Einspruch

Mit zweierlei Maß

Rafael Seligmann Foto: Rolf Walter

Itamar Ben-Gvir ist eine Belastung für die Regierung in Jerusalem und für die freie israelische Gesellschaft. Er ist ein völkischer Fanatiker im religiösen Gewand. Zuletzt sagte die Israel-Vertretung der EU ihren diplomatischen Empfang ab, weil Ben-Gvir darauf bestand, bei der Veranstaltung als Repräsentant des Kabinetts in Jerusalem aufzutreten und eine Ansprache zu halten.

Die Europäische Union wolle »nicht jemandem eine Plattform geben, dessen Ansichten den Werten widersprechen, für die die EU steht«, heißt es in einer Erklärung. Deutschlands Botschafter Steffen Seibert twitterte hierzu: »Ich wünschte, es wäre nicht notwendig – aber das war es.« Dabei bezog sich der Diplomat auf die Werte, die die EU-Staaten gemein haben.

werte In der Tat: Menschenrechte, Demokratie, Freiheit, Toleranz sind Werte, die global gültig sein sollten. Nicht nur in der EU-Charta. Doch werden sie allenthalben beachtet? In der gesamten, real existierenden EU? Und wie steht es damit woanders auf der Welt?

Mahnungen und Prinzipien sind nur glaubwürdig, wenn sie einheitlich gehandhabt werden.

Ein Schwerpunkt der deutschen Außenpolitik und der Berliner Diplomatie sind die 56 islamischen Staaten sowie die 22 Mitglieder der Arabischen Liga – einschließlich Palästinas, das noch kein Staat ist. Aber die palästinensischen Autonomiegebiete sind Realität. Für die EU und für Berlin. Präsident Abbas lässt seit 18 Jahren keine Wahlen zu. Schuld ist »natürlich« Israel.

zeigefinger Menschenrechte werden im Herrschafts­gebiet der Autonomie wenig beachtet. Doch Angehörige toter Terroristen erhalten Renten. Das sind nicht die Werte, für die die EU steht. Wo bleibt da der erhobene Zeigefinger der EU-Diplomatie? Oder konkrete Mahnungen? Boykotte von Ministerreden in Ramallah? Fehlanzeige.

Israel spielt in einer anderen Liga. Jeder, selbst deutsche und EU-Diplomaten, kann sich tagtäglich von der Vitalität seiner Demokratie überzeugen. Mahnungen und Prinzipien sind nur glaubwürdig, wenn sie einheitlich gehandhabt werden – ansonsten erscheinen sie willkürlich.

Der Autor ist Historiker und Schriftsteller. Zuletzt erschien sein Buch »Rafi, Judenbub«.

Meinung

Die Namen in die Welt schreien

24 junge Männer in der Gewalt der Hamas sind wahrscheinlich noch am Leben - sie können und müssen durch ein Abkommen gerettet werden

von Sabine Brandes  28.04.2025

Meinung

Die UN, der Holocaust und die Palästinenser

Bei den Vereinten Nationen wird die Erinnerung an den Holocaust mit der »Palästina-Frage« verbunden. Das ist obszön, findet unser Autor

von Jacques Abramowicz  25.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  24.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  24.04.2025

Meinung

Ich habe versagt

Damit sich ein Ereignis wie die Schoa nicht wiederholt, kommt es darauf an, wie wir erinnern. Doch wir sind offenbar dabei, genau das den Falschen zu überlassen

von Sophie Albers Ben Chamo  23.04.2025

Jom Haschoa

Zwei Minuten Stillstand?

Sollte in Deutschland in derselben Art und Weise wie in Israel an die Opfer der Schoa erinnert werden? Ein Gastbeitrag von Felix Klein

von Felix Klein  22.04.2025

Kommentar

Bezalel Smotrich, die Geiseln in Gaza und der moralische Teufelskreis

Zum Gesellschaftsvertrag in Israel gehört es, dass kein Soldat und kein Opfer von Terror zurückgelassen wird. Niemand! Niemals! Koste es, was es wolle. Was es bedeutet, dies nun in Frage zu stellen

von Daniel Neumann  22.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025