Ernst Grube

Holocaust-Überlebende als Hologramm?

Ernst Grube Foto: picture alliance/dpa

Es wird immer weniger von uns Zeitzeugen geben. Was wollen wir euch hinterlassen? Wichtig ist, dass unsere Berichte als Überlebende weiterhin vermittelt werden können, wenn wir einmal nicht mehr sind. Aber wie? Man kann ein Gespräch nicht ersetzen, das habe ich bei Vorträgen in der Pandemie erlebt. Ich kam online mit Menschen zusammen, die sich nicht in meiner Umgebung befanden. Das war hervorragend, aber wirkliche Gespräche haben sich nicht entwickelt. Es fehlte der persönliche Kontakt.

2018 wurde ich von Oliver Schreer vom Fraunhofer Institut angefragt, eine Virtual-Reality-Aufnahme zu machen, ein »VR-Zeugnis«. Die Frage, wie das in Zukunft sein wird, war meine Motivation zuzusagen. Meine Frau und ich sind nach Potsdam-Babelsberg gefahren, und ich stand dort in einer ganz ungewohnten Situation: 16 Kamerapaare waren rundum auf mich gerichtet. Man weiß von diesen Geräten, aber sie sind im direkten Gespräch nicht sichtbar. Ich fand es wichtig, etwas über diese neue Form der Erinnerung zu erfahren. Wie dies von Schülern oder in der Erwachsenenbildung aufgenommen wird, muss sich im Lauf der Zeit noch erweisen.

kritik Ich verstehe die Kritik daran, wenn der Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik sagt, so würden Holocaust-Überlebende zu »digitalen Gespenstern«, man könne »das Geschehene nicht elektronisch wiederauferstehen lassen«. Aber man muss es erst versuchen, bevor man eine endgültige Aussage trifft.

Wenn ich vor einer Klasse stehe, sehe ich, wie ich von den Schülerinnen und Schülern verstanden werde.

Wenn ich vor einer Klasse stehe, sehe ich, wie ich von den Schülerinnen und Schülern verstanden werde. Erreicht man das mit dieser wissenschaftlichen Entwicklung? Ich würde es zunächst nicht ausschließen. Alle Formen der Erinnerung brauchen die Arbeit damit. Was wird mit der Stunde in der Klasse geschehen? Das gilt auch für die Virtualität. Wenn die Lehrkräfte, Pädagogen und Personen, die sich mit Erinnerungs­arbeit beschäftigen, die Möglichkeiten aufgreifen, dann kann das durchaus eine sinnvolle Ergänzung sein.

Der Autor überlebte die Schoa und ist Präsident der Lagergemeinschaft Dachau.

Meinung

Die Namen in die Welt schreien

24 junge Männer in der Gewalt der Hamas sind wahrscheinlich noch am Leben - sie können und müssen durch ein Abkommen gerettet werden

von Sabine Brandes  28.04.2025

Meinung

Die UN, der Holocaust und die Palästinenser

Bei den Vereinten Nationen wird die Erinnerung an den Holocaust mit der »Palästina-Frage« verbunden. Das ist obszön, findet unser Autor

von Jacques Abramowicz  25.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  24.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  24.04.2025

Meinung

Ich habe versagt

Damit sich ein Ereignis wie die Schoa nicht wiederholt, kommt es darauf an, wie wir erinnern. Doch wir sind offenbar dabei, genau das den Falschen zu überlassen

von Sophie Albers Ben Chamo  23.04.2025

Jom Haschoa

Zwei Minuten Stillstand?

Sollte in Deutschland in derselben Art und Weise wie in Israel an die Opfer der Schoa erinnert werden? Ein Gastbeitrag von Felix Klein

von Felix Klein  22.04.2025

Kommentar

Bezalel Smotrich, die Geiseln in Gaza und der moralische Teufelskreis

Zum Gesellschaftsvertrag in Israel gehört es, dass kein Soldat und kein Opfer von Terror zurückgelassen wird. Niemand! Niemals! Koste es, was es wolle. Was es bedeutet, dies nun in Frage zu stellen

von Daniel Neumann  22.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025