Meinung

Aufklärung verträgt keinen Sparkurs

Joshua Schultheis Foto: Charlotte Bolwin

Meinung

Aufklärung verträgt keinen Sparkurs

Mehrere Bundesländer wollen der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) die Mittel kürzen. Ein Skandal, findet unser Redakteur

von Joshua Schultheis  27.06.2023 17:24 Uhr

Die Berichte der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) werfen alljährlich ein Schlaglicht auf den Zustand der Bundesrepublik. Denn grob lässt sich sagen: Je mehr Judenhass in einer Gesellschaft anzutreffen ist, desto undemokratischer, intoleranter und verrohter ist sie auch.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Die deutschlandweiten Zahlen für 2022, die der Bundesverband von RIAS am Dienstag vorgestellt hat, geben leider keine Entwarnung. 2480 antisemitische Vorfälle wurden registriert, darunter über 60 körperliche Angriffe.

Doch noch eine andere erschreckende Nachricht teilte RIAS-Vorstand Benjamin Steinitz bei der Vorstellung des Jahresberichts mit: Drei Landesverbänden seiner Organisation sollen die Mittel gekürzt werden, weiteren fehle die personelle Besetzung, um ihre Aufgaben an fünf Tagen in der Woche zu erfüllen.

Aufschrei Die Veröffentlichung von Antisemitismus-Statistiken ist normalerweise ein Anlass für die Politik, sich über den grassierenden Judenhass zu empören und die ganze Palette der Gegenmaßnahmen, von mehr Bildung über konsequentere Internet-Regulierung und Anwendung des Strafgesetzes, zu beschwören. Hoffentlich gibt es dieses Mal einen Aufschrei noch ganz anderer Art – nämlich über die skandalöse Unterfinanzierung von zivilgesellschaftlich notwendiger Arbeit.

RIAS wirkt mit seinen verschiedenen Aktivitäten an der Aufklärung unserer Gesellschaft mit.

RIAS füllt mit seinem Monitoring eine bedeutende Lücke: Anders als in der Statistik der Polizei werden dort auch Vorfälle unterhalb der justiziablen Schwelle erfasst. Nur so lässt sich ein adäquates Lagebild des antisemitischen Grundrauschens in diesem Land zeichnen und nur so kann gegen dieses mit gezielten Maßnahmen auch vorgegangen werden.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Außerdem ist RIAS häufig die erste Anlaufstelle für von Antisemitismus Betroffenen und erfüllt damit eine wichtige Beratungsfunktion. Auch der Beitrag der Organisation zur Informierung und Bildung der Öffentlichkeit ist beträchtlich. RIAS wirkt mit seinen verschiedenen Aktivitäten gleich auf mehreren Ebenen an der Aufklärung unserer Gesellschaft mit.

Fragen Steinitz sagte bei der Vorstellung des RIAS-Berichts provokant, dass sich manche Landesregierungen die Frage gefallen lassen müssten, »ob sie die Antisemitismusbekämpfung als Teilzeitaufgabe verstehen«.

Auch auf eine weitere Frage sollten die politischen Entscheidungsträger schnell eine Antwort finden: Wie wollen sie künftig gewährleisten, dass die Dunkelziffer antisemitischer Vorfälle in Deutschland nicht noch größer wird? Eines steht jedenfalls fest: Aufklärung verträgt sich nicht mit einem Sparkurs.

schultheis@juedische-allgemeine.de

Israel

Warum ich meine gelbe Schleife nicht ablege

Noch immer konnten nicht alle Angehörigen von Geiseln Abschied von ihren Liebsten nehmen

von Sophie Albers Ben Chamo  17.10.2025

Meinung

Das moralische Versagen der Linken

Wenn Antisemitismus offen auf der Straße marschiert, dann hört man aus den linken Reihen: nichts.

von Nicole Dreyfus  17.10.2025

Meinung

Wenn plötzlich vom »Geiselaustausch« die Rede ist

Die Berichterstattung vieler Medien über den Gaza-Deal zeigt einmal mehr, was passiert, wenn journalistische Maßstäbe missachtet werden

von Jacques Abramowicz  17.10.2025

Meinung

Amichai Chikli: Ein Minister gegen die Diaspora

Statt die Beziehungen zu den Juden außerhalb Israels zu pflegen, gefährdet der Diasporaminister diese. Jüngstes Beispiel: Auf Einladung des Likud-Politikers besucht derzeit der britische Rechtsextremist Tommy Robinson den jüdischen Staat

von Ruben Gerczikow  16.10.2025

Kommentar

Europa ist im Nahen Osten bedeutungsloser denn je

Während die USA unter Präsident Donald Trump keinen Zweifel darüber haben aufkommen lassen, wo es steht, hat Europa komplett versagt

von Daniel Neumann  13.10.2025

Meinung

Jetzt kann das Herz heilen

In ganz Israel erhebt sich an diesem historischen Tag die Erleichterung wie ein kollektiver tiefer Atemzug – teils Seufzer, teils Schluchzen, teils freudiger Gesang

von Sabine Brandes  13.10.2025

Meinung

Neues Semester, alter Antisemitismus?

Seit zwei Jahren sind deutsche Hochschulen keine sicheren Orte mehr für jüdische Studierende. Es wird viel Mühe kosten, diese Entwicklung zurückzudrehen

von Ron Dekel  13.10.2025

Kommentar

Kein Wunder in Bern

Bei gewaltbereiten Demonstrationen in der Schweizer Bundeshauptstadt hat sich ein Teil der Palästina-Solidarität einmal mehr selbst entlarvt: Es ging nie darum, das Leid im Gazastreifen zu beenden oder einen angeblichen Genozid zu stoppen

von Nicole Dreyfus  12.10.2025

Kommentar

Deutschland braucht Israels Geheimdienste, Herr Wadephul

Der Außenminister behauptet in einem Interview, die Bundesregierung sei nicht auf Erkenntnisse israelischer Spionagedienste angewiesen. Mit dieser Falschaussage riskiert er das Leben vieler Menschen in Europa

von Remko Leemhuis  11.10.2025 Aktualisiert