Aron Sircar

Besuch aus Teheran: Gekonnt weggeduckt

Aron Sircar Foto: Chris Hartung

Aron Sircar

Besuch aus Teheran: Gekonnt weggeduckt

Berlins Regierender Bürgermeister hätte politische Größe bewiesen, wenn er berechtigte kritische Fragen offen angesprochen hätte

von Aron Sircar  12.09.2019 08:54 Uhr

Am vergangenen Freitag empfing Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller seinen Teheraner Amtskollegen Pirouz Hanachi und den iranischen Botschafter Mahmoud Farazandeh im Roten Rathaus zu einem »Arbeitstreffen«. Die Begegnung fand im Rahmen des Städtenetzwerks Metropolis statt, dessen Vorsitz Müller innehat.

Hanachi ist Revolutionsgardist. Zwar wird er dem Reformerflügel in der iranischen Politik zugeordnet, doch fordert er regelmäßig lautstark die Zerstörung Israels, ist glühender Antisemit und hat kein Problem damit, Menschenrechte in seiner Stadt buchstäblich mit Füßen treten, Frauen steinigen, politische Oppositionelle foltern, religiöse Minderheiten jagen und Homosexuelle auch gerne mal an Baukränen aufhängen zu lassen. Der Empfang wurde daher bereits im Vorfeld heftig kritisiert. Zu Recht.

FOTOTERMIN Müller aber beschwichtigte mit dem Hinweis, das Außenministerium unterstütze den Besuch – und er selbst werde die Gelegenheit nutzen, Israels Existenzrecht sowie Berlins freiheitliche Werte anzusprechen. Doch dieses Versprechen scheint den Regierenden Bürgermeister überfordert zu haben. Beim Fototermin konnte man fast den Eindruck gewinnen, Müller ducke sich weg. Fragen wurden nicht zugelassen.

Das Gesicht vor hofierten Regimes zu wahren, ist zu häufig wichtiger, als die eigenen Werte glaubwürdig zu vertreten.

Ein gut beratener Regierender Bürgermeister hätte Berlin nach außen sowie nach innen mit Würde und Selbstbewusstsein vertreten und in einer gemeinsamen Pressekonferenz politische Größe bewiesen, indem er berechtigte kritische Fragen offen angesprochen hätte. All das wäre – mit ein wenig diplomatischer Finesse – durchaus möglich gewesen.

Dass es dazu jedoch nicht kam, entspricht leider der Tradition der SPD: Das Gesicht vor hofierten Regimes zu wahren, ist zu häufig wichtiger, als die eigenen Werte glaubwürdig zu vertreten. Wie diese dann aber noch eingefordert werden können, ist und bleibt ein Rätsel. Berlin erwartet mehr von seinem Chef. Und Berlins Freunde auch.

Der Autor ist Konfliktberater und Nahostexperte in Berlin.

Tobias Kühn

Wenn Versöhnung zur Heuchelei wird

Jenaer Professoren wollen die Zusammenarbeit ihrer Universität mit israelischen Partnern prüfen lassen. Unter ihnen ist ausgerechnet ein evangelischer Theologe, der zum Thema Versöhnung lehrt

von Tobias Kühn  21.11.2025

Kommentar

Wenn Ideologen mehr zu wissen scheinen als Expertinnen

Der Antisemitismusbekämpfer und bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Martin Hikel, ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Meinung

Alles muss ans Licht

Eine unabhängige Untersuchungskommission über die Terroranschläge des 7. Oktober ist ein Akt von Pikuach Nefesch

von Sabine Brandes  21.11.2025

Jan Feldmann

Eine Revolution namens Schabbat

Wir alle brauchen einen Schabbat. Selbst dann, wenn wir nicht religiös sind

von Jan Feldmann  19.11.2025

Kommentar

Danke, Berlin!

Die Entscheidung der Behörden, einem Hamas-Fanboy die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sendet ein unmissverständliches und notwendiges Signal an alle Israelhasser. Mit Mahnwachen allein können wir die Demokratie nicht verteidigen

von Imanuel Marcus  19.11.2025

Meinung

Die Schönwetterfreunde Israels sind zurück! 

Die Wiederaufnahme der Waffenexporte ist richtig und notwendig. Doch das ändert nichts daran, dass die Bundesregierung das Vertrauen Israels und vieler Juden vorerst verloren hat

von Sarah Cohen-Fantl  18.11.2025 Aktualisiert

Meinung

Mit Martin Hikel geht einer, der Tacheles redet

Der Neuköllner Bürgermeister will nicht erneut antreten, nachdem ihm die Parteilinke die Unterstützung entzogen hat. Eine fatale Nachricht für alle, die sich gegen Islamismus und Antisemitismus im Bezirk einsetzen

von Joshua Schultheis  16.11.2025

Meinung

Die Ukrainer brauchen unsere Hilfe

Die Solidarität mit ukrainischen Geflüchteten in Deutschland nimmt ab. Aus einer jüdischen Perspektive bleibt es jedoch wichtig, auch weiterhin nicht von ihrer Seite abzuweichen

von Rabbinerin Rebecca Blady  16.11.2025

Meinung

Israel: Keine Demokratie ohne Pressefreiheit

Den Armeesender abschalten? Warum auch jüdische Journalisten in der Diaspora gegen den Plan von Verteidigungsminister Katz protestieren sollten

von Ayala Goldmann  14.11.2025