Ein Sonntag. Mit der Familie sein. Die Wohnung aufräumen. Freunde treffen. Ins Kino gehen. Entspannen, lachen, sich erholen, auftanken für die Aufgaben der kommenden Woche. Aber auch die erste Chanukka-Kerze zünden, das Fest des Lichts begehen, Sufganiot, Latkes, noch mehr Familie und Lachen und Singen und die Vorfreude auf das Strahlen sieben weiterer Kerzen.
Doch falsch gedacht. Bisher gibt es 16 Tote, nachdem am berühmten australischen Bondi-Beach in Sydney Terroristen auf die Besucher eines beliebten Chanukka-Festivals gefeuert haben. Dutzende Verletzte, Kinder, Alte, Frauen, Männer, die gekommen waren, um einen besonders schönen Sonntag zu verbringen.
Juden im Rest der Welt starren auf die Nachrichten. Sprachlos, hilflos, voller Angst, voller Wut.
Der ist nun im Blut ertrunken, während eine getroffene Mutter inmitten von Toten versucht, ihre Kinder zu beruhigen; während ein älterer Mann mit Kippa beide Hände an den Kopf presst, weil er das, was er sieht, nicht aushält; während eine junge Frau kraftlos am Rinnstein sitzt und auf die Straße weint. Im Krankenhaus kämpfen mehr als 20 Menschen um ihr Leben.
Und während Beileids- und Mitleidsbekundungen bei der jüdischen Gemeinschaft Australiens eingehen, starren Juden im Rest der Welt auf die Nachrichten. Sprachlos, hilflos, voller Angst, voller Wut.
»Sie haben das Recht, in Frieden und Sicherheit zu beten, zu studieren, zu leben und zu arbeiten. Und Sie bereichern uns als Nation. Sie sollten niemals den Verlust ertragen müssen, den Sie heute erlitten haben. Sie sollten niemals die Angst kennenlernen, die Sie heute Abend empfinden«, sagt der australische Premierminister Anthony Albanese.
Diese Angst, Herr Premierminister, begleitet Juden in aller Welt jeden einzelnen Tag, wie eine »pretraumatische« Belastungsstörung. Spätestens seit dem 7. Oktober 2023. Schließlich macht auch das Abwarten, Abwiegeln, das Wegsehen, das Aber, mit dem die westlichen Gesellschaften auf den rasenden Antisemitismus reagieren, das nächste Massaker nur zu einer Frage der Zeit. Nun war es also wieder so weit.
benchamo@juedische-allgemeine.de