Meinung

Die Verantwortung der Öffentlich-Rechtlichen

Ein Blick hinter die Kulissen der »Tagesschau« Foto: picture alliance/dpa

Am 8. Juni befreite die israelische Armee im Gazastreifen vier Geiseln aus der Gewalt der Terrororganisation Hamas. Acht Monate lang waren sie unter üblen Bedingungen festgehalten worden.

In den sozialen Medien präsentierte die »Tagesschau« die Nachricht von der Befreiung nicht mit einem Bild der befreiten Geiseln, sondern mit einem Foto, auf dem eine Rauchwolke über einen Gebäude zu sehen ist. Darauf folgte ein zweiter Post mit dem Titel »Viele Tote und Verletzte bei Angriffen in Gaza«. Dieser wiederum enthielt ein Bild, auf dem mehrere muslimische Menschen abgebildet waren, mutmaßlich Palästinenser aus Gaza.

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In den sozialen Medien wurde das von vielen als subtile Stimmungsmache gegen Israel kritisiert. Zu Recht. Und es ist kein Einzelfall. Viele fragen sich: Wo hört fehlerhafte Berichterstattung auf und wo beginnt die Meinungsmache?

Dass im öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) ab und an einseitig, ja verzerrend über den Nahostkonflikt berichtet wird, ist als Thema nicht neu. Stellvertretend sei an die Skandale um die Deutsche Welle vor einigen Jahren erinnert. Doch seit den Terroranschlägen und Massakern in Israel am 7. Oktober 2023 ist das Problem noch virulenter. Die israelischen Opfer werden manchmal einfach vergessen.

Vor kurzem schaltete die »Tagesschau« (diesmal die TV-Version) live zur Korrespondentin Sophie von der Tann, die aus der israelisch-libanesischen Grenzregion berichtete. Sie vertrat die Auffassung, es sei dort noch ziemlich ruhig. »Das ist hier keine intensive Front mit dauerhaftem Beschuss, noch nicht. Aber die Befürchtung ist, dass sich das ändern kann«, sagte sie. Hatte die Reporterin gar nicht mitbekommen, dass seit acht Monaten fast täglich Hisbollah-Raketen aus dem Libanon im Norden Israels einschlagen?

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Ein weiteres Beispiel einseitiger Berichterstattung konnte man beim Besuch von Außenministerin Annalena Baerbock im Libanon sehen. Zur besten Sendezeit berichtete die »Tagesschau« da von 10.000 libanesischen Binnenflüchtlingen und zeigte eine Familie ausführlich. Mit keinem Wort erwähnte der Beitrag aber die 60.000 Binnenflüchtlinge in Israel. Deutschlands wichtigste Nachrichtensendung suggerierte ihren Zuschauern damit wenig subtil: Die Libanesen sind die wahren Opfer dieses Kriegs. Und der Täter ist Israel.

Ein anderes Beispiel: Vor einigen Monaten machte Helen Fares mit einem Boykottaufruf gegen Israel Schlagzeilen. Die »Journalistin und Aktivistin« (wie sie sich selbst bezeichnet) empfahl auf ihrem Instagram-Account eine App, die helfen soll, gezielt Waren aus Israel zu identifizieren. Fares war auch für die ARD-Anstalt Südwestrundfunk (SWR) tätig, moderierte dort ein digitales Talk-Format. Immerhin: Der SWR zog Konsequenzen aus ihren Instagram-Aktivitäten und trennte sich von Fares. Denn was sie getan hatte, war nichts anderes, als der alten antisemitischen Parole »Kauft nicht beim Juden« einen modernen Anstrich zu geben.

Nicht immer wird so konsequent durchgegriffen wie im Fall Fares. Im ÖRR werden auch Dinge hingenommen. Selbst die Verbreitung antisemitischer Bildsprache führt nicht immer zu Konsequenzen, wie der Fall der Deutsch-Israelin Alena Jabarine zeigt. Die Mitarbeiterin des NDR Funk-Formats »STRG_F« teilte auf Instagram eine Karikatur, in der Juden mit dicken Nasen dargestellt waren.

