Einspruch

Ertappt als Antisemiten

Günther Jikeli Foto: PR

Einspruch

Ertappt als Antisemiten

Günther Jikeli ärgert sich über Kritiker, die die Antisemitismusdefinition der IHRA infrage stellen

von Günther Jikeli  11.02.2021 09:05 Uhr

Es hat einige Jahre gedauert, aber inzwischen erkennen immer mehr Politiker, dass Antisemitismus eine wachsende Gefahr für Juden ist – und für unsere Demokratie insgesamt. In den meisten Ländern ist aber schon die Erfassung von antisemitischen Vorfällen mehr als lückenhaft. Vielen, auch bei der Polizei, ist völlig unklar, was Antisemitismus ist.

Das soll sich mit der Arbeitsdefinition ändern, die 2016 von der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) verabschiedet wurde und inzwischen von zahlreichen Regierungen, Universitäten, Fußballvereinen und Organisationen offiziell anerkannt und verwendet wird.

handbuch Das ist begrüßenswert, denn nur wer eine Vorstellung davon hat, was Antisemitismus ist, kann entsprechende Vorfälle überhaupt erfassen und dann auch hoffentlich dagegen angehen. Die Europäische Kommission hat kürzlich ein Handbuch veröffentlicht, das bei der praktischen Anwendung der IHRA-Definition helfen soll.

Einige fühlen sich (oder ihre Freunde) ertappt bei Meinungen, die als Beispiele für Antisemitismus genannt werden.

Nun regt sich aber, insbesondere in einigen intellektuellen Zirkeln, Kritik daran. Warum? Man ahnt es: Einige fühlen sich (oder ihre Freunde) ertappt bei Meinungen, die als Beispiele für Antisemitismus genannt werden. Insbesondere eines eckt an: »Dem jüdischen Volk das Recht auf Selbstbestimmung verweigern.« Sprich: das Existenzrecht Israels infrage zu stellen.

existenzrecht Gegner meinen, damit solle eine Kritik an Israels Politik unterbunden werden. Warum aber wollen sie gleich Israel auflösen, wenn ihnen etwas nicht passt an der israelischen Politik? Ist der Wunsch nach dem Ende der Existenz des jüdischen Staates nicht doch ein sehr starker Hinweis darauf, dass dahinter der Wunsch nach dem Ende zumindest eines Teils des jüdischen Volkes steckt?

Antizionistische Antisemiten wollen davon nichts wissen, da sie nicht gern Antisemiten genannt werden. Das ist nicht weniger selbsttäuschend als die Aussage des Journalisten Wilhelm Marr, der Ende des 19. Jahrhunderts den Begriff Antisemitismus prägte und darauf bestand, dass er kein Judenhasser sei, sondern ein »rationaler Antisemit«.

Der Autor ist Antisemitismusforscher an der Indiana University Bloomington.

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  17.09.2025

Meinung

Für das Leben entscheiden

Die Fortführung der Kampfhandlungen in Gaza gefährdet das Leben der Geiseln und den moralischen Fortbestand Israels. Es ist Zeit, diesen Krieg zu beenden

von Sabine Brandes  16.09.2025

Kommentar

Das Geraune von der jüdischen Lobby

Der Zürcher »Tages-Anzeiger« befasst sich kritisch mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, der die Absage einer Veranstaltung mit Francesca Albanese an der Uni Bern gefordert hatte. Dabei war diese Intervention richtig

von Michael Thaidigsmann  15.09.2025

Meinung

Lasst uns nicht allein!

Nach dem Canceln von Lahav Shani durch das Flandern-Festival in Gent befürchtet Maria Ossowski, dass Juden Europa jetzt verlassen wollen

von Maria Ossowski  11.09.2025

Meinung

Gent: Boykottiert die Boykotteure!

Dass die Münchner Philharmoniker in Gent nicht auftreten dürfen, weil sie mit Lahav Shani einen israelischen Dirigenten haben, ist eine Schande - und erfordert eine deutliche Antwort deutscher Kulturschaffender

von Michael Thaidigsmann  10.09.2025

Meinung

Wenn Wutausbrüche Diplomatie ersetzen

So verständlich der Frust ist, tut sich Israels Regierung mit ihrer aggressiven Kritik an westlichen Regierungen und ihren Einreiseverboten für europäische Politiker keinen Gefallen

von Michael Thaidigsmann  08.09.2025

Meinung

Bitte mehr Sorgfalt, liebe Kollegen!

Weltweit haben Medien die Geschichte verbreitet: In Gaza sei ein hilfesuchendes Kind von Israelis erschossen worden. Es stimmt nur nicht, wie sich nun herausstellt. Von professionellen Journalisten darf man eigentlich mehr erwarten

von Susanne Stephan  08.09.2025

Essay

Das Gerücht über Israel

Die Geschichte des Antisemitismus ist eine Geschichte der Lüge. Was früher dem Juden als Individuum unterstellt wurde, wird nun Israel als Nation vorgeworfen

von Daniel Neumann  06.09.2025 Aktualisiert

Meinung

Einseitig, fehlerhaft, selbstgerecht

Die »International Association of Genocide Scholars« bezichtigt Israel des Völkermords. Die Hamas spricht sie von jeder Verantwortung für die Lage in Gaza frei. Eine Erwiderung

von Menachem Z. Rosensaft  05.09.2025