Alexander Friedman

Moskaus Propaganda und die Pogromnacht

In der Sowjetunion wurde Ende 1938 ausführlich über die »Reichskristallnacht« und die erschreckenden Ereignisse in Deutschland sowie über die Reaktionen aus dem Ausland berichtet. Man organisierte Kundgebungen von Intellektuellen, die die Gewaltaktionen als Ausbruch der Barbarei verurteilten. Die UdSSR wurde zur letzten Hochburg der Zivilisation hochstilisiert – einem Land, in dem der Antisemitismus ausgerottet sei.

Den kapitalistischen Staaten warf Moskau vor, die Judenverfolgung heuchlerisch zu verurteilen und die jüdischen Opfer im Stich zu lassen. Aus ideologischen Gründen bestritt die stalinistische Propaganda, dass die NS-Bewegung in Deutschland von der breiten Bevölkerung unterstützt wurde, und stellte die Pogrome als Verbrechen einiger weniger Täter dar, die jedoch von den meisten Deutschen abgelehnt würden. Diese manipulierte, an marxistisch-leninistische Ideologie angepasste Berichterstattung sollte die Vorzüge der UdSSR hervorheben.

spitzenfunktionäre So wie die NS-Judenverfolgung in der Sowjetunion instrumentalisiert wurde, wird sie es bis heute in Russland. Obwohl der Antisemitismus in Russland verbreitet ist und Spitzenfunktionäre nicht vor antisemitischen Äußerungen zurückschrecken, konzentrieren sich russische Medien auf den Judenhass im Ausland und schlachten den Themenkomplex Holocaust aus, um ausländische Gegner zu diffamieren.

So wie die NS-Judenverfolgung in der Sowjetunion instrumentalisiert wurde, wird sie es bis heute in Russland.

Die ukrainische Führung wird vom Kreml als »nazistisch« und »antisemitisch« verunglimpft. Der sogenannte kollektive Westen gilt als heuchlerisch. Er gebe vor, für Freiheit und Demokratie zu kämpfen, doch er lasse »Russenhasser« und Antisemiten in der Ukraine gewähren. So wie die Deutschen vom Nationalsozialismus befreit werden wollten, würden die Ukrainer heute von einer »Befreiung« durch Moskau träumen.

Russland gilt erneut als Hochburg der Zivilisation, die die Welt vor einem neuen »Nazismus« retten soll. So lebt der zynische Geist der stalinistischen Propaganda in Russland weiter.

Der Autor ist Historiker in Düsseldorf. Er wurde in Minsk geboren.

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