Ayala Goldmann

Es gibt noch Richter in Israel

Ayala Goldmann Foto: Ayala Goldmann

Ayala Goldmann

Es gibt noch Richter in Israel

Das Urteil des Obersten Gerichtshofs macht Hoffnung im Kampf um Israels Demokratie

von Ayala Goldmann  03.01.2024 14:13 Uhr

Es geschah vor einem Jahr. Am 4. Januar 2023 überraschte Israels Justizminister Yariv Levin mit seiner Ankündigung einer »Justizreform«. Ein hastig zusammengeschustertes Projekt, das die Gesellschaft spaltete und Hunderttausende Israelis monatelang dazu brachte, für Gewaltenteilung und den Erhalt der Demokratie zu protestieren.

Trotzdem peitschte Benjamin Netanjahu mithilfe seiner rechtsextremen und ultraorthodoxen Koalitionspartner im Juli 2023 ein zentrales Element der »Reform« durch die Knesset: Mit 64 zu 120 Stimmen wurde ein Gesetz verabschiedet, das die »Angemessenheitsklausel« abschaffen sollte. Unter Berufung auf diesen Grundsatz hatten die Obersten Richter im Januar 2023 die Ernennung des wegen Korruption und Steuerhinterziehung verurteilten Schas-Politikers Arie Deri als Innenminister in Netanjahus Kabinett vereitelt.

Änderung eines Grundgesetzes und Grundwerte

An diesem Montag kassierte das Oberste Gericht nun mit einem Paukenschlag das Gesetz vom Juli 2023. Die Begründung war eindeutig: Die Gesetzesänderung hätte »den Kerneigenschaften des Staates Israel als demokratischem Staat schweren und beispiellosen Schaden zugefügt«. Die Knesset könne keine Änderung eines Grundgesetzes beschließen, die gegen die Grundwerte Israels verstoße.

Damit haben die Richter mitten im Krieg, knapp drei Monate nach den Massakern der Hamas an mehr als 1200 Israelis, ein wegweisendes Urteil gefällt, das endlich wieder Hoffnung macht. Denn viele Israelis führen den Angriff der Terroristen auch auf die Spaltung ihrer Gesellschaft durch die geplanten Änderungen im Justizsystem zurück.

Yariv Levin und seine »Reformfreunde« allerdings zeigten sich unbeeindruckt vom Richterspruch – wobei Netanjahu, der nicht zuletzt wegen eines Korruptionsprozesses gegen ihn selbst die Macht von Richtern einschränken will, sich zunächst nicht zu dem Urteil geäußert hat. Der Kampf um den Erhalt von Israels demokratischem Charakter ist noch nicht gewonnen. Verloren ist er aber auch nicht.

goldmann@juedische-allgemeine.de

Meinung

Eurovision: Mobbing statt Musik

Eigentlich versteht jeder, dass Musiker nicht mit ihren Regierungen identisch sind. Wenn es um den jüdischen Staat geht, scheint diese Logik jedoch nicht zu gelten

von Sabine Brandes  07.12.2025

Zwischenruf

Die außerirdische Logik der Eurovision

Was würden wohl Aliens über die absurden Vorgänge rund um die Teilnahme des jüdischen Staates an dem Musikwettbewerb denken?

von Imanuel Marcus  07.12.2025

Meinung

Zurück ins Mittelalter?

Die israelische Regierung will die Todesstrafe wieder einführen. Das ist geschichtsvergessen und verblendet

von Sophie Albers Ben Chamo  04.12.2025

Meinung

Wagenknechts Schiffbruch

Nur etwa zwei Jahre nach seiner Gründung steht das BSW vorm endgültigen Scheitern – eine gute Nachricht! Dennoch bleibt ein übler Nachgeschmack

von Ralf Balke  04.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  03.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Die neue AfD-Jugendpartei ist kein bisschen weniger extrem

Die »Junge Alternative« wurde durch die »Generation Deutschland« abgelöst. Doch die Neuordnung der AfD-Jugendorganisation diente keineswegs ihrer Entradikalisierung

von Ruben Gerczikow  02.12.2025

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Meinung

Wir Jungen müssen die Gemeinden stärker mitgestalten

Jüdische Studierende sind vom wachsenden Antisemitismus besonders betroffen. Gleichzeitig sind junge Juden kaum in den Gemeindevertretungen repräsentiert. Das muss sich ändern

von Ron Dekel  30.11.2025

Meinung

Der Weg zum Frieden in Nahost führt über Riad

Donald Trump sieht in Saudi-Arabien zunehmend einen privilegierten Partner der USA. Die Israelis müssen gemäß dieser neuen Realität handeln, wenn sie ein Abkommen mit dem mächtigen Ölstaat schließen wollen

von Joshua Schultheis  01.12.2025 Aktualisiert