Michael Ushakov

Mein jüdisches Leben an der Uni

Da wären wir wieder: Nach »jüdisch und bayerisch« und »als Jude in Deutschland« sitze ich nun an der Fragestellung, wie es ist, »jüdisch in der Universität« zu sein – und damit weit weg von jüdisch und normal …

Ehrlich gesagt: Länger als fünf Minuten kann ich mein Judentum selten verbergen. Und als Industriedesignstudent lande ich selten in Diskussionen über (Un)Sinn von Religion und Glauben, nur manchmal muss ich erklären, wie ich jüdisch und nicht gläubig zugleich sein kann.

bibi Ich gerate selten in Diskussionen über die Politik in Israel, weil, na ja, zum einen Designer über wichtigere Sachen reden und ich zum anderen schon zu Beginn erkläre, dass ich von Bibi Netanjahu genauso viel halte wie von Viktor Orbán und wir trotzdem nicht über das Existenzrecht Ungarns diskutieren.

Ich halte von Netanjahu genauso viel wie von Viktor Orbán und diskutiere trotzdem nicht über das Existenzrecht Ungarns.

Gleichwohl begegnen auch mir immer Klischees – qualitativ oft sehr unterschiedlich. Ich meine nicht plumpe Sachen wie »Ihr Juden habt doch alle Geld«, sondern Dinge, über die ich selbst auch schmunzeln muss. Wie ich damit umgehen soll, weiß ich nicht, und in meinen Reaktionen bin ich auch wenig konsequent.

NEUGIER Meistens jedoch stoße ich auf Neugier, vor allem, seit meine Facebook-Seite vor jüdischen Inhalten überquillt. Ob es Feiertage sind, Themen, die die jüdische Gemeinschaft beschäftigen, oder ein Seminar der Jüdischen Studierendenunion (JSUD) – für die Leute bin ich oft der einzige Jude, den sie kennen.

So kommt es schon mal vor, dass ich als »Mischa, der Jude« vorgestellt werde, und obwohl mich das zunächst ärgert – und natürlich auch zeigt, wie weit »jüdisch« und »normal« voneinander entfernt sind –, freut es mich doch zudem, als eine Art Dauerbotschafter das Judentum näherzubringen. Wenn ich dann genug habe, wechsle ich einfach das Thema.

»Jüdisch an der Uni« ist bei jedem anders. Während mich die Klausur am Samstag nicht stört und ich in der Mensa esse, sieht das bei anderen ganz anders aus. Und die sind auch jüdisch an der Uni.

Der Autor ist Präsident der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD).

Meinung

Weitermachen oder die jüdische Resilienz

Verfolgung, Exil und Gewalt konnten es nicht brechen: Die Widerstandsfähigkeit des jüdischen Volkes prägt seine Geschichte bis heute

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Meinung

Unsere Antwort ist Leben!

Chanukka ist das beharrliche Bestehen darauf, dass Mord und Terror nicht das letzte Wort haben. Ein Kommentar zum Terroranschlag von Sydney

von Jan Feldmann  18.12.2025

Gastbeitrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schweigt ihr?

Jan Grabowski fragt die deutschen Historiker, warum sie es unwidersprochen stehen lassen, wenn ein Holocaust-Experte für seine Forschungsarbeit diskreditiert wird

von Jan Grabowski  18.12.2025

Essay

Chanukka und wenig Hoffnung

Das hoffnungsvolle Leuchten der Menorah steht vor dem düsteren Hintergrund der Judenverfolgung - auch heute wieder

von Leeor Engländer  18.12.2025

Meinung

Der Missbrauch von Anne Frank und die Liebe zu toten Juden

In einem Potsdamer Museum stellt der Maler Costantino Ciervo das jüdische Mädchen mit einer Kufiya dar. So wird aus einem Schoa-Opfer eine universelle Mahnfigur, die vor allem eines leisten soll: die moralische Anklage Israels

von Daniel Neumann  17.12.2025

Meinung

Warum ich Sydney nicht verlassen werde

Der Terroranschlag von Bondi Beach wurde auch möglich, weil die Mehrheitsgesellschaft den Antisemitismus im Land ignoriert hat. Unsere Autorin sagt trotzdem: Ihre Heimat als Jüdin ist und bleibt Australien

von Amie Liebowitz  17.12.2025

Meinung

Die Empörung über Antisemitismus muss lauter werden

Der Anschlag von Sydney war in einem weltweiten Klima des Juden- und Israelhasses erwartbar. Nun ist es an der Zeit, endlich Haltung zu zeigen

von Claire Schaub-Moore  17.12.2025

Meinung

Der Stolz der australischen Juden ist ungebrochen

Der Terroranschlag von Sydney hat die jüdische Gemeinschaft des Landes erschüttert, aber resigniert oder verbittert ist sie nicht. Es bleibt zu hoffen, dass die Regierung künftig mehr für ihren Schutz tut

von Daniel Botmann  16.12.2025

Meinung

Xavier Naidoos antisemitische Aussagen? Haken dran!

Der Mannheimer Sänger füllt wieder Konzertsäle. Seine Verschwörungserzählungen über Juden und holocaustrelativierenden Thesen scheinen kaum noch jemanden zu stören

von Ralf Fischer  15.12.2025