Matthias Meisner

Ein Sieg für die Feinde des Rechtsstaats

Matthias Meisner Foto: Dora Meisner

Matthias Meisner

Ein Sieg für die Feinde des Rechtsstaats

Die vorläufige Aufhebung des »Compact«-Verbots durch das Bundesverwaltungsgericht ist verheerend

von Matthias Meisner  14.08.2024 17:11 Uhr

Es ist nicht nur für Bundesinnenministerin Nancy Faeser der Super-GAU. Sondern auch für alle anderen, die befürchten, dass der demokratische Rechtsstaat von selbst ernannten »alternativen« oder »freien« Medien systematisch bekämpft wird – und dass dieser das auch noch ziemlich machtlos hinnehmen muss.

Die am Mittwoch im Eilverfahren verkündete Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, den Sofortvollzug des Verbots des rechtsextremen Monatsmagazins »Compact« vorläufig auszusetzen, wird in der Szene gewiss gefeiert. Denn auch wenn Faesers Ministerium mit der 79-seitigen Verbotsverfügung, die sich auf das Vereinsrecht bezog, formal alles richtig gemacht hat – inhaltlich schlug sich das Leipziger Gericht auf die Seite des Demagogen Jürgen Elsässer und seiner Mitstreiter.

Mit Zweifeln, ob die Compact-Beiträge so prägend sind, »dass das Verbot unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten gerechtfertigt ist«, wie es im Beschluss heißt. Bis die in einer aufwendigen Razzia gesicherten Beweise ausgewertet sind und ein Urteil im Hauptsacheverfahren fällt, werden vermutlich Monate, wenn nicht Jahre vergehen.

Es obsiegt die verlogene Erzählung, wonach der Rechtsstaat Regierungskritiker mundtot mache.

Es sind ausgerechnet die entscheidenden Wochen vor den Landtagswahlen in den AfD-Hochburgen Thüringen, Sachsen und Brandenburg und Monate vor der Bundestagswahl 2025, in denen Compact als Agitator für die extrem rechte AfD wirken kann – und, entsprechend seinem Querfront-Konzept, nebenbei auch für die Parteineugründung der Ex-Linken Sahra Wagenknecht.

Gewiss, Presse- und Meinungsfreiheit sind ein hohes Gut. Nun aber obsiegt die verlogene Erzählung, wonach der Rechtsstaat Regierungskritiker mundtot mache. Verbunden mit dem Vorwurf, dass die Bundesregierung beim Kampf gegen rechts zu oft über das Ziel hinausschieße. Eine Erzählung, die auch mit der Compact-Persiflage namens »Näncy« fortgeschrieben wurde.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat zu Recht betont, dass Compact Teil einer radikalen Bewegung sei, »die unsere offene freiheitliche Gesellschaft und die liberale Demokratie an sich zerstören will«, wie er der Jüdischen Allgemeinen sagte. Er ist davon überzeugt, dass die Innenministerin die Rechtsstaatlichkeit ihres Vorgehens geprüft hat.

Das hat sie gewiss auch getan – aber die Justiz hat sich zum Anwalt der Feinde des Rechtsstaats gemacht. Wer den Aufwuchs der rechtsextremen Propagandamaschinerie seit Jahren beobachtet, muss zu dem Ergebnis kommen, dass ein Verbot des Leitmediums Compact nichts mit einer Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit zu tun hat.

Meinung

Der erfundene »Völkermord«

Wer für einen Genozid verantwortlich ist, versorgt dessen angebliche Opfer nicht, warnt sie nicht vor Angriffen und richtet weder Fluchtrouten noch humanitäre Zonen ein

von Imanuel Marcus  18.09.2025

Meinung

Vereinte Nationen: Alter Wein in neuen Schläuchen

Kommende Woche soll in New York eine Resolution zum Nahostkonflikt verabschiedet werden. Sie ist hochproblematisch. Deutschland sollte dagegen stimmen

von Jacques Abramowicz  18.09.2025

Kommentar

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  18.09.2025 Aktualisiert

Meinung

Für das Leben entscheiden

Die Fortführung der Kampfhandlungen in Gaza gefährdet das Leben der Geiseln und den moralischen Fortbestand Israels. Es ist Zeit, diesen Krieg zu beenden

von Sabine Brandes  16.09.2025

Kommentar

Das Geraune von der jüdischen Lobby

Der Zürcher »Tages-Anzeiger« befasst sich kritisch mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, der die Absage einer Veranstaltung mit Francesca Albanese an der Uni Bern gefordert hatte. Dabei war diese Intervention richtig

von Michael Thaidigsmann  15.09.2025

Meinung

Lasst uns nicht allein!

Nach dem Canceln von Lahav Shani durch das Flandern-Festival in Gent befürchtet Maria Ossowski, dass Juden Europa jetzt verlassen wollen

von Maria Ossowski  11.09.2025

Meinung

Gent: Boykottiert die Boykotteure!

Dass die Münchner Philharmoniker in Gent nicht auftreten dürfen, weil sie mit Lahav Shani einen israelischen Dirigenten haben, ist eine Schande - und erfordert eine deutliche Antwort deutscher Kulturschaffender

von Michael Thaidigsmann  10.09.2025

Meinung

Wenn Wutausbrüche Diplomatie ersetzen

So verständlich der Frust ist, tut sich Israels Regierung mit ihrer aggressiven Kritik an westlichen Regierungen und ihren Einreiseverboten für europäische Politiker keinen Gefallen

von Michael Thaidigsmann  08.09.2025

Meinung

Bitte mehr Sorgfalt, liebe Kollegen!

Weltweit haben Medien die Geschichte verbreitet: In Gaza sei ein hilfesuchendes Kind von Israelis erschossen worden. Es stimmt nur nicht, wie sich nun herausstellt. Von professionellen Journalisten darf man eigentlich mehr erwarten

von Susanne Stephan  08.09.2025