landeskirche Württemberg

Antisemitische Anfeindungen

»Langenau ist kein Einzelfall«

Der Landesbischof von Württemberg fordert den Schutz von Pfarrern, die von »propalästinensischen« Aktivisten bedrängt werden

von Ernst-Wilhelm Gohl  14.04.2025