Kommentar

Mit aller gebotenen Härte

Philipp Peyman Engel, Chefredakteur der Jüdischen Allgemeinen Foto: Marco Limberg

Kommentar

Mit aller gebotenen Härte

Ein AfD-Verbotsverfahren ist nach der Verfassungsschutz-Einschätzung der Partei als rechtsextremistisch dringlicher denn je

von Philipp Peyman Engel  07.05.2025 13:50 Uhr

Die Nachricht am Freitag vergangener Woche glich einem politischen Erdbeben: Die Alternativ für Deutschland (AfD) werde künftig als gesichert rechtsextremistisch eingestuft, teilte das Bundesamt für Verfassungsschutz nach ebenso langjähriger wie gründlicher Prüfung mit. Der Verdacht, dass die Partei Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verfolgt, habe sich bestätigt.

Das Gutachten des Inlandsnachrichtendienstes umfasst über 1100 Seiten und enthält zahlreiche Belege, die den verfassungsfeindlichen Charakter und die Menschenwürde missachtende sowie die extremistische Prägung der Gesamtpartei untermauern.

Zustimmung und massive Kritik

Sogleich setzte - neben Zustimmung - auch massive Kritik an dem Vorgehen des Verfassungsschutzes ein. Der zentrale Vorwurf: Darf der Verfassungsschutz eine demokratisch legitimierte Partei in einer solchen Art und Weise behandeln?

Eine klare Antwort: Ja, der Verfassungsschutz darf. Und ja, er muss es sogar. Die Demokratie hat vergangene Woche etwas gezeigt, das sie viel zu selten an den Tag legt: nämlich, dass sie mitnichten alle politischen Bestrebungen und Äußerungen tolerieren muss, sondern auch wehrhaft sein kann, wenn es geboten ist.

Man kann es gar nicht oft genug sagen: Die AfD ist keine Partei wie jede andere.

Man kann es gar nicht oft genug sagen: Die AfD ist keine Partei wie jede andere. Eine im Kern antidemokratische, rechtsextreme, geschichtsrevisionistische, Russland- und Chinanahe Partei, in der Judenhasser und Rassisten sich zu Hause fühlen, vertritt nicht bloß »polarisierende Positionen«. Sie ist brandgefährlich.

Nach der Einschätzung als rechtsextremistisch stellt sich jetzt in einem zweiten Schritt die Frage nach einem Verbotsverfahren. Auch hier eine klare Antwort: Es ist mehr als überfällig. Warum sollte eine verfassungsfeindliche Partei die Demokratie nutzen dürfen, um sie Stück für Stück abzuschaffen?

Unbequeme Wahrheit

Zugleich muss der AfD selbstverständlich auch argumentativ und durch überzeugende Politik begegnet werden. Denn, und das ist eine unbequeme Wahrheit, nicht alle AfD-Wähler vertreten rechtsextreme Einstellungen. Nicht wenige von ihnen haben das Vertrauen in die demokratischen Parteien – Stichwort verfehlte Migrations-, Wirtschafs- und Sozialpolitik – verloren und machen aus Protest ihr Kreuz bei den blau-lackierten Braunen.

Die Lösung: Nach der Wahl von Friedrich Merz diese Woche muss die neue schwarz-rote Koalition nun diszipliniert Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit finden. Sonst könnte es spätestens 2029 ein böses Erwachen mit einer noch stärkeren AfD geben, die spätestens dann auch in Regierungsverantwortung drängen wird.

engel@juedische-allgemeine.de

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