Alexander Friedman

Putin, der Verräter?

Alexander Friedman Foto: privat

Die 62-jährige Irina kam Anfang der 90er-Jahre von der Krim nach Israel. Aus ihrer prorussischen Einstellung macht sie kein Hehl. Von der Zusammenarbeit zwischen Moskau und dem israelischen Erzfeind Teheran wollte sie lange Zeit nichts wissen. Dagegen schwärmte Irina von »ihrem Präsidenten«, von Wladimir Putin. Dann aber kam der terroristische Überfall der Hamas auf Israel und das Massaker an Zivilisten.

Erwartungsgemäß schlug sich Russland in diesem Konflikt auf die Seite der »arabischen Freunde«. Putin verurteilte das Vorgehen der israelischen Armee und verstieg sich sogar zu einem perfiden Vergleich, die Abriegelung des Gazastreifens sei wie die Leningrader Blockade der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Die staatlich kontrollierten Medien arbeiten sich währenddessen an »israelischen Kriegsverbrechen« ab.

Empathie für die israelischen Opfer? Fehlanzeige!

In den sozialen Netzwerken sind die Vergleiche mit dem Nationalsozialismus omnipräsent. Und die Empathie für die israelischen Opfer? Fehlanzeige! Moskau interessiert sich nicht einmal für die russischen Staatsbürger, die von der Hamas getötet oder nach Gaza verschleppt wurden. Die Evakuierung der Landsleute aus Israel ist nicht vorgesehen. Stattdessen hält der Kreml an seinen Kontakten mit der Hamas fest.

Für Irina ist Russlands Verhalten ein Schock, denn sie hat – wie nicht wenige aus Russland stammende Israelis – fest an Putins Judenfreundlichkeit und an seine angebliche Sympathie für Israel geglaubt. Tatsächlich ist aber die russische Haltung keinesfalls überraschend. Obschon Israel keine Sanktionen gegen Russland eingeführt hat und keine Waffen an die Ukraine liefert, ist es aus russischer Sicht ein prowestlicher Staat, ja ein Vasall der USA. Irina fühlt sich von Putin verraten. Dabei hat er stets sein wahres Gesicht gezeigt. Man wollte es bloß nicht sehen.

Der Autor ist Historiker und Experte für die Geschichte der Juden in Osteuropa.

Meinung

Die Namen in die Welt schreien

24 junge Männer in der Gewalt der Hamas sind wahrscheinlich noch am Leben - sie können und müssen durch ein Abkommen gerettet werden

von Sabine Brandes  28.04.2025

Meinung

Die UN, der Holocaust und die Palästinenser

Bei den Vereinten Nationen wird die Erinnerung an den Holocaust mit der »Palästina-Frage« verbunden. Das ist obszön, findet unser Autor

von Jacques Abramowicz  25.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  24.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  24.04.2025

Meinung

Ich habe versagt

Damit sich ein Ereignis wie die Schoa nicht wiederholt, kommt es darauf an, wie wir erinnern. Doch wir sind offenbar dabei, genau das den Falschen zu überlassen

von Sophie Albers Ben Chamo  23.04.2025

Jom Haschoa

Zwei Minuten Stillstand?

Sollte in Deutschland in derselben Art und Weise wie in Israel an die Opfer der Schoa erinnert werden? Ein Gastbeitrag von Felix Klein

von Felix Klein  22.04.2025

Kommentar

Bezalel Smotrich, die Geiseln in Gaza und der moralische Teufelskreis

Zum Gesellschaftsvertrag in Israel gehört es, dass kein Soldat und kein Opfer von Terror zurückgelassen wird. Niemand! Niemals! Koste es, was es wolle. Was es bedeutet, dies nun in Frage zu stellen

von Daniel Neumann  22.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025