Lidia Averbukh

Brüchige Koexistenz: Konflikt mit Ansage

Lidia Averbukh Foto: PR

Lidia Averbukh

Brüchige Koexistenz: Konflikt mit Ansage

Die einzige längerfristige Lösung führt über den Verhandlungstisch

von Lidia Averbukh  21.05.2021 08:54 Uhr

Die gewaltsamen Ausschreitungen arabischer und jüdischer Israelis in gemischten Städten kamen für viele Beobachter überraschend. Sie zeugen davon, dass die friedliche Koexistenz der vergangenen Jahre alles andere als stabil war. Vier Faktoren haben dazu beigetragen.

Erstens kann von einer grundsätzlichen Unkenntnis des arabischen Sektors die Rede sein. Die stärkere politische Integration arabischer Israelis, die vor wenigen Tagen beinahe in der ersten jüdisch-arabischen Regierungskoalition resultiert hätte, wurde oft dahingehend interpretiert, dass arabische Israelis die israelische Staatsbürgerschaft der palästinensischen Zugehörigkeit überordnen.

Das erstarkte politische Selbstbewusstsein der arabischen Israelis führt gleichermaßen zur Forderung nach Gleichstellung in Israel wie zu offener Solidarität mit Palästinensern im Nahostkonflikt.

Die derzeitigen Ausschreitungen haben jedoch gezeigt, dass diese beiden Aspekte einander nicht ausschließen: So führt das erstarkte politische Selbstbewusstsein der arabischen Israelis gleichermaßen zur Forderung nach Gleichstellung in Israel wie zu offener Solidarität mit Palästinensern im Nahostkonflikt.

GEWALTPOTENZIAL Zweitens ignorierte die israelische Politik allzu lange die blinden Flecken der israelischen Sicherheitsstrukturen in Bezug auf den arabischen Sektor. Dessen hohe Kriminalitätsrate führte allein im Jahr 2020 zu einem Rekord von mehr als 100 Toten. Viele arabische Orte sind seit Längerem No-go-Areas für die israelische Polizei. Dieses Gewaltpotenzial bahnte sich seinen Weg in den derzeitigen Ausschreitungen.

Drittens ist die Aufstachelung durch rassistische jüdische Organisationen zu nennen. Nicht nur wurde ihnen zu wenig Einhalt geboten, sie wurden durch den Einzug extremistischer jüdischer Parteien in die Knesset politisch legitimiert. Dass für Mitglieder solcher Vereinigungen der Schritt vom Wort zur Tat nicht weit ist, zeigte sich nun auf den Straßen.

Viertens hat sich die Strategie der israelischen Regierung, den Nahostkonflikt zu ignorieren und den Status quo zu konsolidieren, als kurzsichtig erwiesen. Die einzige längerfristige Lösung führt über den Verhandlungstisch – und zwar nicht nur mit arabischen Staaten wie den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Marokko, sondern auch mit den Palästinensern.

Die Autorin ist Politikwissenschaftlerin der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.

Sabine Brandes

Trump greift Israels Demokratie an

Der US-Präsident hat angekündigt, in den Korruptionsprozess gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu eingreifen zu wollen. Damit geht der Amerikaner eindeutig zu weit

von Sabine Brandes  12.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  11.11.2025 Aktualisiert

Meinung

Wahlen in Ostdeutschland: Es gibt keine Zeit zu verlieren

In Mecklenburg-Vorpommer und Sachsen-Anhalt wird im September gewählt. Es steht viel auf dem Spiel: Eine AfD-Regierung könnte großen Schaden anrichten. Leidtragende wären nicht zuletzt die jüdischen Gemeinden

von Joshua Schultheis  10.11.2025

Meinung

Wieder ein Blankoscheck für Palästina?

Europa will Gazas Wiederaufbau finanziell fördern. Glaubt man in Brüssel wirklich, Millionen an Hilfsgeldern würden etwas zum Besseren verändern, fragt unser Autor

von Jacques Abramowicz  10.11.2025 Aktualisiert

Kommentar

Wo Israel antritt, rollt der Ball ins moralische Abseits

Israelische Spieler und Fußballfans werden schon lange dafür diskriminiert, dass sie von anderen gehasst werden.

von Louis Lewitan  06.11.2025

Meinung

Wenn deutsche Linke jüdische Selbstbestimmung ablehnen

In einer Resolution delegitimiert die Linksjugend Israel als koloniales, rassistisches Projekt. Dabei ist der Staat der Juden nicht zuletzt eine Konsequenz aus den Verbrechen der Deutschen im Nationalsozialismus

von Frederik Schindler  06.11.2025

Meinung

Ich kann euch nicht hören

Während im Sudan die schwerste humanitäre Krise der Welt tobt, schweigen die selbst ernannten Menschenrechts-Demonstranten in Europa und auf der Welt

von Sophie Albers Ben Chamo  02.11.2025

Kommentar

Politisches Versagen: Der Israelhasser Benjamin Idriz soll den Thomas-Dehler-Preis erhalten

Wer, wie der Imam, den 7. Oktober für seine Diffamierung des jüdischen Staates und der jüdischen Gemeinschaft instrumentalisiert, ist eines Preises unwürdig

von Saba Farzan  28.10.2025

Meinung

Antisemitismus der Anständigen

Judenhass in der Schweiz ist brandgefährlich, weil er so höflich und diskret daherkommt

von Zsolt Balkanyi-Guery  27.10.2025