Und darf man in einem Erklärstück palästinensische Terroristen oder ihre Vorfeldorganisationen wie die in Deutschland mittlerweile verbotene Samidoun verharmlosen, wie beim ZDF geschehen?

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Zur Ehrenrettung des ÖRR sei gesagt, dass Pluralismus naturgemäß unterschiedliche Sichtweisen und Blickwinkel beinhaltet. Das ist an und für sich nichts Schlechtes. Und die Öffentlich-Rechtlichen müssen nicht immer neutral sein, aber ausgewogen berichten. Positionen zu beziehen ist in Ordnung, wenn es klar gekennzeichnet ist. Problematisch wird es dann, wenn diese Positionen als Fakten verkauft werden.

Nur muss es klare Richtlinien geben. Denn dass einiges im Argen liegt, ist offenkundig. Des Weiteren müssen die Öffentlich-Rechtlichen einsehen, dass sie, wenn sie und ihre prominenten Mitarbeiter auf sozialen Medien präsent sind, diese Konten auch genauestens überprüfen und klare Richtlinien herausgeben müssen, was noch im Rahmen ist und was nicht. Andere Länder sind da wesentlich strenger. Ein gutes Beispiel ist die BBC.

Auch am Faktencheck gibt es hierzulande einiges zu verbessern. Wenn zum Beispiel Angaben und Zahlen der Hamas in Gaza für bare Münze genommen und als Tatsachen weitergereicht werden, hat das mit Journalismus nicht mehr viel zu tun. Andere Nachrichtensender machen das besser als die Öffentlich-Rechtlichen in Deutschland.

Denn selbst wenn dort einmal etwas richtiggestellt oder Fehler zugegeben werden, wird das bei weitem nicht so publik gemacht wie zum Beispiel die fehlerhafte Originalmeldung. 

So wurden zigfach die Zahlen der Hamas über Opfer in Gaza nachgebetet, aber nicht informiert darüber, dass sie urplötzlich stark nach unten korrigiert wurden. Auch die Tatsache, dass es entgegen anderslautender Warnungen (über die viel und ausführlich berichtet wurde) keine Hungersnot in Gaza gibt, ist nicht groß der Rede wert.

Natürlich gilt auch für ÖRR-Mitarbeiter die Meinungs- und Pressefreiheit. Problematisch wird es dann, wenn die Übergänge zur Propaganda und zur Welt der Fake News fließend sind.

Dieser Kommentar ist kein Angriff auf den ÖRR oder gar auf dessen Daseinsberechtigung, denn ein guter öffentlicher Rundfunk ist heute wichtiger denn je.

Er soll eher ein Weckruf sein, dass zum Beispiel ein übertriebenes Bemühen um Diversität zu Problemen führen kann, gerade dann, wenn von ÖRR-Vertretern Positionen vertreten werden, die definitiv nicht mit unserer Werteordnung im Einklang stehen. Der ÖRR sollte nicht den Denkmustern der »woken« Linken verfallen und nicht Antisemitismus und die Existenzberechtigung von Juden und Israel zu canceln.

Denn wohin das alles auch in Deutschland führen könnte, zeigt aktuell die Schweiz: Dort sieht sich die öffentliche-rechtliche Anstalt SRF einer Programmbeschwerde ausgesetzt, weil angeblich verzerrend und unausgewogen über die antiisraelischen Proteste an Universitäten berichtet wurde. Sogar die »Neue Zürcher Zeitung« hat bereits ausführlich über die Klage berichtet.

Auch in anderen Ländern nimmt die Schärfe der Debatte also an Fahrt auf. Angesichts eines Anstiegs des Antisemitismus um 83 Prozent allein im Jahr 2023 hat der ÖRR eine große Verantwortung. Er muss ihr gerecht werden.

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