Volker Beck

Islamkonferenz: Heiße Eisen anpacken

Volker Beck Foto: Marco Limberg

Volker Beck

Islamkonferenz: Heiße Eisen anpacken

Die DIK ist zu einer tarifvertragsähnlichen Veranstaltung zwischen Islamverbänden und Staat verkommen. Das führt zu nichts. Es braucht einen neuen Anlauf

von Volker Beck  07.12.2022 12:14 Uhr

Die Deutsche Islamkonferenz (DIK) ist eigentlich eine gute Sache. 2006 war sie nach dem 11. September 2001 ein Schritt zum Dialog zwischen Staat und muslimischer Minderheit, eine geniale Erfindung des damaligen Bundes­innenministers Wolfgang Schäuble (CDU).

Am heutigen Mittwoch findet sie erneut statt, diesmal unter Nancy Faeser (SPD). Das Problem: Die DIK ist zu einer tarifvertragsähnlichen Veranstaltung zwischen Islamverbänden und Staat verkommen. Das führt zu nichts. Es braucht einen neuen Anlauf. Damit die DIK einen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt leistet, braucht es Mut, auch die heißen Eisen anzupacken.

gleichberechtigung Die Konferenz sollte ein Ort sein, an dem die Gleichberechtigung der Musliminnen und Muslime durchbuchstabiert und über die Integration muslimischer Gemeinschaften ins deutsche Religionsverfassungsrecht diskursiv verhandelt wird. Dabei geht es allein um das Wie und nicht um das Ob. Das Grundgesetz regelt klipp und klar die freie und gleichberechtigte, individuelle wie kollektive Religionsausübung auch für die muslimischen Gläubigen. Hieran gibt es nichts zu deuteln. Und eine Debatte, ob der Islam nun zu Deutschland gehöre oder nicht, trägt dazu überhaupt nichts bei.

Auf den Konferenztisch gehören dieses Mal unbedingt die heiklen Themen.

Auf den Konferenztisch gehören dieses Mal aber unbedingt folgende heikle Themen: die antisemitische und homosexuellenfeindliche Hasspropaganda der türkischen Religionsbehörde Diyanet und ihres Chefs Ali Erbas, immerhin die religiöse Autorität von fast 1000 Moscheen in Deutschland, und der tief verankerte Antisemitismus des bis heute verehrten Milli-Görüs-Gründers Erbakan, eine Bewegung mit 300 Moscheen hierzulande, sowie der Umstand, dass Ankara, Teheran und Katar mehr in Deutschlands Moscheen zu melden haben als die deutschen Muslime selbst.

All das spaltet die muslimische Community und die deutsche Gesellschaft. Und insbesondere angesichts der aktuell stattfindenden Einbindung der türkisch-islamischen Verbände in die Wahlkampfmaschine Erdogans, des Präsidenten der Türkei, darf die Politik die Augen nicht länger verschließen. Frau Faeser, packen Sie es an!

Der Autor lehrt am Centrum für Religionswissenschaftliche Studien (CERES).

Meinung

Die Namen in die Welt schreien

24 junge Männer in der Gewalt der Hamas sind wahrscheinlich noch am Leben - sie können und müssen durch ein Abkommen gerettet werden

von Sabine Brandes  28.04.2025

Meinung

Die UN, der Holocaust und die Palästinenser

Bei den Vereinten Nationen wird die Erinnerung an den Holocaust mit der »Palästina-Frage« verbunden. Das ist obszön, findet unser Autor

von Jacques Abramowicz  25.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  24.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  24.04.2025

Meinung

Ich habe versagt

Damit sich ein Ereignis wie die Schoa nicht wiederholt, kommt es darauf an, wie wir erinnern. Doch wir sind offenbar dabei, genau das den Falschen zu überlassen

von Sophie Albers Ben Chamo  23.04.2025

Jom Haschoa

Zwei Minuten Stillstand?

Sollte in Deutschland in derselben Art und Weise wie in Israel an die Opfer der Schoa erinnert werden? Ein Gastbeitrag von Felix Klein

von Felix Klein  22.04.2025

Kommentar

Bezalel Smotrich, die Geiseln in Gaza und der moralische Teufelskreis

Zum Gesellschaftsvertrag in Israel gehört es, dass kein Soldat und kein Opfer von Terror zurückgelassen wird. Niemand! Niemals! Koste es, was es wolle. Was es bedeutet, dies nun in Frage zu stellen

von Daniel Neumann  22.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025