Dalia Grinfeld

Kein roter Teppich für neuen US-Botschafter!

Dalia Grinfeld Foto: Jüdisches Museum Berlin/ Stephan Pramme

Douglas Macgregor ist als US-Botschafter für Berlin vorgeschlagen. Dröhnend laut klingelt hier die AfD-Glocke: Denn ähnlich wie Björn Höcke beschreibt auch der von US-Präsident Trump nominierte Armee-Oberst a.D. das Prinzip der Vergangenheitsbewältigung als »eine Art kranke Mentalität, die besagt, dass Generationen nach Generationen die Sünden dessen sühnen, was in 13 Jahren deutscher Geschichte geschehen ist, und die anderen 1500 Jahre Deutschlands ignorieren müssen«.

Klingt bekannt: Bereits 2017 plädierte Höcke für eine »180-Grad-Wende in der Erinnerungspolitik«, dicht gefolgt 2018 vom AfD-Co-Fraktionsvorsitzenden Alexander Gauland, der Hitler und die Nazis als »Vogelschiss« der deutschen Geschichte bezeichnete.

STUDIE Eine diplomatische Repräsentanz, die die Geschichte des Nationalsozialismus und die Lehren, die täglich aus ihr gezogen werden müssen, nicht nur offensichtlich nicht versteht, sondern sich auch noch aktiv dagegen ausspricht, trägt massiv zu dem gefährlichen Versuch der Verharmlosung des Holocaust bei. Schlimmer noch: Sie öffnet die Tür nach rechtsaußen und lädt Rechtsextreme aller Couleur dazu ein, Sitzkissen für die Parlamentssitze mitzubringen.

Douglas Macgregor bezeichnet deutsche Vergangenheitsbewältigung als »eine Art kranke Mentalität«.

Angesichts der »Global 100«-Studie der Anti-Defamation League (ADL) 2019, laut der 42 Prozent der befragten Deutschen der Aussage zustimmen, »Juden reden immer noch zu viel darüber, was ihnen im Holocaust widerfahren ist«, müssen wir Versuche der Relativierung des Holocaust als besorgniserregendes Warnsignal werten.

Auch im Hinblick auf aktuelle gesellschaftliche Debatten verstärken Macgregors anti-muslimische und anti-migrantische Ausdrucksweisen Ressentiments gegenüber Minderheiten.

SELBSTVERSTÄNDNIS Eine deutsch-amerikanische Freundschaft kann nicht auf Dissens über das deutsche Selbstverständnis und die daraus resultierenden Existenzgrundlagen für das Florieren jüdischen Lebens basieren.

Besonders in Deutschland, einem Staat, in dem unsere Demokratie erkämpft werden musste, dürfen wir einer solchen diplomatischen Berufung nicht den roten Teppich auslegen. Wenn Höcke und Gauland applaudieren würden, ist es meist ein alarmierendes Glockenspiel für jüdische Ohren in Deutschland.

Die Autorin ist Assistant Director of European Affairs bei der Anti-Defamation League.

Meinung

Der Weg zum Frieden in Nahost führt über Riad

Donald Trump sieht in Saudi-Arabien zunehmend einen privilegierten Partner der USA. Die Israelis müssen gemäß dieser neuen Realität handeln, wenn sie ein Abkommen mit dem mächtigen Ölstaat schließen wollen

von Joshua Schultheis  24.11.2025

Existenzrecht Israels

Objektive Strafbarkeitslücke

Nicht die Gerichte dafür schelten, dass der Gesetzgeber seine Hausaufgaben nicht macht. Ein Kommentar

von Volker Beck  23.11.2025

Kommentar

Wenn Versöhnung zur Heuchelei wird

Jenaer Professoren wollen die Zusammenarbeit ihrer Universität mit israelischen Partnern prüfen lassen. Unter ihnen ist ausgerechnet ein evangelischer Theologe, der zum Thema Versöhnung lehrt

von Tobias Kühn  21.11.2025

Kommentar

Martin Hikel, Neukölln und die Kapitulation der Berliner SPD vor dem antisemitischen Zeitgeist

Der bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Meinung

Alles muss ans Licht

Eine unabhängige Untersuchungskommission über die Terroranschläge des 7. Oktober ist ein Akt von Pikuach Nefesch

von Sabine Brandes  21.11.2025

Jan Feldmann

Eine Revolution namens Schabbat

Wir alle brauchen einen Schabbat. Selbst dann, wenn wir nicht religiös sind

von Jan Feldmann  19.11.2025

Kommentar

Danke, Berlin!

Die Entscheidung der Behörden, einem Hamas-Fanboy die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sendet ein unmissverständliches und notwendiges Signal an alle Israelhasser. Mit Mahnwachen allein können wir die Demokratie nicht verteidigen

von Imanuel Marcus  19.11.2025

Meinung

Die Schönwetterfreunde Israels sind zurück! 

Die Wiederaufnahme der Waffenexporte ist richtig und notwendig. Doch das ändert nichts daran, dass die Bundesregierung das Vertrauen Israels und vieler Juden vorerst verloren hat

von Sarah Cohen-Fantl  18.11.2025 Aktualisiert

Meinung

Mit Martin Hikel geht einer, der Tacheles redet

Der Neuköllner Bürgermeister will nicht erneut antreten, nachdem ihm die Parteilinke die Unterstützung entzogen hat. Eine fatale Nachricht für alle, die sich gegen Islamismus und Antisemitismus im Bezirk einsetzen

von Joshua Schultheis  16.11.2025